Das Ludwigshafen-Bashing gibt’s jetzt auch im „Tatort“: In der neuesten Folge an diesem Sonntag, 20.15 Uhr, im Ersten zetert Lenas Tante: „Ludwigshafen – wie hältst du das hier bloß aus?“ Odenthals Antwort: „Ich werde der Stadt halt immer ähnlicher!“ Die Tante: „Das ist Provinz, Mädchen, finsterste Provinz.“ Lena entgegnet lakonisch: „Mir gefällt’s.“
Kein Spaß
Der Ton ist gesetzt in diesem „Tatort“ unter der Regie von Tom Lass. „Lenas Tante“, so auch der Titel der Folge, stattet der Nichte einen Besuch in Ludwigshafen ab. Und das ist weder für Lena Odenthal noch für die Zuschauer ein Spaß. Die resolute Dame, pensionierte Staatsanwältin, mäkelt permanent an der Nichte herum. Die kann ihr nichts recht machen. Schnell sind die beiden voneinander ordentlich genervt. Und schnell wird auch klar, dass es nicht nur das persönliche Interesse an der Nichte ist, was den Besuch der alten Dame veranlasst hat. Sie spioniert in demselben Pflegeheim herum, in dem auch Odenthal und ihre Kollegin Johanna Stern ermitteln. Ein Senior hat dort eine Überdosis Insulin verabreicht bekommen.
Es ist ein reichlich gruseliger Start in den Krimi, mit Szenen im Krematorium, die menschliche Urängste inszenieren. Das Mordopfer war 96, zu erben gibt es nichts. Was also ist das Motiv? Odenthal und Stern durchleuchten die anderen Mitbewohner des Heims. Und schnell wird klar, dass auch die persönliche Geschichte des Mannes hineinspielt, der einmal Nazi-Scherge war. Und offensichtlich hat auch Niki Odenthal, die Staatsanwältin im Un-Ruhestand, ein berufliches Interesse. Da schwingt ein bisschen Fritz Bauer mit hinein, der legendäre Frankfurter Staatsanwalt und seinerzeitige Nazi-Jäger.
Es gibt vergleichsweise viel Ludwigshafen zu sehen, oft schwebt die Drohne über den Häusern und fängt die Industriestadt-Kulisse von oben ein. Auch der Hauptbahnhof wird in Szene gesetzt. Nur das Seniorenheim „Kurpfalz“ liegt definitiv nicht in der Pfalz, sondern in einer verschneiten Schwarzwald-Kulisse. Schließlich muss auch der SWR Geld sparen und sucht sich für den Ludwigshafen-„Tatort“ öfter einen Drehort in der Umgebung von Baden-Baden, wo bekanntlich auch das Haus mit allen Polizeipräsidien der SWR-„Tatorte“ steht.
Das Buch hat übrigens Stefan Dähnert geschrieben – der Autor, der schon die Storys für den pfälzischen Skandal-„Tatort“ mit dem Titel „Tod im Häcksler“ unter der Regie von Nico Hofmann und die Fortsetzung „Die Pfalz von oben“ ersonnen hat.
Erneut ist nicht alles kriminologisch nachvollziehbar erzählt. Warum muss ausgerechnet Lena als Verwandte ihre plötzlich hochverdächtige Tante verhören? Um nebenbei auch den privaten Stress zu klären? Und warum lässt sich Johanna Stern ausgerechnet mit dem Arzt ein, der in dem Fall einen Riesenbock geschossen hat?
Spannungsbogen hängt durch
Tom Lass erzählt die Geschichte ziemlich unaufgeregt. Und das ist das Problem: Der Spannungsbogen hängt ziemlich durch. Die Schwerpunkte liegen – wieder mal – eher auf den Lebensumständen der Ermittler als auf der Story. Und dann gibt’s auch noch ein bisschen– leider reichlich bemühte – Nazi-Jagd. Wirklich ernsthaft packt der Krimi dieses Thema nicht an. Von allem ein bisschen durchgemischt ergibt leider wieder nur dürftige Krimi-Kost aus Ludwigshafen.
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