Rhein-Neckar. Von wegen unbeschwerter Sommer. Derzeit sorgt eine Hitzewelle und Tropennächte für erhebliche Belastungen von Mensch und Natur. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat am Mittwoch für Mannheim und die Region eine Warnung vor extremer Hitze ausgegeben – als fünften Tag in Folge. Auch die Warnapp Nina hat alarmiert.
In deutschen Städten seien mehr als zwölf Millionen Menschen an ihrem Wohnort extremer Hitze ausgesetzt, heißt es im kürzlich veröffentlichten „Hitze-Check“ der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Von 190 Städten mit über 50.000 Einwohnern bekamen 31 eine rote Karte. Am stärksten von der Hitze betroffen sind die Menschen in Mannheim, Ludwigshafen und Worms. Sie haben den höchsten Hitzebetroffenheitsindex, der sich aus vier Faktoren zusammensetzt: Versiegelung, fehlendes Stadtgrün, Oberflächentemperatur und Bevölkerungsdichte. 88 Prozent der Bevölkerung in Mannheim und Ludwigshafen leben in stark belasteten Gebieten.
Heidelberg schneidet im Ranking besser ab, erhält von der DUH jedoch auch die rote Karte. In der Universitätsstadt wohnen 68 Prozent in stark von der Hitze betroffenen Gebieten. Was machen die Städte Ludwigshafen, Heidelberg, Mannheim sowie der Rhein-Neckar-Kreis, um cool zu bleiben? Haben die Kommunen Hitzeaktionspläne, mit denen sie systematisch gegen die hohen Temperaturen vorgehen? Für den DWD sind diese ein wichtiges Instrument, die es Kommunen ermöglichen, sich auf die Gefahren von Hitzewellen vorzubereiten und Risikogruppen zu schützen.
Was unternimmt Ludwigshafen gegen die Hitze?
Ludwigshafen ist laut der DUH die Stadt mit dem höchsten Anteil an versiegelter Fläche in Deutschland: Fast 58 Prozent der Stadtfläche seien dauerhaft bedeckt. Laut einer Recherche von Correctiv sind es sogar über 66,8 Prozent. Mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 37,9 Grad Celsius mittags in den Sommermonaten belegt die Chemiestadt im DUH-Ranking nach Mannheim und Worms den dritten Platz. Als Grund für den hohen Versiegelungsanteil nennt die Stadt Ludwigshafen die Industrie. Besonders die BASF als größter Chemieverbundstandort der Welt schlägt da ins Kontor. Die Versiegelung sei notwendig, um eine Belastung des Grundwassers durch Schadstoffe zu vermeiden.
Einen Hitzeaktionsplan gibt es in Ludwigshafen aktuell noch nicht. Jedoch ist einer vorgesehen, wie ein Sprecher der Stadt auf Anfrage schreibt. Die Stadt wolle sich in Zukunft auf die Klima-Veränderungen besser vorbereiten. Deshalb wurde 2021 das Projekt „Fit for (Climate) Future“ beantragt, welches bis Juni 2025 lief. Das Ziel des Projekts ist es, die Frischluftversorgung sicherzustellen, die Wärme-Hotspots zu reduzieren und Coolspots zu erhalten und zu stärken. Im Rahmen von „Fit for (Climate) Future“ gibt es ein Klimaanpassungskonzept, das der Stadtrat am 30. Juni auf den Weg gebracht hat. Das Konzept bilde die Grundlage für die künftige Ausrichtung in Sachen Klima. Um konkrete Projekte umsetzen zu können, sei die Stadt aufgrund ihrer hohen Verschuldung aber auf Fördergelder angewiesen.
Unter anderem im Sanierungsgebiet Hemshof wurden laut Angaben der Stadt bereits Flächen entsiegelt. In der Innenstadt sollen bis Ende 2026 einige zentrale Plätze klimaangepasst umgestaltet werden, mit Bepflanzungen oder Sonnenschutz und teilweise auch mit Trinkwasserbrunnen, kündigt die Stadtverwaltung an. Geplant sind außerdem weitere Begrünungsmaßnahmen und Entsiegelungen am Schulzentrum in Mundenheim. Die Webseite der Stadt gibt bereits Tipps bei Hitze.
Wie ist Heidelberg gegen die Hitze gewappnet?
