Mannheim. 250.000 Euro Provision hat der Mannheimer Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel (CDU) für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken erhalten. Dies meldet der "Spiegel". Den Angaben zufolge habe Löbel Unternehmen aus dem Gesundheitssektor angeboten, ihnen gegen Provision Schutzmasken einer baden-württembergischen Firma zu vermitteln. In einer E-Mail, in der er sich als Abgeordneter vorstellte, verlangte er dem "Spiegel" zufolge im Falle einer Lieferung eine Kommission: Für jede Maske, die über ihn bezogen werde, "erhalte ich vom Käufer 0,12 Euro zzgl. MwSt.", schrieb Löbel den Angaben zufolge.
Der 34-Jährige bestätigte dem "Spiegel", dass er unter anderem eine Kette von Seniorenheimen und eine Krankenhausgesellschaft als Kunden gewonnen habe. Seine Firma habe "Vergütungen in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro" eingestrichen. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin rechtfertigte er sich damit, dass die Masken "dringend benötigt" wurden. Er räumte jedoch auch Fehler ein. "Rückblickend betrachtet waren die Vermittlungen falsch", sagte der Politiker dem "Spiegel".
Der "Mannheimer Morgen" hat Nikolas Löbel unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe mehrere Fragen zum Thema gemailt. Bislang hat der Abgeordnete noch nicht darauf geantwortet. Telefonisch war Löbel bislang nicht zu erreichen.
Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen. Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.
Stattdessen ließ Löbel über seinen persönlichen Referenten Thomas Hornung eine Stellungnahme verschicken. Der CDU-Politiker sagt darin, dass er im vergangenen Jahr durch seine (der Bundestagsverwaltung bekannte) Projektmanagement-GmbH mehrere Kaufverträge über Schutz-Masken zwischen einem in Baden-Württemberg ansässigen Lieferanten und zwei mir bekannten Privatunternehmen mit Sitzen in Heidelberg und Mannheim vermittelt habe. Insgesamt habe die GmbH hierfür eine nach dem Marktüblichen bemessene Vergütung in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro erhalten.
Löbel sagt in der Mitteilung weiter, dass diese Vermittlung von privaten Lieferverträgen zwischen jeweils zwei privaten Vertragsparteien durch seine private GmbH nichts mit seinem Abgeordnetenmandat, "geschweige denn mit einer rechtswidrigen Einflussnahme auf Schutzmasken-Bestellungen durch öffentliche Auftraggeber zu tun" habe.
"Ich habe für die GmbH gehandelt und nicht in Ausübung meines Mandates", heißt es weiter. Und: "Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen. Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf."
Deshalb hätten wir damals praktisch alles getan, um an sichere Masken zu kommen.
Auch Unternehmen aus der Region haben Masken durch die Vermittlung des CDU-Politikers bezogen – und dafür satte Provisionen gezahlt. Die Mannheimer Seniorenheime von Avendi beispielsweise. 100 000 Masken á 60 Cent. Löbel soll dafür 15 000 Euro Provision kassiert haben, wie ein Avendi-Sprecher im Gespräch mit dieser Redaktion sagt. Das sind 25 Prozent. Avendi selbst ist der Überzeugung, richtig gehandelt zu haben. „Der Markt für Mund-Nasenschutz-Masken war damals weltweit praktisch leer gefegt. Und wir benötigen 100 000 Stück pro Monat“, wie der Sprecher erklärt. Das Ganze habe sich im April 2020 abgespielt. Masken waren zu dieser Zeit extreme Mangelware. Und Avendi-Geschäftsführer Achim Ihrig sagt: „Der Schutz unserer Bewohner und Mitarbeiter in der Pflege steht für mich immer an erster Stelle. Deshalb hätten wir damals praktisch alles getan, um an sichere Masken zu kommen.“
Die „Bild Zeitung“ veröffentlichte am Freitag eine fotografierte E-Mail, in der sich Löbel als Vermittler anbietet. Er nennt in dieser Mail weitere Unternehmen, mit denen er wohl schon Deals gemacht hat. Interessant ist: Löbel geht offenbar, wie eines dieser Unternehmen berichtet, selbst auf diese Firmen zu und packt in den Anhang den Mailverkehr von bereits geschlossenen Deals. In der Mail, die die „Bild“ offenlegt, schreibt Löbel jedoch, die Unternehmen seien auf ihn zugekommen und hätten „um Hilfe bei der Beschaffung von medizinischen Schutzgütern gebeten“. Und: Zwar schreibe er nicht von seinem offiziellen Bundestags-E-Mail-Account, so das Unternehmen, das in diesem Zusammenhang nicht genannt werden will. Aber die Signatur sei die des Bundestagsabgeordneten – und eben nicht die der Privatperson Löbel oder der Löbel-GmbH. Von einer Provision sei überdies zunächst nicht einmal die Rede gewesen. Erst später habe Löbel seinen Vorteil bei diesem Deal angesprochen. Man sei „schon sehr irritiert“ gewesen über die Vorgehensweise.
