Justiz

Misshandeltes Baby aus Speyer: Rechtsmedizinisches Gutachten vorgetragen

Ein Elternpaar aus Speyer muss sich vor dem Landgericht in Frankenthal verantworten. Der Mann soll das Kind fast totgeprügelt, die Frau viel zu spät Hilfe geholt haben. Was eine Medizinerin zu den Verletzungen sagt

Von 
Agnes Polewka
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Die angeklagten Eltern mit ihren Verteidigern. © Agnes Polewka

Speyer. Ein kleiner Junge, ein Baby, kommt im Juli 2020 mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus. Er stirbt fast - mit gerade einmal sechs Monaten. Die Mutter sagt, es sei nichts gewesen. Sie könne sich die schweren Verletzungen nicht erklären. Der Vater schweigt.

Prozess um misshandeltes Baby: Hat die Mutter zu spät reagiert?

Die Frankenthaler Staatsanwaltschaft hat die Eltern aus Speyer wegen der „Misshandlung von Schutzbefohlenen“ angeklagt. Sie wirft dem Vater vor, dem Baby in den Bauch geboxt, das Köpfchen des Kindes gegen einen harten Gegenstand geschlagen zu haben. Laut Anklage war die Mutter zu dieser Zeit nicht zu Hause. Nach ihrer Rückkehr soll sie aber erst viel zu spät auf die Notlage des Jungen reagiert haben, so der Vorwurf.

Seit Mitte Juni wird der Fall vor dem Frankenthaler Landgericht verhandelt. Und noch immer gibt es viele offene Fragen. Am Freitag beschäftigte sich die Kammer noch einmal mit den Verletzungen von Milan (Name von der Redaktion geändert). Die Mainzer Rechtsmedizinerin Dorothea Hatz fasste vor Gericht die Berichte ihrer medizinischen Kollegen zusammen und beschrieb den kleinen Körper, der teilweise schon blau angelaufen war und den brettharten Bauch des Jungen, als er in die Klinik kam. Seine Verletzungen im Gesicht und am Ohr.

Keine neuen Verletzungen

Hatz griff dabei auch auf den Bericht des Operateurs auf, sprach von den Verletzungen des Dünndarms und einer Perforation, beschrieb abgestorbene Darmschlingen und Verwachsungen, die ihrer Ansicht nach auf ältere Verletzungen hindeuten könnten. Dann kam sie zum Kopf, dem Schädel-Hirn-Trauma, den Brüchen des Scheitelbeins - links und rechts.

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„Wenn es bei Stürzen von Kleinkindern zu solch einem Bruch kommt, dann meist einseitig“, sagte die Rechtsmedizinerin. Ohnehin komme dies mit sechs Monaten nicht oft vor, so die Rechtsmedizinerin. Immer wieder fragten die Verteidiger des Mannes nach den Quellen ihrer Daten, hakten nach, ob sie diese auch hinterfragt habe. Mal kopfschüttelnd, mal „staunend“.

Baby lebt mittlerweile in einer Pflegefamilie

Seitdem Milan nicht mehr bei seinen Eltern sei - er lebt in einer Pflegefamilie - habe es keine Auffälligkeiten mehr gegeben. Keine Brüche, keine Hämatome. „Untermauert dies die Tatsache, dass die Verletzungen insgesamt für eine Misshandlung sprechen?“, fragt der Vorsitzende Richter Uwe Gau. „Ja“, sagt die Gutachterin.

Redaktion

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