Rhein-Neckar. Sei es durch politische Entscheidungen oder einfach nur durch selbst generierte KI-Bilder, die ihn als Papst zeigen: Donald Trump besitzt die Fähigkeit, jede Entwicklung der Welt auf sich selbst zuzuspitzen. Bei seinen politischen Gegnern haben ihn seine Egozentrik und die Unbeständigkeit seiner Entscheidungen längst disqualifiziert. Bei seinen Anhängern hingegen lösten selbst die größten Kehrtwenden Begeisterung aus - bislang zumindest. Denn beim Nachrichtensender CNN gaben im April nur 41 Prozent an, dass sie zufrieden seien. Und selbst beim Trump eher wohlgesonnenen Sender Fox waren es nur 44 Prozent. So unzufrieden waren die US-Bürger seit Jahrzehnten nicht mit ihrem Staatsoberhaupt nach 100 Amtstagen.
Als Beispiel dafür, wo diese Entwicklung hinführen kann, bietet sich der römisch-deutsche Kaiser Heinrich V. an. Der letzte Herrscher aus dem Geschlecht der Salier erreichte auf seinem Höhepunkt eine Machtfülle wie nur wenige vor ihm. Bei seinem Tod vor genau 900 Jahren war es aber einsam geworden um ihn.
Sichtbare Parallelen zwischen Präsident und Kaiser
Der Vergleich zwischen US-Präsident und mittelalterlichem Kaiser scheint weit hergeholt, doch es gibt Gemeinsamkeiten. Beide traten an, um die großen Konflikte ihrer Zeit zu lösen. Was für Trump Ukraine- und Nahostkrieg, war für Heinrich V. der Investiturstreit mit dem Papst. Sein Vater, Heinrich IV., hatte sich als nicht fähig erwiesen, den Zwist um die Einsetzung der Bischöfe im Reich mit dem Papsttum zu lösen. Mit päpstlicher Rückendeckung zwang Heinrich V. schließlich 1105 seinen Vater zur Abdankung und ließ sich selbst zum König krönen.
Mit einem „Deal“, wie auch Trump seine diplomatischen Aufgaben gerne zu lösen versucht, wollte er den Konflikt aus der Welt schaffen. Doch ein durch die Inhaftierung von Papst Paschalis II. erzwungenes Abkommen wurde schon im Folgejahr für nichtig erklärt. Erst mit dem Wormser Konkordat wurde der Investiturstreit 1122 beigelegt. Was dem Kaiser zum Verhängnis wurde, war aber nicht die Langwierigkeit des Konflikts. Schwerer wog seine wachsende Zuneigung zur autoritären Herrschaftsführung, ohne - wie sonst üblich - Konsens mit den Großen seines Reichs zu suchen.
Am Ende kaum noch Rückhalt im Reich
Auch mit anderen Reichsfürsten in Opposition verfuhr der Kaiser in selbstherrlicher Manier, wodurch seine Herrschaft immer weniger Akzeptanz fand. Am 23. Mai 1125 starb Heinrich V. in Utrecht. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte er kaum noch Rückhalt im Reich. Doch nicht nur Heinrich selbst war Leidtragender dieser Entwicklung: Speyer, das die Salier zur führenden Stadt im Reich gemacht hatten, verlor nach Heinrichs Tod stark an Bedeutung. Er sollte der letzte Kaiser und gut 90 Jahre auch der letzte Herrscher sein, der in der Gruft des Speyerer Doms beigesetzt wurde.
Nun gilt die Bildung von Analogien aus der Historie in die Gegenwart als verpönt, nicht nur unter Geschichtswissenschaftlern. Dennoch zeigt das Beispiel Heinrichs V. exemplarisch, wie aus einst mächtigen Männern durch überhöhten Machtanspruch am Ende tragische Figuren werden können. kna
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