Rhein-Neckar. In der Südpfalz hat sich ein neuer Winzerverein gegründet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, über das drohende „Aussterben“ ganzer Winzerfamilien zu sprechen. Unter dem Namen „Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau e. V.“ warnen die Mitglieder in einem dramatischen Appell vor einem Massensterben von Betrieben.
Bis zu 60 Prozent der Winzer könnten in wenigen Monaten Pleite machen. Mit der bundesweiten Kampagne „Dein Wein von hier“ ruft der Verein zu fairem Konsum und zum Erhalt ländlicher Kulturlandschaften auf. „Es geht nicht nur um Wein – es geht um unsere Landschaften, unsere ländlichen Räume, unsere Traditionen und nicht zuletzt um ganze Lebenswerke und Existenzen“, erklärt Thomas Schaurer, Winzer und Motor der Zukunftsinitiative.
Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir ein Kulturgut von unschätzbarem Wert
Der deutsche Weinbau steht an einem historischen Wendepunkt: Die niedrigsten Großhandelspreise seit Beginn der Aufzeichnungen (inflationsbereinigt) und massiv gestiegene Produktionskosten bedrohten Tausende Betriebe in ihrer Existenz. Mit der bundesweiten Kampagne „Dein Wein von hier“ setzt der Verein ein Zeichen – für Regionalität, Qualität, Umweltstandards und gesellschaftliche Verantwortung. „Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir ein Kulturgut von unschätzbarem Wert“, so Schaurer. „Die Bevölkerung muss wissen: In den kommenden Wochen entscheidet sich, ob der deutsche Weinbau, wie wir ihn kennen, Geschichte ist oder fortbesteht.“ Zurück blieben verwilderte, brachliegende Flächen.“
Krise bei Winzern: Wie konnte es so weit kommen?
Der Großhandelspreis für Fasswein sei im Jahr 2024 auf 60 Cent pro Liter gefallen – bei Produktionskosten von 1,20 Euro pro Liter. Besonders betroffen seien Winzerinnen und Winzer ohne eigene Vermarktung – ihnen drohe das Aus, sollte sich die Situation bis zur nächsten Weinlese nicht ändern, so der Verein. Auch Direktvermarkter seien gefährdet: Viele von ihnen bewirtschafteten zusätzlich Weinberge für den Großhandel. Doch von diesen, meist gepachteten Flächen, könnten sie sich nicht so einfach trennen. Pachtverträge im Weinbau liefen in der Regel über 20 Jahre. Die Auswirkungen reichten bis in Gastronomie, Tourismus und Zulieferbetriebe.
Ein zentrales Anliegen der Initiative ist die Aufklärung darüber, dass Preise unter 2,99 Euro pro Flasche Wein nur durch Ausbeutung der Winzerinnen und Winzer sowie deren Mitarbeitenden zustande kommen. Derzeitige Angebote weit darunter würden nicht nur die Erzeuger ruinieren, sondern auch den gesellschaftlichen Umgang mit Alkohol infrage stellen. Die Initiative fordert daher einen Mindesterzeugerpreis für Fasswein von 1,20 Euro netto pro Liter. In den kleinen Anbaugebieten mit erschwerten Anbaubedingungen deutlich mehr.
Die Kampagne „Dein Wein von hier“ soll nun bundesweit für Sichtbarkeit sorgen. Ziel sei es, mindestens fünf Prozent des Weinabsatzes zugunsten heimischer Produkte zurückzugewinnen – und das zu fairen Preisen. Derzeit stamme nur etwa die Hälfte des in Deutschland konsumierten Weins aus heimischer Produktion. Die Bevölkerung entscheide beim Einkauf über den Fortbestand des deutschen Weinbaus und über die Zukunft aller Winzerfamilien.
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