Justiz

Verurteilter Mörder mehr als drei Monate auf der Flucht - Wo ist Aleksandr Perepelenko?

Seit mehr als drei Monaten ist der entflohene Häftling auf freiem Fuß. Während seine Bewacher weiter im Dienst sind, wurde eine JVA-Beamtin in Mannheim suspendiert. Zu ihrer Zukunft äußert sich das Ministerium klar

Von 
Julian Eistetter
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Eine Mitarbeiterin der JVA Mannheim soll einem Gefangenen zur Flucht verholfen haben. Sie soll aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. © Sebastian Koch

Rhein-Neckar. Eine Faustregel wie bei Vermisstenfällen, in denen die ersten 48 Stunden als entscheidend gelten, gibt es bei entflohenen Strafgefangenen laut Henrik Blaßies nicht. „Da sind keine Rückschlüsse möglich, jeder Fall liegt anders“, sagt der Sprecher der Pforzheimer Staatsanwaltschaft auf Anfrage dieser Redaktion. Im aktuellen Fall bedeutet das: Der verurteilte Mörder Aleksandr Perepelenko ist inzwischen seit mehr als drei Monaten auf der Flucht.

Entkommen konnte der Häftling der JVA Bruchsal Ende Oktober bei einem begleiteten Ausflug ins pfälzische Germersheim. „Er befindet sich nach wie vor auf der Flucht. Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt sind weiter intensiv um die Wiederergreifung bemüht“, so Blaßies.

Die Hinweise zu Aleksandr Perepelenko werden weniger

Zu den konkreten Maßnahmen, die die Behörden ergreifen, um den Deutsch-Kasachen endlich wieder hinter Gitter zu bringen, macht der Sprecher aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben. Die Hinweise, denen nachgegangen werden kann, würden mit der Zeit jedoch immer weniger, räumt er ein. Immerhin scheint sich die erste Einschätzung der Behörden bestätigt zu haben, dass für die Allgemeinheit von Perepelenko derzeit keine Gefahr ausgeht und es ihm nur darum ging, in Freiheit zu gelangen. „Es ist zumindest nichts über mögliche Straftaten im Nachgang der Flucht bekannt geworden.“

Mit starken Kräften wurde Mitte Dezember in Ludwigshafen nach einem Gefangenen aus der JVA Mannheim gefahndet, dem dort am Klinikum die Flucht gelang. © Michael Ruffler

Welche Rolle genau die JVA-Bediensteten bei dieser gespielt haben, ist noch nicht abschließend geklärt, wie ein Sprecher des baden-württembergischen Justizministeriums auf Anfrage mitteilt. „Die Verfahren zu einem möglichen Fehlverhalten der beiden Beamten anlässlich der Entweichung des Gefangenen der JVA Bruchsal sind noch nicht abgeschlossen“, erklärt er. Wie berichtet, war Perepelenko bei einer Ausführung mit seiner Familie am Sollachsee in Germersheim entkommen, als er mit einem Modellflugzeug spielte.

Verurteilter Mörder wendet sich mehrfach an die Öffentlichkeit

Perepelenko hatte sich nach seiner Flucht mehrfach aus seinem Unterschlupf an die Öffentlichkeit gewandt - zunächst mit einem Brief, in dem er die Haftbedingungen kritisierte, anschließend mit Videos, in denen er sich als unschuldig und als ein Justizopfer darstellte. Verurteilt worden war Perepelenko, der früher schon wegen Totschlags einsaß, wegen Mordes an einem Ukrainer, den er zunächst gemeinsam mit einer Komplizin nach Ostdeutschland verschleppt und später totgeschlagen hatte. Trotz der Videonachrichten konnte der Aufenthaltsort Perepelenkos noch nicht ermittelt werden.

Noch nicht abgeschlossen sind auch die Ermittlungen gegen eine Mitarbeiterin der JVA Mannheim, die im Dezember 2023 einem 25-jährigen Häftling zur Flucht verholfen haben soll, indem sie ein Handy ins Gefängnis schmuggelte. „Die Ermittlungen zur Gefangenenbefreiung dauern noch an“, sagt der zuständige Leitende Oberstaatsanwalt in Frankenthal, Hubert Ströber. Auch er will aus ermittlungstaktischen Gründen zu den genauen Fragen, die noch geklärt werden sollen, keine Angaben machen.

Das sagt das baden-württembergische Justizministerium zur Zukunft der JVA-Beamtin aus Mannheim

Nach der Wiederergreifung des 25-Jährigen in einem Weinheimer Hotel hatte die Frau eingeräumt, dass es zwischen ihr und dem Häftling zu einer Annäherung gekommen war. Sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt. Unmittelbar nach Bekanntwerden wurde sie vom Dienst in der JVA Mannheim suspendiert.

„Der betreffenden Beamtin ist weiterhin die Ausübung ihrer Dienstgeschäfte untersagt“, erklärt der Ministeriumssprecher zum aktuellen Stand. Seinen Angaben nach soll die Frau „endgültig aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden und keinen Dienst mehr im baden-württembergischen Justizvollzug verrichten“.

Die Flucht des 25-Jährigen hatte im Dezember viel Aufsehen erregt. Nach einer Behandlung im Klinikum Ludwigshafen hatte ein bewaffneter Komplize vor dem Krankenhaus auf einem Roller gewartet und die Bewacher mit einer Pistole bedroht, als diese den Gefangenen gerade ins Fahrzeug einsteigen lassen wollten und die Fesselung gelöst hatten.

Geschmuggeltes Handy ermöglichte die Planung der Flucht aus der JVA Mannheim

In die Wege leiten konnte der Häftling, der wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung eine siebenjährige Haftstrafe absitzt, die Flucht mit dem geschmuggelten Mobiltelefon, das ihm die Mitarbeiterin beschafft hatte. Der zweite Fluchthelfer wurde ebenfalls in dem Weinheimer Hotel festgenommen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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