Hochprozentiges

Liegt die kleinste Destillerie Deutschlands in der Pfalz? Ein Besuch

Roland Hick leistet in seiner Destillerie in Otterstadt Aroma-Feinarbeit auf engstem Raum. Mit seiner Leidenschaft ist der 38-Jährige inzwischen ziemlich erfolgreich

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Julian Eistetter
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Mit seiner zwölf Liter fassenden Destille stellt Roland Hick jährlich 400 Flaschen Gin sowie einige Sonderabfüllungen her. Für sein Hobby hat sich der 38-Jährige eine Abstellkammer im Hof umgebaut. © Klaus Venus
Pfeffer, Kardamom, Zitrusfrüchte - nur einige der sogenannten Botanicals für den Ansatz. © Klaus Venus

Otterstadt. Roland Hick entfernt die Plastikummantelung und zieht behutsam den Korkdeckel aus der Flasche. Plopp. Dann gießt er ein paar Schlucke des durchsichtigen, leicht bräunlichen Inhalts in ein Destillatglas, schwenkt es und führt es anschließend zur Nase. Als er die Aromen einsaugt, tritt ein breites Grinsen in sein Gesicht. Hicks neuste Kreation ist ein Gin, der für mehrere Wochen in einem Whiskey-Fass gereift ist. „Diese rauchige Note, der Hammer!“, sagt der 38-Jährige voller Stolz. Schon viele Jahre hegt Hick eine Leidenschaft für hochwertigen Alkohol. Und seit geraumer Zeit produziert der gebürtige Schlesier ihn sogar selbst - in der eigenen Angaben nach kleinsten Destillerie Deutschlands im pfälzischen Otterstadt.

Alkohol

Zu Besuch in Deutschlands wohl kleinster Destillerie

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Hicks minimalistisches Reich ist gerade einmal siebeneinhalb Quadratmeter groß und liegt im Hof eines 1903 errichteten Hauses mitten im Ort. „Das war einmal eine Abstellkammer, die ich in ungefähr sechs Monaten umgebaut habe“, sagt der 38-Jährige - blaue Jeans, orangefarbener Pulli und olivgrüne Schürze - und blickt sich um. Die Wände des Raums sind in Backstein-Optik verputzt, es gibt eine Arbeitsplatte mit Waschbecken, direkt gegenüber steht die kupferne Destille auf einer Induktionsherdplatte. Gerade einmal 12 Liter fasst das Gerät, das für die Herstellung hochprozentiger alkoholischer Getränke entscheidend ist. An diesem Tag brennt Hick Alkohol für den „Rhoiwasser“-Gin der Ludwigshafener Kongress- und Marketinggesellschaft (Lukom) - eine Kooperation, die dem jungen Mann viel Aufmerksamkeit eingebracht hat. Bereits die dritte Charge wurde inzwischen verkauft.

Destillerie Hick Manufaktur


  • In seiner Destillerie Hick Manufaktur in Otterstadt brennt Roland Hick seit 2022 hochwertigen Gin.
  • Der Name seines Haus-Gins CacaOlatl setzt sich zusammen aus den aztekischen Worten für Kakaobohne (Caca) und Wasser (Atl). Das O steht für Otterstadt, das L für Hicks Sohn Lion.
  • Eine Lizenz zum Verkauf seiner Getränke vor Ort besitzt Hick nicht. Sie sind im Rewe-Markt Köhler in Speyer (Schifferstadter Straße 2) oder über den Online-Shop www.ninjektion.de erhältlich.
  • Den Gin gibt es in drei Größen. Die 0,1-Liter-Flasche kostet 16,90 Euro, die 0,2-Liter-Flasche 27,90 und die 0,5-Liter-Flasche 54,90 Euro.
  • Mit der Ludwigshafener Kongress- und Marketinggesellschaft (Lukom) produziert Hick den „Rhoiwasser“-Gin. 

Generell ist Hick mit seinem Hobby ziemlich erfolgreich. Sein „Haus-Gin“, der CacaOlatl, wird im Speyerer Rewe-Markt Köhler verkauft. 400 Flaschen verschiedener Größen füllt Hick im Jahr ab, hinzu kommen Sonderabfüllungen. Mehr sollen es eigenen Angaben nach auch nicht werden. Inzwischen arbeitet er unter anderem mit St. Kilian Distillers, einer der größten deutschen Whiskey-Brennereien, zusammen. „In der Whiskey-Szene bin ich privat schon seit etwa 20 Jahren unterwegs und habe Kontakte geknüpft. Als ich selbst mit dem Brennen angefangen habe, bin ich einfach auf die Leute zugegangen. Die meisten sind sehr offen“, freut er sich.

