Mannheim. Der Mannheimer Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel wird sich aus der Politik zurückziehen. Das erklärte er in einer Stellungnahme am Sonntagvormittag. Löbel selbst plant seinen Rückzug zum 31. August dieses Jahres. Der Kreisverband pocht aber offensichtlich auf einen sofortigen Rückzug.
In seiner Erklärung schrieb Löbel: "Mitglied des Deutschen Bundestages zu sein und meine Heimatstadt Mannheim dort vertreten zu dürfen, ist eine große Ehre und besondere moralische Verpflichtung. Diese Ansprüche habe ich mit meinem Handeln verletzt. Dafür möchte ich mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes entschuldigen", schreibt der 34-Jährige.
Er bedankt sich in der Stellungnahme für das ihm entgegengebrachte Vertrauen in der Stadt und in seiner Partei. "Den vielen Menschen, die mich über viele Jahre hinweg begleitet, gefördert und unterstützt haben, möchte ich danken und mich auch bei ihnen dafür entschuldigen, ihre in mich gesetzten Hoffnungen enttäuscht zu haben."
Nikolas Löbel schreibt weiter, er übernehme die Verantwortung für sein Handeln und ziehe die „notwendigen politischen Konsequenzen“: Seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beendet er mit sofortiger Wirkung, „um weiteren Schaden von Partei, Fraktion und allen Kolleginnen und Kollegen abzuwenden“.
Mit Wirkung zum 31. August 2021 wird er sein Bundestagsmandat niederlegen. Zudem wird er für die Wahl zum nächsten Deutschen Bundestag nicht kandidieren.
Das Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU-Gemeinderatsfraktion sowie sein Mandat als Mitglied des Mannheimer Gemeinderates wird er ebenso zum 31. August 2021 niederlegen. Den Kreisvorsitz der CDU Mannheim wird Löbel mit sofortiger Wirkung niederlegen.
Anfragen bleiben unbeantwortet
Auf drängende Nachfrage dieser Redaktion, warum Löbel erst zum 31. August sein Bundestags- und sein Stadtratsmandat niederlegt und was er mit den 250.000 Euro Provision aus den Masken-Deals macht, reagierte der Bundestagsabgeordnete nicht. Seine Facebook- und Twitter-Seiten sind zudem nicht mehr existent. Dem Vernehmen nach will der 34-Jährige sich nicht weiter gegenüber den Medien äußern.
Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2019 monatlich 10.083,47 Euro. Tritt Löbel nicht zum 31. März, sondern zum 31. August zurück, nimmt er für sein dann fraktionsloses Amt noch mehr als 50.000 Euro mit. Hinzu kommt die Kostenpauschale in Höhe von 4418,09 Euro, die jeder Abgeordnete erhält - insbesondere zur Bezahlung von Bürokosten von Wahlkreisbüros außerhalb des Sitzes des Deutschen Bundestages (Miete, Porto, Inventar, Literatur), für Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung am Sitz des Bundestages und bei Reisen, Fahrtkosten für Fahrten in Ausübung des Mandats, soweit sie nicht erstattet werden. Die Pauschale ist steuerfrei. Bis Ende August kämen also zusätzlich rund 22.000 Euro hinzu.
Die Seite Abgeordnetenwatch.de stellt eine weitere Rechnung auf: Demnach wirkt sich ein Ausscheiden Löbels erst zum 31. August auf seine Altersentschädigung aus. Demnach zähle wegen der Rundungsvorschrift eine Mitgliedschaft im Bundestag von mehr als einem halben Jahr als komplettes Jahr. Für Löbel heißt das konkret: Da er seit dem 24. Oktober 2017 im Bundestag sitzt (der Tag der konstituierenden Sitzung) wäre er am 25. April 2021 drei Jahre, sechs Monate und einen Tag Mitglied des Bundestags. Mit diesem Tag würden aus drei Jahren Anspruch auf Altersentschädigung vier Jahre.
Vorgänger begrüßt Rückzug
Sein Vorgänger als Bundestagsabgeordneter in Berlin, Stadtrat Egeon Jüttner, sagte gegenüber dieser Redaktion: „Ich kann den Rückzug nur begrüßen.“ Gemeinsam mit anderen CDU-Mitgliedern hätte sich Jüttner am Montag nach der Landtagswahl an die Öffentlichkeit gewandt und Löbels sofortigen Rücktritt gefordert. Die Gruppe habe die Wahl abwarten wollen, um nicht für ein mögliches schlechtes Wahlergebnis verantwortlich gemacht werden zu können, so Jüttner.
Löbel hatte für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken an zwei Unternehmen – die Avendi Seniorenheime in Mannheim und die SRH Holding in Heidelberg – 250.000 Euro an Provisionen eingestrichen. Wie Medien berichteten hatte er sich in einer E-Mail an potenzielle Kunden als Bundestagsabgeordneter vorgestellt. Der CDU-Politiker hatte gegenüber dem „Spiegel“ am Freitag Fehler eingeräumt. Als erste Konsequenz gab er seinen Sitz im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages auf. Bundesweit hatten Politiker aller Farben allerdings weitere Schritte gefordert. Löbels Stellungnahme lässt offen, ob er - wie von vielen gefordert - die 250.000 Euro Provision zurückgibt.
Junge Union distanziert sich
Am Samstagabend hatte die Junge Union Mannheim dem Abgeordneten das Vertrauen entzogen und von ihm den Rückzug verlangt. „Wir distanzieren uns von Nikolas Löbel und fordern den sofortigen Rücktritt von allen politischen Ämtern“, schreibt die CDU-Nachwuchsorganisation am späten Samstagabend auf ihrer Facebook-Seite, wie der "Mannheimer Morgen" berichtet. „Die schamlose Ausnutzung einer Zwangslage im Gesundheitssystem ist einem politischen Mandatsträger unwürdig und muss persönliche Konsequenzen in Form eines sofortigen Rücktritts zur Folge haben“, heißt es in einer Stellungnahme auf der Facebook-Seite der JU. . Die JU werde Löbel zudem bei nächster Gelegenheit den Ehrenvorsitz aberkennen. Der 34 Jahre alte Löbel war von 2011 bis 2017 Landesvorsitzender der baden-württembergischen JU. Nach seinem Einzug in den Bundestag 2017 kandidierte er nicht mehr für dieses Amt.
Mehr zum Thema Löbel
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-nikolas-loebel-zieht-sich-aus-allen-politischen-aemtern-zurueck-_arid,1767690.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html