Tradition

Weinhoheit in der Pfalz: Schwerer Weg des ersten Mannes in diesem Amt

Manuel Reuther ist der erste Mann im früheren Amt der Weinprinzessin. In der Pfalz ist das nicht so einfach. Er musste einen Shitstorm verkraften.

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Stephan Alfter
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Manuel Reuther winkt im Saalbau bei der Wahl und Krönung der „Pfälzischen Weinhoheiten“. Er ist der erste Mann, der sich beworben hat. © picture alliance/dpa

Forst/Neustadt. Mit dem Amt kam die Arbeitslosigkeit: Manuel Reuthers Zeit als Repräsentant der Pfalz in Sachen Wein und Tourismus hätte von vorne bis hinten ganz cool sein können - wenn er denn eine Frau wäre. Nach einem halben Jahr als Weinhoheit fällt seine Zwischenbilanz zwar immer noch okay aus, aber es gibt Dinge, die an ihm nagen. Dinge, die ihn nachdenklich und an mancher Stelle sogar traurig machen.

Positiv ausgedrückt: Der 28-Jährige aus Forst bei Deidesheim hat viel gelernt, seit er im vergangenen Herbst das erste männliche Wesen war, das in der Pfalz in ein Amt gewählt wurde, das vor ihm nur Damen bekleidet hatten. Manuel Reuther ist das, was man einst Weinprinzessin nannte. Man könnte auch Weinprinz sagen, aber um den traditionsbewussten und in dieser Hinsicht manchmal etwas unbeweglichen Pfälzer nicht zu hart zu schocken, gab man ihm den geschlechtsneutralen Titel Weinhoheit, während an der Spitze des Trios Denise Stripf als Weinkönigin amtiert und Lara Karr als Weinprinzessin im Land unterwegs ist.

Aus pfälzischen Weinköniginnen sollten Botschafterinnen werden

Was in einigen anderen Weinanbaugebieten seit einigen Jahren Usus ist, sorgte in der Vorderpfalz und an der Weinstraße im vergangenen Sommer für ein mittelschweres Erdbeben, das auf der Richterskala noch einige Tage nachwirkte. Die Pfalzwein, also der Marketingverein, der analog zum bajuwarischen „Mia san Mia“ ein identätsstiftendes Branding braucht, wollte recht abrupt die Krone abschaffen und die Weinkönigin gleich mit.

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„Zum Wohl die Pfalz“, dachte sich da schon mancher und brauchte erstmal eine Pulle Müller-Thurgau, um das sacken zu lassen. Weinbotschafter und Weinbotschafterin sollte die neue Bezeichnung sein, um den Blick wegzulenken von langen blonden Locken und hin zum eleganten, aber erdverbundenen Riesling. Wie man heute weiß, ging dieses Ansinnen einigermaßen schief. Die vorpreschenden Marketing-Experten wurden vom rebellierenden Volk wieder eingefangen. Jenem Volk, das an mancher Stelle schon ein Problem mit der Entscheidung hatte, auch Männer als Bewerber für das Amt der Pfälzischen Weinkönigin zuzulassen. Und exakt da beginnt die Geschichte von Manuel Reuther.

Weinhoheit Manuel Reuther kommt zum Gespräch in die SuX-Restobar in Speyer. Sechs Monaten ist er inzwischen im Amt. Nun geht‘s zur Prowein-Messe. © Stephan Alfter

Er hatte seinen Hut in den Ring geworfen. Hatte sich noch tiefer mit dem Thema Wein auseinandergesetzt, als er das seit Kindheitstagen zwischen Weinreben ohnehin getan hatte und stand im warmen August plötzlich schwitzend inmitten einer Diskussion, die ihm nicht behagte. Für ihn war es neu, so prominent in der Öffentlichkeit zu sein und dann raste dieser Social-Media-Tsunami über ihn hinweg. Traditionalisten zeigten dem Pfalzwein-Marketing den Vogel. Warum ohne Not die Weinkönigin abschaffen?

