Frankenthal. Warnsignale hat es offenbar genug gegeben. Mehrfach soll Tanja H. gegenüber der Verdacht geäußert worden sein, dass ihr Sohn Milan (Name geändert) misshandelt wird. Womöglich von ihrem Ehemann Demetrius H.? Doch die heute 32-Jährige hat das stets vehement verneint und abgetan.
Prozess um misshandeltes Baby in Speyer: Hat die Mutter zu spät reagiert?
Das wird am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen das Ex-Paar aus Speyer deutlich. Seit vergangener Woche müssen sich Demetrius und Tanja H. wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor dem Frankenthaler Landgericht verantworten. Während der 39-Jährige das damals sechs Monate alte Kind fast totgeschlagen haben soll, habe die Mutter laut Anklage viel zu spät auf die Notlage des Kleinen reagiert.
Am Donnerstag sagen in Sitzungssaal 20 zwei Frauen aus, die Tanja H. in einer Facebook-Gruppe für frischgebackene Mütter kennengelernt hat. Sie sei ein sehr aktives Mitglied gewesen, habe viel gepostet, berichtet eine 35 Jahre alte Physiotherapeutin. „Sie hat sich vor allem beim Thema Stillen ausgekannt, deshalb sind wir auch in näheren Kontakt gekommen.“ Anfangs bezogen sich die Beiträge auf H.s Tochter, mit Milans Geburt hätten sich die Themen dann geändert. „Er hat sich wohl viel übergeben und mehr geschrien als seine Schwester“, erinnert sich die Frau.
Als sie durch Chats oder Telefonate von immer mehr Verletzungen und gesundheitlichen Problemen bei dem Säugling erfahren habe, habe sich „ein Sammelsurium ergeben, das mich nachdenklich gemacht hat“, erklärt sie. Deshalb habe sie in einem Gespräch einmal den Verdacht der Kindesmisshandlung aufgebracht. „Irgendwer muss es ja gewesen sein“, habe sie sich gedacht. Tanja H. habe das aber vehement abgeblockt.
Zeugen berichten von Äußerungen in Facebook-Gruppe: „Er war das nicht“
Genau so erging es auch der zweiten Zeugin aus der Facebook-Gruppe, die nach eigenen Angaben zu einer „guten Freundin“ der Angeklagten geworden sei. „Er war das nicht“, habe die Angeklagte ihr entgegnet, als sie die Frage aufgeworfen habe, ob Demetrius H. möglicherweise für die vielen Verletzungen und Vorfälle verantwortlich sein könnte. „Sie hat das ganz klar verneint.“
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Der Zeugin sei es jedoch sehr komisch vorgekommen, dass die Verletzungen immer während der Abwesenheit der Mutter passiert seien. Deshalb habe sie den Verdacht noch ein- oder zweimal zu späteren Zeitpunkten geäußert. „Sie hat weiter gesagt, dass er es nicht gewesen sein kann.“ Tanja H. habe ihren Mann daraufhin jedoch etwas mehr kontrollieren wollen. So habe er fortan, wenn sie unterwegs war, immer Nachrichten schicken müssen, ob mit Milan alles in Ordnung sei.
Baby mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht
Wie berichtet, war der Säugling am 12. Juli 2020 mit schwersten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Schaden genommen hatten unter anderem die Leber und die Nieren, Teile des Darms mussten entfernt werden - laut Staatsanwaltschaft in Folge von Schlägen in den Bauch. Der Junge hatte zudem ein Schädel-Hirn-Trauma und Brüche erlitten.
Dass Tanja H. ihren Kindern etwas antun könnte, glaubt die 35-jährige Zeugin nicht. „Ich hatte das Gefühl, dass die Kinder für sie über allem stehen“, sagt sie. H. sei auch immer mit den Kindern zum Arzt gegangen und habe selbstständig recherchiert, ob Milan an einer seltenen Krankheit leiden könnte. Nach dem Vorfall am 12. Juli 2020 sei es der Mutter sehr schlecht gegangen, sagen beide Zeuginnen.
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