Landau. Es ist nicht gerade einfach, an einem ganz normalen Werktag mit dem Auto reibungslos durch die Landauer Innenstadt zu kommen. Es gibt viele Ampeln und wenig grüne Wellen. Außerdem liegt der Geruch von Abgasen über den Hauptverkehrsachsen. Das will die Stadt Landau jetzt ändern – mithilfe von Künstlicher Intelligenz und einem Förderprogramm, das die Bundesregierung bezahlt. Das Projekt heißt Aiamo und ist am Donnerstag von den Projektbeteiligten mit einem symbolischen Druck auf einen grünen Buzzer in die nächste Phase gestartet.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Aiamo“?
Das Wort ist eine Abkürzung für den Ausdruck Artificial Intelligence and Mobility (Künstliche Intelligenz und Mobilität). Dahinter steckt ein Konsortium von 13 Partnern aus Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Hand. Aiamo entwickelt und erprobt mithilfe von KI zukunftsweisende Lösungen für das Mobilitätsmanagement in Städten und Gemeinden.
Welche Städte sind Pilotregionen des Forschungsprojekts?
Den Zuschlag haben die beiden Städte Leipzig und Landau bekommen: Leipzig als Vertreter für eine Großstadt und Landau als kleinere Kommune mit hohem Einpendleranteil. Immerhin muss die südpfälzische Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern werktäglich 37.000 Pendlerfahrten verkraften.
Wie ist der Stand des Projektes?
Nachdem das Grundkonzept steht und die Messsysteme aufgebaut sind, geht’s jetzt in die Erprobung, erläutert Konsortialführer Markus Wartha, Präsident von ITS Germany, dem Bundesverband der Wirtschaft und Wissenschaft für Verkehrstechnologien und intelligente Mobilität. Im Klartext wurden 26 Ampeln entlang zweier Hauptstraßen (Maximilianstraße, Rheinstraße, Merianring) mit Sensoren ausgestattet, die permanent den aktuellen Verkehrsfluss in Landau messen. Der neue städtische Verkehrsrechner bildet daraus digitale Zwillinge, die aktuelle Verkehrslagen realitätsnah abbilden.
An zwei Kreuzungen werden sogar die Fußgängerströme gemessen. Außerdem fließen Daten in den Rechner, die fahrende Autos von sich aus senden, sogenannte Floating Car Data (FCD). Und nicht zuletzt hat Aiamo fünf Sensoren in Landau aufgebaut, die die Qualität der Luft entlang der Straßen kontrollieren. Denn ein Ziel des Projektes auch die Verbesserung der Luft. in Landau.
Was ist die besondere Herausforderung in Landau?
Im Westen der Innenstadt gibt es einen beschrankten Bahnübergang, der regelmäßig für längere Unterbrechungen des Verkehrsflusses und einen Rückstau auf den Straßen sorgt. Ihn in das System einzuberechnen und vielleicht die Schließzeiten der Schranken zu optimieren, gilt als besondere Problematik.
Wie kommt nun die Künstliche Intelligenz ins Spiel?
„Klassische Verkehrsrechensysteme stoßen bei der Vielzahl der einfließenden Daten an ihre Grenzen“, sagt Aiamo-Projektleiter Christian Roszak. Die KI kann diese Daten dagegen verarbeiten, Muster erkennen und daraus lernen. In Landau und Leipzig wird die KI nun mit Daten gefüttert und trainiert, damit sie am Ende einen besseren und flüssigeren Verkehr in Landau ermöglicht. Autofahrer, Öffentlicher Nahverkehr und Radler sollen möglichst wenig bremsen und anfahren müssen, so das Ziel.
Was hat die Stadt von dem Projekt?
Oberbürgermeister Dominik Geißler erhofft sich davon eine deutliche Steigerung der Attraktivität und Lebensqualität, nicht nur für die Berufspendler, die auf das Auto angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Auch die Luft soll sich spürbar verbessern. Das bedeute letztlich einen Standortvorteil mit Blick auf der Gewinnung von Neubürgern und Ansiedlung von Arbeitsplätzen.
Wann sollen die Bürgerinnen und Bürger die Ergebnisse bemerken?
Die Aiamo-Verantwortlichen rechnen mit ersten spürbaren Verbesserungen Mitte 2026. Die KI werde schon vorher die Ampeln so steuern, dass sie sehr schnell auf sich plötzlich bildende Hindernisse durch Unfälle und Staus reagiert. Da Landau durch Geothermie auch ein neues Wärmenetz mit einem rund 300 Kilometer langen Leitungsnetz aufbaut, wird die KI es auch mit vielen Baustellen zu tun bekommen. Durch den permanenten Lernprozess werde die KI immer wieder nachsteuern. „Es ist wie im richtigen Leben: Je mehr ich trainiere, desto besser werde ich“, sagt Konsortialchef Wartha.
Was kostet das Projekt die Stadt Landau?
Erst einmal gar nichts. Aiamo kostet insgesamt 22,3 Millionen Euro. Das Bundesverkehrsministerium bezuschusst das Forschungsprojekt mit 16,8 Millionen Euro. Den Rest übernehmen die Firmen, die sich im Konsortium zusammengeschlossen haben. Wenn Landau die KI nach der Projektphase auf Dauer einsetzen will, werde das freilich Geld kosten, sagt Oberbürgermeister Geißler. „Wir müssen schauen, wie wir das dann dauerhaft finanzieren“. Ein Kostenvolumen lässt sich noch nicht beziffern.
Ist das Projekt auf andere Städte übertragbar?
Genau darum geht es letztlich. Denn mit verstopften Straßen haben sehr viele Kommunen zu kämpfen. Eine intensiv geschulte KI, die aus vielen Daten von vielen Städten gelernt hat, kann nach der festen Überzeugung der Projektverantwortlichen Lösungen für nahezu alle Verkehrsprobleme anbieten. Dominik Geißler hat Aiamo kürzlich bei einer Mobilitätskonferenz in Karlsruhe vorgestellt, bei der auch Vertreter der Metropolregion teilgenommen hatten. Dem Vernehmen nach haben bereits Kommunen Interesse an den Aiamo-Ergebnissen signalisiert. Um wen es sich handelt, wollten die Projektverantwortlichen noch nicht verraten.
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