Sexismus

„Layla“-Debatte: Läuft der Ballermann-Song auf dem Wurstmarkt und der Weinheimer Kerwe?

In Würzburg und Düsseldorf baten die Städte darum, dass der als sexisitisch kritisierte Ballermann-Hit "Layla" nicht gespielt wird. Experten und Musiker aus der Region nehmen Stellung.

Von 
Jasper Rothfels
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Die Musiker DJ Robin (r.) und Schürze halten sich mit dem als sexistisch kritisierten Lied „Layla“ bislang drei Wochen auf Platz Nummer Eins in den deutschen Charts. © Paul Pasytsch/dpa

Rhein-Neckar. Für die einen ist es der ultimative Partykracher, für die anderen ein sexistisches Lied, das sie auf ihrem Volksfest nicht hören wollen: der Schlager „Layla“, in dem eine „Puffmama“ gleichen Namens besungen wird, die „schöner, jünger, geiler“ sei, blond, wohlgeformt und ein „Luder“. Während die Städte Würzburg und Düsseldorf erreicht haben, dass die Nummer eins der deutschen Single-Charts auf Volksfesten vor Ort nicht mehr ertönt, gibt es eine solche Diskussion für den Dürkheimer Wurstmarkt und die Weinheimer Kerwe bislang nicht, wie eine Anfrage ergab.

Würzburg und Düsseldorf hatten das Lied nicht verboten, sondern die Zuständigen gebeten, es nicht zu spielen. Wie mit dem Hit im Ballermann-Stil umzugehen ist, dem der Freiburger Musikexperte Michael Fischer laut dpa attestiert, „sexistisch“ zu sein, wird auch hierzulande unterschiedlich gesehen.

"Hauptsache es reimt sich"

Peter Öhler, DJ aus Obrigheim: „Feiern soll Spaß machen, und man sollte das da nicht unbedingt beschneiden, von Stadtseite oder von Staatsseite her, finde ich.“ Zwar lehne sich das Lied „vom Text her ziemlich weit raus“ und sei sexistisch. Deshalb aber etwas zu untersagen, sei „Schwachsinn“. Damit werde eine Debatte losgetreten, die nicht sein müsse. „Ich denke, wir haben ganz andere Probleme in Deutschland.“ Der 62-Jährige spielt Ballermann-Musik nach eigenen Angaben nur auf Wunsch. „Layla“ wurde kürzlich bei einem Sportfest fünf, sechs Mal gefordert. „Die sind ausgetickt, die singen alle mit“, so Öhler. Dabei glaube er nicht, dass die Leute vom Text her immer wüssten, was sie singen.

Zehntausende unterzeichnen Online-Petition

  • Mehr als 25 000 Menschen haben eine Online-Petition unter dem Motto #freelayla unterschrieben. Gestartet wurde die Petition von der Plattenfirma „Summerfield Records“, die den Partyhit veröffentlicht hat.
  • Chef der Firma aus dem Westerwald ist Matthias Distel, bekannt als Ballermann-Sänger Ikke Hüftgold.
  • In seiner Rolle als Hüftgold warb der Musikproduzent gemeinsam mit anderen Künstlern in den sozialen Medien für die Petition bei „change.org“.
  • Im Begleittext heißt es: „Gegen Zensur! Für ein Leben nach Corona! Für künstlerische Freiheit!
  • Der von Kritikern für sexistisch erklärte Song „Layla“ von DJ Robin & Schürze war in Würzburg von einem Volksfest verbannt worden, auch im Festzelt der Schützen auf der Düsseldorfer Kirmes soll das umstrittene Lied um eine „Puffmama“ namens Layla nicht gespielt werden.
  • Am Donnerstag war die Initiative laut „change.org“ auf dem Weg zur meistgezeichneten Petition der Internetseite. Eine Online-Petition hat nur symbolischen Charakter

„Bei vielen Ballermann-Hits ist es ganz einfach so: Hauptsache es reimt sich, sch...egal, was dabei rauskommt.“ Und massentauglich müsse es sein. Man könne sich aber über ganz andere Lieder aufregen, nämlich über solche, in denen etwa besungen werde, dass man wieder auf Mallorca sei und es „sch..egal“ sei, dass man keine Arbeit und kein Geld habe. „Das ist fatal“, sagt Öhler. Er sei kein Moralapostel, „aber da sehe ich immer den Werteverfall“.

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Jagoda Marinić, Schriftstellerin und Leiterin der Geschäftsstelle des Interkulturellen Zentrums in Heidelberg, teilt auf Anfrage mit: „Nun entpuppt sich Würzburg ja wieder als Strohfeuer: Das Lied wurde nicht verboten, sondern die Stadt wünscht sich als Veranstalterin andere Lieder. Es gibt ja keine Pflicht, Lieder zu spielen, und Ballermann-Songs sind Geschmackssache. Warum von Hiphop bis Ballermann Frauen vor allem als Sexobjekte dienen, das wäre die interessantere Debatte hinter dem vermeintlichen Skandal.“ Im Kurznachrichtendienst Twitter hatte sie zuvor kritisiert, während das Ballermann-Lied verboten werde, würden sexistische Hiphop-Texte vom deutschen Kulturbetrieb „still angehimmelt, weil rauh und echt“. „Alle reden über Layla, ein Lied, das nicht verboten, sondern nur nicht gespielt wird. Über das Sommerfest einer Regierungspartei, auf dem Frauen K.o.- Tropfen verabreicht wurden, redet bisher kaum jemand“, twitterte sie mit Bezug auf einen Vorfall beim Sommerfest der SPD-Bundestagsfraktion. Marinić verlinkte zudem auf ein Video, in dem der Gitarrist Eric Clapton ein Lied mit dem Titel „Layla“ spielt, und schrieb: „Die einzige Layla, die mich interessiert.“

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Entscheidung unklar

Roland Kern, Pressesprecher der Stadt Weinheim, wo vom 12. bis 15. August das Altstadtfest „Weinheimer Kerwe“ gefeiert wird, sagt, Partymusik könne bei der Kerwe im August eine Rolle spielen – „bis dahin haben wir noch Zeit, uns ein bisschen anzugucken, in welche Richtung das geht“. Er selbst kenne das Lied „Layla“ nicht und müsste es erst einmal hören, um entscheiden zu können, „ob es eine Zensur rechtfertigt oder nicht“.

„Das ganze Thema ist für uns nicht existent“, sagt dagegen Marcus Brill, Marktmeister des Dürkheimer Wurstmarkts, der ebenfalls nach zweijähriger Corona-Pause wieder startet (9. bis zum 13. und 16. bis 19. September) und zu dem Brill wie früher mehr als 600 000 Besucher erwartet. Die Stadt selbst mache keine Musik auf dem Wurstmarkt und habe auf die Musik dort bislang noch keinen Einfluss genommen. Zudem gebe es aktuell relevantere Themen, etwa Energie, Fachkräfte, Sicherheit und Beschicker. „Das sind die Themen, die uns im Moment beschäftigen.“

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