Pfälzische Weinhoheit Reuther dachte vor der Wahl sogar an einen Rücktritt

Pfalzwein hielt anfangs dagegen. Man wolle doch nur die Markenbildung modernisieren. Und als diese Diskussion nach 14 Tagen endlich abebbte, da geriet Reuther selbst ins Visier. Wieso überhaupt jetzt Männer für das Amt der Weinprinzessin nominieren? Reuther sagt heute: „Es war eine negative Diskussion und wir waren die Gesichter dazu.“ Außerdem ist er überzeugt, dass man in der Pfalz in vielerlei Hinsicht konservativer ist als in größeren Städten wie Mannheim oder Heidelberg. Jedenfalls dachte er sogar darüber nach, seine Bewerbung zurückzuziehen, wie er heute gesteht.

Der Shitstorm traf ihn voll. Die Situation machte ihm psychisch zu schaffen. „Ich habe nicht daran gedacht, was ein solches Amt für Auswirkungen hat“, sagt er. Sein Antrieb sei gewesen: „Ich liebe die Pfalz und den Wein. Ich lebe an der Weinstraße.“ Letztlich sei er aber etwas naiv hineingestolpert. Gleichzeitig übt er leise Kritik an Pfalzwein. Die Einführung von Männern und das parallele Nachdenken über die Abschaffung der Krone sei zuviel gewesen.

Manuel Reuther

Die Pfälzer Weinhoheit ist 28 Jahre alt und arbeitete bis zum Amtsantritt in einem Mannheimer Gastro-Betrieb als Sales Manager.

Erfahrungen hat Manuel Reuther im Jahr 2019 auch auf einem Kreuzfahrtschiff gesammelt. Heute lebt er als Single an der Weinstraße.

Aufgewachsen ist er in Forst bei Deidesheim, wo er die Leidenschaft für Wein entwickelte und erste Erfahrungen sammelte, ohne selbst Teil eines Winzerbetriebs zu sein.

Seine Amtszeit endet mit der Wahl eines neuen Trios zum #teampfalz am 2. Oktober 2025.

Inzwischen hat er sich berappelt. Reuther genießt die Termine, auf die er anfangs noch mit gemischten Gefühlen ging. Vorausgesetzt es legt ihm nicht gerade jemand die Hand auf den Po, was auch schon passiert sei. Nun stehen auch Auswärtstermine an. Die Prowein, die größte Weinmesse, startet am Sonntag und Reuther ist erstmals als Weinhoheit dabei. Ein echter Höhepunkt für ihn, auch wenn er diese Woche als Mann erneut in Frage gestellt worden ist.

Marc Weigel, seines Zeichens Neustadter Oberbürgermeister (FWG) und Ausrichter der Krönungsmesse aller Weinhoheiten, legte erneut nach und unterstrich, dass er im Amt einer Weinhoheit nur eine Frau sehe. Manuel Reuther ärgert das. Schließlich gab es bereits im Dezember ein Gespräch zwischen ihm und Weigel. Der OB versprach dort nach Darstellung Reuthers, dass es sich nicht um persönliche Gründe handele.

Bewerbungsphase um das Amt der Weinhoheit im vergangenen Jahr: Denise Stripf, die heutige Weinkönigin (links), mit Manuel Reuther und Lara Karr. © picture alliance/dpa/BK-Productions/Pfalzwein

Gewonnen hat der Oberbürgermeister mit der Forderung, die Krone und die Weinhoheiten - entgegen des Ansinnens von Pfalzwein - nicht abzuschaffen. Aber: Auch Männer dürfen sich wieder bewerben. Manuel Reuther startet derweil in seine letzten Monate und hofft, danach wieder eine Arbeit zu finden. Sein vorheriger Job als Sales-Manager in einem Mannheimer Gastro-Unternehmen ließ sich mit dem Amt nicht unter einen Hut bringen. Reuther kündigte. Nachdem er seinen ersten Shitstorm im Netz erlebt hatte, waren seine Kräfte fast aufgezehrt.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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