Neustadt. Er bezeichnet sich selbst manchmal als den ältesten Jungwinzer der Pfalz. Oliver Zeter hat sich durch seine Arbeit binnen 15 Jahren in die Riege der Top-Weingüter dieses Landes eingereiht und ist dabei selbst zu einer Marke geworden. Und das obwohl er erst im Alter von 43 Jahren zum Winzer wurde.
Wer aufmerksam Weinkarten in gehobenen Restaurants studiert, wird es erleben: Da, wo Sauvignon Blanc steht, da ist der Name Oliver nicht weit. So war der Verfasser dieses Textes im März 2022 auch kaum mehr erstaunt, als eine Flasche mit dem markanten Bären-Etikett aus der Feder des pfälzischen Malers Otto Dill in einem Fisch-Restaurant auftauchte - und zwar auf den Malediven.
Seit 2007 produziert
Fünf Monate später - es ist ein warmer Sommerabend Ende August - hat Zeter einige Feinschmecker um sich geschart. Im Neustadter Ortsteil Haardt sind Journalisten zu Gast, die später in Hochglanz-Magazinen und auf Instagram über die Welt des Weins und die gehobene Küche berichten. Zeter steht schon am Nachmittag zu einer Vertikalverkostung seiner seit 2007 von ihm produzierten Sauvignon Blancs bereit. Wie sehr er mit dieser Rebsorte verbunden ist und wie viele schlaflose Nächte sie ihm bereitet hat, wird spätestens jetzt klar.
Daten und Fakten
- Inhaber: Oliver und Christian Zeter. Prokura: Robin Spitz, Kellermeister: Felix Forster
- Produktion: 300 000 pro Jahr
- Hauptsorten: Sauvignon Blanc, Pinot Noir, Chenin Blanc, Viognier, Cabernet Franc, Syrah
- 90 Prozent gehen in Fachhandel, Export und Gastro
Und noch eines wird deutlich: Ein Maler kann vielleicht 2000 herausragende Gemälde in seinem Leben vollenden, ein Schreiner kann vielleicht 10 000 tolle Regale bauen, aber ein Winzer hat während seines Lebens vielleicht nur 40 Chancen auf einen guten Wein. Mikroklima, Witterung, Erfahrung, Lage - alles spielt eine Rolle. Zeter vermittelt an diesem Nachmittag das Gefühl, dass er keine dieser 40 Chancen verpassen möchte. Und so hat vor allem sein Sauvignon Blanc heute Weltformat, wie ihm Kritiker attestieren. Die Rebsorte ist sein Markenzeichen geworden, so wie es das Markenzeichen des Ex-Bayern-Fußballers Arjen Robben war, dass der Ball irgendwann im linken Eck des Tors einschlägt.
Zeter: „Aber es war hip“
Vorgezeichnet war Zeter dieser Weg nicht unbedingt - auch wenn der Weinhandel in seiner Familie schon angelegt war. Und: Er kann sich an Zeiten erinnern, in denen es nicht sexy war, Weinbauer zu sein oder zu werden. „Als Winzer warst Du nicht der Super-Hero, wenn Du in die Diskothek gegangen bist“, sagt er heute mit einem Lächeln. Zeter war auch nicht der allerbeste Schüler, wie ihm seine Zeugnisse bis heute sagen. Einer intensiven pubertären Phase folgte eine Lehre bei Dr. Deinhard, die er nach seiner Erinnerung sehr gut abschlossen hat.
Als Weinhändler arbeitete er elf Jahre in Hamburg. Dort ist er damals der Brückenkopf des Familienunternehmens in Norddeutschland. Mit dabei hat er aber schon damals ein imaginäres Fernrohr, das ihn von der Distanz Richtung Pfalz, Richtung eigenen Weinberg und Richtung Sauvignon Blanc blicken lässt. Seine Weitsicht ist bis heute ein Markenzeichen, wie er an jenem Sommerabend im August unter Beweis stellt.
Ein Winzer - und die Diskothek
Seit 2003 ist Zeter zurück an der Haardt, wo er fortan seiner liebsten Sorte eine neue Heimat gibt. Er studiert die pfälzischen Terroirs, er beschäftigt sich intensiv mit Klonen aus dem Burgund. Und: Er definiert Standorte. „Bassermann-Jordan und das Weingut Weik waren da schon weit vorn“, sagt Zeter heute bescheiden. „Die Leute konnten Sauvignon Blanc zwar noch nicht richtig aussprechen, aber es war hip“, erinnert er sich.
Zu diesem Zeitpunkt existierte kein eigenes Weingut, es gab keine eigene Rebe und keine eigene Technik. Aber: Auf seinen Reisen nach Südafrika, in die USA, nach Chile, Italien, Australien, Neuseeland, an die Loire und ins Bordelais hatte ihn immer wieder der Sauvignon Blanc fasziniert. Inzwischen kümmert er sich auf seinen Lagen zwischen Kallstadt im Norden und Siebeldingen im Süden auch um Pinot Noir, Riesling und Chardonnay, aber auch um Chenin blanc, Viognier, Semillion, Syrah und Cabernet Franc.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Dass es eine pfälzische Dimension des Sauvignon Blanc - sogar einene Fumé-Version aus dem Barriques-Fass - in dieser Wertigkeit geben könnte, war eher nicht erwartet worden. Die kühlen Nächte Südafrikas und Neuseelands, die eigentlich charakterbildend für die Rebsorte sind, hat die Pfalz nicht zu bieten. Trotzdem: Zeter war Underdog. Sauvignon Blanc war Underdog. Also taten sich die beiden zusammen.
So wandelbar die Rebsorte in Sachen Stil und Aromatik ist, so standhaft, kontrolliert und vorausschauend ist Zeter. Er nimmt dem Sauvignon Blanc die überbordende Duft-Lautstärke, die man etwa aus Marlborough in Neuseeland kennt. Weniger Knallbonbonaroma, dafür mehr Tiefe und eine gewisse Lustigkeit - das ist Zeters Handschrift.
Diese Handschrift findet sich inzwischen überall. Auch im Gutshaus - seiner „Domaine“. Das Gebäude entstand im Jahr 1922. Es ist aus jenem hellen Sandstein gebaut, der auch die Weinlagen dominiert. Gemeinsam mit seinem Bruder Christian Zeter hat er das Domizil sanieren lassen. Ein wesentlicher Teil der Arbeit läuft heute aber in einer modernen, aber unscheinbaren Halle in Lachen-Speyerdorf ab. Dort werden die Trauben verarbeitet, die aus acht Hektar Eigenbesitz kommen und aus Zukäufen von Winzern, die nach Zeters Qualitätsvorgaben arbeiten.
„Ich habe ein wahnsinnig gutes Team, das recht hierarchielos arbeiten kann und ich achte auf die Work-Life-Balance“, sagt der Mann, der sehr viel mit dem Kopf macht, aber im richtigen Moment auch auf das Bauchgefühl hören kann. So wie der gemütliche Bär auf dem Etikett. 400 Meter vom Gutshaus entfernt - so wird es kolportiert - tagte einst der „legendäre“ Stammtisch. Dort zeichnete der 1957 in Bad Dürkheim verstorbene Otto Dill die Bären-Karikatur von Zeters Großvater. Dieser hieß Walter Baer. Es ist kein grummeliger Bär, der da zu sehen ist. Es ist ein Bär, der weiß, dass man als Winzer in der Diskothek heute wieder ein Super-Hero sein kannst.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-wie-oliver-zeter-aus-neustadt-zum-aeltesten-jungwinzer-der-pfalz-wurde-_arid,2026038.html