Im Miramar ist es Anfang April erneut zu einem Unfall auf einer der zehn Rutschen gekommen. Ein 22-Jähriger, der in Viernheim lebt, hat sich eine Fraktur am zwölften Brustwirbel zugezogen, als er vorschriftsgemäß in der Trichterrutsche „Splash“ unterwegs war, die vom Weinheimer Erlebnisbad mit dem Schwierigkeitsgrad „schwer“ versehen worden und nur für geübte Rutscher ab dem Alter von zehn Jahren freigegeben ist. Er sei mit dem Reifen, den man verpflichtend mit in die Rutsche nehme, auf eine Trennwand gespült worden und hinter dieser Wand zirka einen Meter in die Tiefe gefallen, bevor er mit dem Rücken wieder in der Rutsche landete. Wegen starker Schmerzen wandte sich der 1,78 Meter große und 68 Kilo schwere Chemie-Student dann an das Personal im Schwimmbad, das ihn zunächst mit Kühlpacks versorgt und anschließend einen Rettungswagen angerufen habe. Vor Ort habe er noch ein Formular über den Hergang des Unfalls ausgefüllt.
Ach ja, Miramar. Das haben wir hier fast jeden Tag
Wie der junge Mann gegenüber dieser Redaktion dokumentieren kann, hat ihn ein Arzt in der Weinheimer GRN-Klinik am Mittag des 1. April untersucht und ihm die Verletzung attestiert, wegen der er nun seit bereits zwei Wochen flach im Bett liegt. Sechs Wochen ist er mindestens krank geschrieben. Im Ohr geblieben sei ihm ein Satz, den der behandelnde Arzt gesagt habe: „Ach ja, Miramar. Das haben wir hier fast jeden Tag“, sei dessen Aussage gewesen. Diplomatischer beschreibt die offizielle Pressestelle der GRN-Kliniken die Lage auf Nachfrage: „Wir behandeln hier regelmäßig Patienten, die sich bei Badeunfällen verletzt haben. Darunter befinden sich kleinere Blessuren wie Platzwunden, aber auch schwerere Verletzungen wie gebrochene Wirbel.“ Sprecherin Michaela Hellmann fügt hinzu, dass die Klinik vergleichbare Verletzungen in ähnlicher Häufigkeit auch bei anderen Freizeitsportlern feststelle - bei Reiterinnen, Fußballern oder Radfahrern. Ist Rutschen also genauso risikoreich wie Fußballspielen oder Reiten?
Frau steckt in Miramar-Rutsche fest: Prozess beginnt am Montag
Auch im 42 Kilometer entfernten Klinikum in Darmstadt hat man in der Vergangenheit Miramar-Patienten betreut. Unter Mitarbeitern in der Ambulanz hat man dem 123 Meter langen „Hurricane-Loop“ angeblich den Namen „Todesrutsche“ gegeben. Auf Nachfrage, ob das stimmt, sagt Klinikum-Sprecherin Eva Bredow-Cordier: „Dem Leitenden Oberarzt der Unfallchirurgie, Dr. Jörg Reißig, ist hier im Klinikum kein Spitzname bekannt.“ Im Jahr 2023 sei aus Weinheim bisher nur eine Person mit einer schweren Knieverletzung nach einem Badeunfall in die Unfallchirurgie gekommen. Tatsächlich ist der aktuelle Unfall aber nicht der erste, der für Schlagzeilen sorgt. Denn just am Montag beginnt am Weinheimer Amtsgericht ein Prozess, dessen Ursache in einem Unfall vom 8. November 2021 begründet ist. Damals blieb eine 43-jährige Frau eine Stunde lang im „Hurricane-Loop“ liegen, nachdem ein Mitarbeiter seinen Job in diesem Moment mutmaßlich nicht sehr ernst genommen hat. Das jedenfalls ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, der auf fahrlässige Körperverletzung lautet. Eine Studentin war etwa eine Stunde nach der 43-Jährigen in die Rutsche gestiegen, obwohl ihre Vorgängerin noch in einer Senke saß, die man ohne etwas Geschwindigkeit und Gewicht schwer bewältigen kann. Beim Zusammenprall der Frauen kam es nur zu kleineren körperlichen Blessuren. Die Ältere der Beiden sprach danach aber von einem traumatisierenden Ereignis, da sie sich nicht habe befreien können.
Rutsche "Splash" im Miramar im September 2022 vom TÜV geprüft
Die Polizei ermittelte in den vergangen zwei Jahren in weiteren Fällen wegen des Verdachts fahrlässiger Körperverletzung, wie die Deutsche Presse Agentur (dpa) schon im Februar 2022 berichtete. Laut Polizei war etwa im August 2021 ein Badegast nach dem Rutschen gegen den Rand eines Auffangbeckens geprallt. Der Wasserstand im Becken soll damals zu gering gewesen sein.
Keine Zuständigkeit hat nach solchen Unfällen wie dem des 22-jährigen Studenten die Gewerbeaufsicht des Rhein-Neckar-Kreises, wie Sprecherin Silke Hartmann erläutert. Dort sei man lediglich als Arbeitsschutz- und Untere Immissionsschutzbehörde verantwortlich. Mit der Sicherheitsabnahme ist dagegen der TÜV Thüringen beauftragt, wie ein Sprecher am Freitag bestätigte. Bei der jüngsten Prüfung im September 2022 wurden offenbar keine gravierenden Mängel bekannt.
Etwas auskunftsfreudiger ist Jens Schärer. Er betreibt im Internet einen Blog über Rutscherlebnisse in ganz Deutschland - und erinnert sich an die TÜV-Abnahme für „Splash“ im Jahr 2012. Zwei TÜV-Mitarbeiter hätten sich seinerzeit Schnittwunden in der Rutsche zugezogen. Sein damaliges Fazit: „Hier muss also noch einiges im Sinne der Sicherheit der Badegäste getan werden.“ Die Geschäftsleitung des Miramar ließ Nachfragen dieser Redaktion dazu bisher unbeantwortet.
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