Heidelberg steht im DUH-Hitzecheck mit einem Versiegelungsanteil von knapp 49 Prozent und einer Oberflächentemperatur von 35,1 Grad Celsius deutlich besser da als Mannheim und Ludwigshafen. Trotzdem rangiert die Universitätsstadt damit noch im oberen Viertel. 2022 hat Heidelberg bereits einen kommunalen Hitzeaktionsplan aufgestellt. Dieser wird seitdem schrittweise umgesetzt und fortlaufend weiterentwickelt, schreibt die Stadt auf Anfrage. Der Hitzeaktionsplan umfasst Informationsangebote für die Bevölkerung und Empfehlungen für Arbeitgeber, beispielsweise zum Sonnenschutz.
Die sogenannte „Kühle Karte“ zeigt schattige Plätze, gut belüftete Bereiche, Frischluftschneisen sowie öffentliche Trinkwasserstellen an. Heidelberg geht darüber hinaus mit ihrem Hitzeschutzplan Maßnahmen an, die entsiegeln und begrünen, und gießt zudem die Stadtbäume in trockenen Zeiten verstärkt. Das Ziel des Konzepts ist es laut Stadtverwaltung, die Bevölkerung frühzeitig zu informieren, besonders gefährdete Gruppen zu schützen und die Hitzebelastung im Stadtgebiet langfristig zu verringern. In der Zukunft will Heidelberg Kühltechnologien auf Basis erneuerbarer Energien fördern und wassersparende Maßnahmen für Gewerbe bei besonders langanhaltenden Trockenperioden prüfen.
Wie reagiert Mannheim auf die Hitze?
Auch Mannheim ist im DUH-Ranking vorne mit dabei: Mit einer Oberflächentemperatur von 38,4 Grad Celsius belegt die Quadratestadt den ersten Platz. Mit einem Versiegelungsanteil von 56 Prozent folgt sie nach Ludwigshafen, Nürnberg und Sindelfingen. Laut Recherchen von Correctiv sind es nach Ludwigshafen 66,4 Prozent. Die Hitze geht die Stadt an: Bereits im Oktober 2021 hat sie einen Hitzeaktionsplan beschlossen. Damit ist die Quadratestadt deutschlandweit eine der ersten Kommunen, die einen solchen Plan ausgearbeitet haben. Er zielt darauf ab, die Mannheimer mit Informationen zu sensibilisieren. Eine Übersicht mit kühlen Orten wurde erstellt und auch die Trinkwasserspender wurden angegangen.
Wie geht der Rhein-Neckar-Kreis die Hitzeproblematik an?
Hitzeaktionspläne sind in der Regel eine Sache der Kommunen. Deswegen hat der Rhein-Neckar-Kreis keine vollständigen Informationen, welche Städte oder Gemeinden im Kreis bereits einen Hitzeaktionsplan erstellt haben, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Beispielsweise Schwetzingen, Eppelheim, Dossenheim und Walldorf hätten sich aber dem Thema Hitzeschutz gestellt. Vom Rhein-Neckar-Kreis selbst gibt es aktuell keinen Hitzeaktionsplan, jedoch ein Hitzeschutzportal. Das gemeinsame Angebot des Kreises mit der Stadt Heidelberg bündelt Hinweise zu Schutzmaßnahmen, bietet Verhaltenstipps und verweist auf Anlaufstellen.
Die Stadt Weinheim als größte Stadt im Rhein-Neckar-Kreis hat ebenfalls keinen Hitzeaktionsplan. Ein Sprecher der Stadt verweist jedoch auf die vielen Parks, Gärten und Wälder. Vor zwei Jahren hat Weinheim einen „Hitzeknigge“ mit Verhaltenstipps als Faltblatt herausgebracht, der an den öffentlichen Stellen ausliegt. Der „Hitzeknigge“ führt zu einem Hitzeatlas, der die kühlen Orte in der Stadt zeigt. Außerdem wurde im vergangenen Jahr ein öffentlicher Trinkwasserbrunnen eröffnet. (mit KNA)
Viele spannende Themen zum Klimawandel in der Rhein-Neckar-Region finden sich auch im MM-Podcast 68 - Der Klima-Podcast für Mannheim.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Hitzewellen in der Rhein-Neckar-Region: Kommunen sind zu spät dran