Filmfrühling

Stört es Sie, wenn die Leute „Herr Großkötz“ sagen?

Michael Kötz ist als Macher des Festivals des Deutschen Films eine echte Größe. Im Interview spricht er über seinen Filmfrühling und bräsige Kulturpolitik.

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Stephan Alfter
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Polarisiert manchmal mit seinem Auftritt und seinen Überzeugungen: Festival-Intendant Michael Kötz, der im Odenwald lebt. © Michael Ruffler

Rhein-Neckar. Hinter dem 74-jährigen Michael Kötz liegen einige anstrengende Wochen. Die beiden Filmfrühling-Veranstaltungen, die er zusammen mit seiner Frau und einem Partner vor wenigen Jahren aus der Taufe gehoben hat, ziehen von Speyer nach Bad Dürkheim beziehungsweise von Bobenheim-Roxheim nach Ludwigshafen. Dabei rückte die Frage in den Vordergrund, wie viel Unterstützung kulturelle Events brauchen und wer davon profitiert.

Herr Kötz, sind Sie von ihrem eigenen Filmfrühling schon ein wenig genervt gerade?

Michael Kötz: Nein, nur etwas gestresst von der Filmauswahl. Es geht ja nicht um meinen Geschmack, sondern wie die Zuschauer die Filme finden werden. Was kann man zumuten? Was ist zu schlicht und was ist eventuell zu komplex? Ein Event zu machen, heißt immer im Sinne des Publikums zu denken – aber auch ihm etwas zuzumuten. Sonst riskiert man seinen Ruf.

Einen Ruf verlieren ... gutes Stichwort. In den vergangenen Wochen gab es viel Streit um den Filmfrühling und die Austragungsorte. Da hat ihr Ruf gelitten.

Kötz: Sie meinen jetzt die Geschehnisse in Speyer?

Ja, darauf zielte die Frage ab. Ständige Umzüge sind ja nicht jedermanns Sache und Sie ziehen mit dem Filmfrühling gerade mal wieder um. Von Speyer nach Bad Dürkheim, von Bobenheim-Roxheim nach Ludwigshafen.

Kötz: Es ist beim Filmfrühling anders als beim Mutterfestival auf der Parkinsel, wo ja jeder Ortswechsel verhängnisvoll wäre. Wir machen den Filmfrühling, weil es uns Spaß macht, aber auch, damit wir Filmfestival als ein ganzjähriges Event anbieten und sich der Filmfrühling auf gewisse Art mit dem Festival des deutschen Films verbindet. Auch die Berlinale macht seit Jahren schon eine Sommer-Berlinale, weil sie sich in Erinnerung bringen will. Und daher darf der Filmfrühling auch wandern und in der Region unterwegs sein. 50 Prozent unseres Publikums beim Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen kommen schließlich aus der Vorderpfalz.

Michael Kötz

Der 74-Jährige gründete im Jahr 2005 mit seiner Frau Daniela das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen, dessen Intendant und Gesellschafter er bis heute ist.

Der studierte Germanist und Politologe war früher Filmkritiker für mehrere deutsche Medien. Er promovierte 1985 in Frankfurt bei Alexander Kluge.

Von 1992 bis 2019 war er Direktor des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg,

Im Jahr 2021 gründete er mit Frau und Partnern den Filmfrühling als „kleine Schwester“ des Filmfestivals in Ludwigshafen. sal

Trotzdem waren die finanziellen Streitigkeiten mit der Speyerer Kulturbürgermeisterin Monika Kabs (CDU), der sie eine bräsige Kulturpolitik vorgehalten haben, ja nicht geplant. Wie war das aus Ihrer Sicht?

Kötz: Es ging da nicht primär ums Geld. Der Filmfrühling kostet uns an den beiden Orten zusammen zwar jeweils rund 300.000 Euro. Die müssen wieder reinkommen. Das ist hohes Eigenrisiko. Aber wir machen das nicht primär, um damit Geld zu verdienen. Vergangenes Jahr haben wir uns selbst nicht bezahlt, weil es beim Festival einfach zu viel geregnet hat.

Die Geschichte, die man im Speyerer Rathaus erzählt, klingt anders. Dort wollte man deshalb rund 14.000 Euro Gebühren für die Nutzung des Areals im Domgarten. Sie seien eine kommerzielle Veranstaltung, so der Tenor.

