Unglück

Nach Kita-Unglück in Limburgerhof: Schwerer Weg in die Normalität

Die Kita "Haus des Kindes" in Limburgerhof sucht auch 14 Tage nach dem tödlichen Unglück den Weg in die Normalität. Hier war am 15. Februar eine Vierjährige beim Spielen ums Leben gekommen

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Bernhard Zinke
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Ein Ort der Trauer: die Kita „Haus des Kindes“ in Limburgerhof. Nach dem Unglück hatten zahlreiche Menschen Kerzen und Blumen am Eingang abgelegt. © Christian Schall

Limburgerhof. Die Kita „Haus des Kindes“ in Limburgerhof ringt um die Rückkehr zur Normalität. Aber auch 14 Tage nach dem tragischen Unglück, bei dem ein vierjähriges Mädchen beim Spielen ums Leben kam, ist noch nichts normal.

Gerade mal ein Drittel der 31-köpfigen Belegschaft sah sich in den vergangenen zwei Wochen überhaupt imstande, die Kinder zu betreuen. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen würden noch immer nicht damit fertig, dass sich das Kind auf der Rutsche mit einer sogenannten Topfstelze selbst stranguliert hat, sagt der Sprecher der Gemeinde Limburgerhof, Rolf Dörner, im Gespräch mit dieser Redaktion.

Nach Kita-Unglück: 75 Kinder speziell betreut

Immerhin sorgen aktuell zwölf Erzieherinnen und Erzieher dafür, dass zumindest 75 Kinder in speziell zusammengesetzen Gruppen regelmäßig betreut werden. Im Normalfall besuchen 170 Kinder die Einrichtung in der vorderpfälzischen Gemeinde. Die übrigen 100 Kinder werden von den Eltern in Privatinitiative betreut. Der Notbetrieb in der Kita werde bis zu diesem Freitag aufrechterhalten, sagt Dörner.

Ab kommendem Montag werde das „Haus des Kindes“ dann wieder alle 170 Kinder betreuen können, informierte der Sprecher der Gemeinde am Donnerstagnachmittag. Möglich werde dies, weil drei Kolleginnen aus den anderen kommunalen Kitas das „Haus des Kindes“ personell verstärkten. In den anderen Einrichtungen würden durch diesen vorübergehenden Wechsel aber keine Lücken in die Betreuung gerissen. Allerdings sei die Betreuung im „Haus des Kindes“ zeitlich weiterhin eingeschränkt. Für Kindergartenkinder ist die Öffnungszeit von 8 bis 15 Uhr, die Hortkinder werden von 12 bis 16 Uhr betreut.

Beinahe wieder Normalbetrieb in Limburgerhof

Diese Personalregelung sei auch gewählt worden, um den Erzieherinnen und Erziehern bei der Wiederaufnahme des Beinahe-Normalbetriebs die nötige Stabilität zu geben und gleichzeitig flexibel zu bleiben, wenn Vertretungen - beispielsweise durch Krankheitsfälle - nötig würden. Die Eltern seien in einem Rundschreiben am Donnerstagnachmittag informiert worden. Sie wurden aber auch gebeten, die Kinder - falls möglich- vorerst noch zuhause zu betreuen. Auch das ermögliche einen nachhaltigen Neustart des Kita-Betriebs.

Topfstelzen führten in Limburgerhof zu einem tragischen Unglück. © istock

Professionelle Hilfe bei der Verarbeitung des Unglücks bekommen die Beschäftigten, Kinder und auch die Eltern der Kita vom Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement in Köln. Die Unfallkasse des Landes Rheinland-Pfalz hatte die Beratungseinrichtung beauftragt. Zahlreiche Eltern hatten sich unter deren Hotline gemeldet. Weil in den Anrufen viele emotionale Probleme deutlich wurden, hatte das Zentrum schnell einen ersten Informationsabend in Limburgerhof veranstaltet. Und der sei sehr gut besucht gewesen sei. Diplom-Psychologe Thomas Weber habe den Familien ans Herz gelegt, möglichst schnell wieder in eine Normalität zu kommen, das Thema zwar nicht auszugrenzen und totzuschweigen, aber eben auch nicht immer wieder anzusprechen, erläutert Rolf Dörner. Es werde indessen auch nicht bei der einen Infoveranstaltung bleiben. Dörner: „Die Aufarbeitung muss und wird weitergehen.“

Ermittlungen nach tödlichem Umfall laufen weiterhin

Auch juristisch geht die Aufarbeitung weiter. Nach wie vor ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft Frankenthal die genauen Umstände des Unglücks. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob jemand möglicherweise die Aufsichtspflicht verletzt hat. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Auch diese Ergebnisse werden die Basis dessen sein, wie der Betrieb in der Kita weitergeht. Und auch bei dieser Frage werde man sicher eine Moderation von außen benötigen, sagt Gemeindesprecher Dörner.

Topfstelzen aus Kita verbannt

Zum Zeitpunkt des Unglücks am Nachmittag des 15. Februar hätten sich insgesamt vier Gruppen mit 52 Kindern im Außenbereich der Kita aufgehalten. Mit dabei gewesen seien acht Erzieherinnen und Erzieher. Der Betreuungsschlüssel sei also eingehalten und gewährleistet worden. Wo sich die Erzieherinnen und Erzieher zum Zeitpunkt des Unglücks aufgehalten hätten, müssten die Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln.

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Eine der ersten Handlungen der Gemeinde war indessen, das todbringende Spielzeug aus der Kita zu verbannen. In der Konsequenz habe man in allen kommunalen Kitas in Limburgerhof die Topfstelzen verbannt, auch auf Empfehlung des Kreisjugendamts und der Unfallkasse Rheinland-Pfalz. „Die Gemeinde sieht es als ihre Verantwortung und wichtigste Aufgabe, auf der Basis der staatsanwaltlichen Ermittlungsergebnisse alle Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen, so dass nach menschlichem Ermessen sich ein solch tragischer Unfall nicht wiederholen kann“, hatte die Gemeinde am Montag nach dem Unglück auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Das war ihr auch in sozialen Medien zum Teil als Aktionismus ausgelegt worden, zumal Topfstelzen landauf, landab als Spielzeug auch in Kitas weiterhin erlaubt sind.

Man habe sich für die Maßnahme entschieden, um vor allem den Eltern in Limburgerhof die emotionale Last zu nehmen, wenn sie ihre Kinder bringen oder abholen und dann möglicherweise eine Topfstelze im Weg herumliege. „Und wenn wir gar nichts gemacht hätten, hätten wir uns sicher dem Vorwurf des Nichthandelns ausgesetzt“, sagt Dörner.

Unterdessen hat das „Haus des Kindes“ nach Angaben der Gemeinde weiterhin das Vertrauen der Eltern. Es sei kein einziges Kind abgemeldet worden. Ganz im Gegenteil: Viele Eltern hätten der Einrichtung schriftlich und mündlich das Vertrauen ausgesprochen.

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