Das Unternehmen zitiert aus der Mail: Firmen wie „die SRH Holding sind an mich herangetreten, mit der Bitte, sie bei der Beschaffung von Atemschutzmasken zu unterstützen. Über die chinesische Botschaft habe ich nun eine zuverlässige Firma (...) aufgetan, die nun unter anderem an die SRH Holding eine Million Masken liefert (...)“ Anbei schicke Löbel, einen E-Mail-Verkehr, in dem er im Auftrag der SRH eine Million Masken á 60 Cent bei Bricon bestellt. Die SRH bestätigte, „zirka 1,1 Million Masken“ gekauft zu haben. Ein Sprecher teilte mit, netto 197 000 Euro Provision an Löbel gezahlt zu haben. Man habe aus der Not heraus gehandelt, aber trotzdem noch zu marktüblichen Preisen gekauft. Die Bestellung bei Bricon sei auch nicht die einzige gewesen – aber die einzige, bei der Provision gezahlt wurde.
Die Stellungnahme von Nikolas Löbel im Wortlaut
Zu den aktuellen Medienberichten über von meiner GmbH vermittelte Lieferverträge über Schutz-Masken teile ich Folgendes mit:
1.
Ich habe im vergangenen Jahr durch meine (der Bundestagsverwaltung bekannte) Projektmanagement-GmbH mehrere Kaufverträge über Schutz-Masken zwischen einem in Baden-Württemberg ansässigen Lieferanten und zwei mir bekannten Privatunternehmen mit Sitzen in Heidelberg und Mannheim vermittelt. Insgesamt hat die GmbH hierfür eine nach dem Marktüblichen bemessene Vergütung in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro erhalten.
2.
Diese Vermittlung von privaten Lieferverträgen zwischen jeweils zwei privaten Vertragsparteien durch meine private GmbH hat nichts mit meinem Abgeordnetenmandat, geschweige denn mit einer rechtswidrigen Einflussnahme auf Schutzmasken-Bestellungen durch öffentliche Auftraggeber zu tun.
3.
Ich habe für die GmbH gehandelt und nicht in Ausübung meines Mandates. Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen. Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.
Berlin, den 5. März 2021
Nikolas Löbel
Nikolas Löbel war seit vergangenem Sommer mehrmals in die Schlagzeilen geraten. Zunächst musste er sich gegen Vorwürfe wehren, er verlange in seinem Mietshaus in der Neckarstadt-Ost zu hohe Mieten. Dann fand der "Mannheimer Morgen" heraus, dass er in seinem Haus vier von zehn Wohnungen dem öffentlichen Markt entzieht, indem er sie über eine Agentur bei Urlaubsportalen wie Airbnb anbietet. Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte er dagegen öffentlichkeitswirksam "mehr" und "bezahlbaren Wohnraum" gefordert.
Zudem steht Löbel in der Kritik, weil er einem Mieter nach dessen sanierungsbedingtem Auszug fristlos kündigte. Die Prozesse zur Frage der einstweiligen Verfügung um die Wiedereinräumung des Besitzes der Wohnung verlor der Politiker zunächst am Amtsgericht und in zweiter Instanz am Landgericht. Löbel hatte die Kündigung mit persönlichen Beleidigungen begründet. Das Verfahren zur Kündigung am Amtsgericht Mannheim ist noch nicht terminiert.
Im Oktober 2020 wurde dem Bundestagsabgeordneten vorgeworfen, dass es bei Miet- und Untermietverträgen der CDU Mannheim in ihrer Kreisgeschäftsstelle möglicherweise Unregelmäßigkeiten gegeben haben könnte. Die CDU Mannheim vermietet dort Räumlichkeiten an den Bundestagsabgeordneten Löbel, an die Löbel Projektmanagement GmbH und an die Junge Union Mannheim. Löbel ließ sich in einem Gutachten des ehemaligen CDU-Stadtrats Ralph Landsittel bestätigen, dass es keine Unregelmäßigkeiten gegeben habe.
Nach Einsichtnahme in die Verträge und Buchungen der CDU Mannheim traten im Oktober Chris Rihm und Andreas Pitz von ihren Ämtern im CDU-Kreisvorstand (Stellvertretender Vorsitzender und Beisitzer) mit sofortiger Wirkung zurück. Beide sind mittlerweile auch aus der Partei ausgetreten.
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