Kötz: Erstmal vorweg: Wir wollten nicht weg von Speyer, aber hier scheiterten wir an einem bestimmten Verständnis von Politik. Die Speyerer Verwaltung hat von Beginn an gedacht, wir machen ein kommerzielles Open-Air mit viel Rumtata. Die haben erstmal nicht so recht verstanden, um was es uns geht. Der damalige Leiter des Kulturamts, Matthias Nowack, hat Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler und Kulturdezernentin Monika Kabs aber überzeugt und man verzichtete 2023 zur Einführung des Filmfrühlings in Speyer auf die Gebühren.

Jetzt wollte man sie aber erheben?

Kötz: Wir hatten viel Erfolg dort und uns mit der Stadtspitze auch menschlich gut verstanden. Alle haben sich gefreut. Als es im zweiten Jahr um die Gebühren ging, wurden sie im Verhältnis zum Normalpreis um 50 Prozent von Frau Seiler auf 6.500 Euro reduziert. Dann gab es ein Treffen im Oktober 2024, in dem ich gefragt habe, ob man das mit den Gebühren ganz sein lassen könnte. Ich sagte, dass wir im Defizit sind und eigentlich auch ein bisschen Förderung verdient hätten. Dann kam auf mehrfache Nachfrage zwei Monate später ein überaus förmlich geschriebener Brief als Antwort. Darin stand, dass man mit Gebühren von rund 14.000 Euro für 2025 doch schon ganz großzügig sei und wir eigentlich 30.000 Euro bezahlen müssten. Da haben wir uns angeschaut, meine Frau, ich und Mitinitiator Klaus Wichmann und haben uns gefragt, was da jetzt los ist. Ich habe dann versucht, mehrere Brücken zu bauen, aber weder Frau Seiler noch Frau Kabs haben sich einen Mikromillimeter bewegt. Erst dann haben wir öffentlich gesagt, dass hinter ihrer Politik offenbar ein bräsiges Kulturverständnis stecken würde.

Intendant Michael Kötz (Mitte, stehend) betritt 2022 vor gefüllten Rängen die Bühne des Festivals des Deutschen Films in Ludwigshafen. © picture alliance/dpa

Was meinen Sie damit?

Kötz: Die Zukunft der Kulturförderung wird davon abhängen, dass Politiker begreifen, dass sie sich bei immer knapper werdenden Haushalten eines Tages alle zehn Finger danach lecken werden, noch Leute zu finden, die bereit sind, ins eigene wirtschaftliche Risiko zu gehen, wenn sie anspruchsvolle Kultur machen. Natürlich darf aber eine Stadt dann daran nicht auch noch was verdienen wollen. Der politologische Hinweis war aber vergeblich, man war nur beleidigt. Frau Kabs hat es dann so dargestellt, als wären wir diejenigen, die nicht kompromissbereit seien.

In Speyer spricht man jetzt öfter vom Herrn Großkötz. Stört Sie das?

Kötz: Was soll ich sagen? Sollen Kulturleute immer klein und bescheiden sein und nehmen, was sie kriegen können? Und Großkötz? Mein Gott, wenn man was hinkriegt, dann hat man auch Gegner, die wegen irgendwas neidisch sind. Das kann ich nicht ändern.

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Welchen Teppich hat man ihnen in Bad Dürkheim ausgerollt?

Kötz: In Bad Dürkheim wollte man uns gern auch gleich längerfristig binden. Marcus Brill, der Verantwortliche dort, ist eher ein Manager-Typ, mit dem wir uns sofort gut verstanden haben. Und natürlich reden wir dort nicht wie in Speyer von irgendwelchen Gebühren. Im Gegenteil.

In Bobenheim-Roxheim lief ihr Abschied aber auch nicht ganz glücklich. Sie ziehen von dort nach Ludwigshafen neben die Rhein-Galerie.

Kötz: Der Abschied ist erstmal nur für dieses Jahr. Wir finden es auch schade, aber alle Beteiligten der Gemeinde wissen dort auch, dass es immer etwas kritisch war. Der Ort ist einfach etwas zu klein. Die Besucher müssen da in großer Zahl auch von außerhalb kommen, und das ist ein Strukturproblem. Ich habe aber einen sehr persönlichen Brief an Bürgermeister Michael Müller geschrieben. Schiefgelaufen ist da zwischen uns gar nichts. Es ist ein sehr vertrauensvolles Verhältnis, an das wir wieder anknüpfen können.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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