Berufsschullehrer in Ludwigshafen

Im „wahren Leben“ ist Hick Berufsschullehrer in Ludwigshafen. Geboren im polnischen Kattowitz, kam er Ende der 1980er Jahre mit der Familie nach Deutschland. Er wuchs in der Mannheimer Neckarstadt auf und zog dann vor einigen Jahren in die Pfalz, wo er mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn lebt. Die Mutter wohnt im Haus nebenan.

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Die Idee, eigenen hochprozentigen Alkohol herzustellen, sei vor zweieinhalb bis drei Jahren aufgekommen. „Den Anstoß hat mein Kumpel Benny gegeben. Er hat mich auch darauf gebracht, Gin zu machen“, berichtet Hick. Ausschlaggebend sei ein salziger Gin der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd gewesen. „Das war einfach abgefahren. Mit Gin kann man so viel machen, ganz spezielle Sachen, weg vom Mainstream“, sagt Hick.

In der Whiskey-Szene bin ich schon seit 20 Jahren unterwegs.

2022 eröffnete er schließlich seine Manufaktur. Ein bisschen „Bammel“ habe er schon gehabt. „Man schwebt ein wenig in der Luft, wie das Produkt angenommen wird. Aber es kam schnell tolles Feedback von den Kunden“, berichtet er. Sein Haus-Gin sollte eine schokoladige Note bekommen. „Die ärmeren Leute haben sich ihren Kakao früher in Polen immer aus der Schale der Kakaobohne und Milch gemischt“, erinnert sich der 38-Jährige. „Ich dachte, das passt gut, deshalb kommt bei mir nur die Schale zum Einsatz.“

Zweienhalb Jahre an Rezept getüftelt

Bis das Rezept perfekt war, hat Hick fast zweieinhalb Jahre daran getüftelt. „Wir haben viel getrunken, was überhaupt nicht geschmeckt hat“, berichtet der Mann mit dem Vollbart, der wie sein kurz frisiertes Haar einen Rotstich hat, und lacht. „Irgendwann hat man den Dreh aber dann raus.“ In Hicks Getränke kommen nur Bio-Zutaten, die fertigen Produkte sollen das Siegel ebenfalls bald tragen. Aktuell steht die Zertifizierung jedoch noch aus. In dem kleinen Betrieb des Wahl-Otterstädters ist alles Handarbeit. Er füllt die Flaschen selbst ab, klebt Etiketten, bastelt Boxen aus wiederverwendbarem Material. „Das Brennen selbst ist da eigentlich der kleinste Teil“, sagt er.

Hick veredelt auch Rum und Whisky, die man bei ihm auch verkosten und in Probesets kaufen kann © Klaus Venus

Sieben Stunden dauert es, bis die Destillation abgeschlossen ist. Bei dem Prozess wird das Ausgangsgemisch aus Alkohol, Aromen und Wasser zum Sieden gebracht. Der entstehende Dampf wird in einem Kondensator durch Abkühlen wieder verflüssigt - heraus kommt der mit Aromen angereicherte Alkohol. „Vor allem auf die letzten 20 Minuten kommt es an. Da muss man wissen, wann der beste Zeitpunkt ist, aufzuhören. Es könnten zu viele Bitterstoffe oder Ähnliches aufgenommen werden“, erklärt Hick. „Die Destillation ist eine Kunst für sich, eine tolle Sache“, schwärmt er.

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Für ihn ist diese Kunst eine Möglichkeit, abzuschalten, runterzukommen, für sich zu sein. „Es macht mir einfach Spaß, ich werde es tun, bis ich alt und grau bin“, sagt er. Die Ideen gehen ihm bis dahin nicht aus, versichert er. „Es gibt so viele Aromen und Geschmacksrichtungen.“

Hauptberuflich will Hick seiner Leidenschaft aber nicht nachgehen. „Ich habe derzeit eine kleine Gewinnmarge, aber von meinem Break-even-Point bin ich noch weit entfernt“, sagt er. Von dem Punkt also, an dem er die Gesamtkosten durch Umsatzerlöse wieder reingeholt hat. Große Pläne hat der gebürtige Pole dennoch. Mit Rewe will er eine gemeinsame Abfüllung herausbringen. Schon jetzt produziert er für Kunden nach deren Wünschen alkoholische Getränke. „Irgendwann mal eine Abfüllung mit Apache machen, 207 Flaschen oder so, das wäre geil“, sagt er und lacht.

Sein eigentlicher Traum ist es aber, irgendwann einen kleinen Laden in Otterstadt zu eröffnen, in dem sich seine Mutter dann um den Verkauf kümmern könnte, während er weiter in seinem Reich tüftelt. In der kleinsten Destillerie Deutschlands.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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