Rhein-Neckar. Volksfeste in Zeiten der Energiekrise: Passt das überhaupt zusammen? Immerhin gehören Jahrmärkte, Weinfeste oder Weihnachtsmärkte und sonstige Großveranstaltungen zu den großen Energiefressern. Am Imbissstand wird die Wurst auf dem Grill erhitzt, im Festzelt dröhnt Musik aus den Lautsprechern und irgendwo anders auf dem Veranstaltungsgelände zieht ein Fahrgeschäft seine Kreise. Nicht zu vergessen die über die Festmeile verteilte Beleuchtung, an der für gewöhnlich nicht gespart wird.
Auch auf dem größten Weinfest der Welt, dem derzeit stattfindenden Dürkheimer Wurstmarkt, ist das nicht anders. Hier versucht man schon seit Längerem, Energie zu sparen. „Wir nutzen seit Jahren Naturstrom und LED-Beleuchtung“, sagt Marktmeister Marcus Brill auf Anfrage dieser Redaktion. Er verweist zudem auf die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Saline: Der Strom, der dort in einem Jahr produziert werde, entspreche dem Energieverbrauch des Wurstmarkts.
Schausteller in der Pflicht
Als Veranstalter ist Brill mit seinem Team allerdings weniger von der Energiekrise betroffen. Das Problem fällt eher auf die Schausteller zurück. Diese würden laut Brill aus eigenem Interesse versuchen, den Verbrauch möglichst niedrig zu halten. Beispielsweise durch das Ausschalten der Beleuchtung bei Tageslicht. „Die Schausteller zahlen die Kosten selbst“, so Brill.
Der bereits durch Corona stark gebeutelten Schaustellerbranche ist bewusst, dass sie einer energieintensiven Arbeit nachgeht. Dennoch positioniert sich der Deutsche Schaustellerbund (DSB) deutlich gegen Absagen von Volksfesten. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, ist Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des DSB, im Gespräch mit dieser Redaktion überzeugt. Durch die Umstellung auf LED-Lampen sei in den letzten Jahren 90 Prozent Strom eingespart worden. Durch Modernisierungen an Fahrgeschäften seien in der Regel seit dem Jahr 2010 zwischen 20 und 30 Prozent eingespart worden.
Eines möchte Hakelberg nun aber unbedingt verhindern: „Wir möchten nicht das Opfer von Symbolpolitik werden.“ Das heißt aber nicht, dass der Verein die Energiekrise ausblendet: „Wir überlegen, was wir zusätzlich tun können“, versichert Hakelberg. Beim Imbiss sollen Wirte beispielsweise darauf achten, nicht jede Fritteuse in Betrieb zu haben, sondern sich dabei am Aufkommen der Gäste orientiert. An der Beleuchtung zu sparen, davon hält Hakelberg wenig: „Das funktioniert nicht. Zum Volksfest gehört Licht dazu wie die Wurst. Sie sollen uns das Licht lassen“, fordert er und vergleicht die Szenerie mit einem Candle Light Dinner - nur ohne Kerzen.
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Genau hier setzt die Stadt Heidelberg bei ihrem Weihnachtsmarkt an. Die Beleuchtung soll auf „ein Mindestmaß reduziert werden“, so das Stadtmarketing auf Anfrage. Das ist jedoch nur in der Hauptstraße technisch möglich. Die Adventslichter sollen dann von 16 bis 22 Uhr statt wie bisher von 10 bis 0 Uhr brennen. „Dies entspricht in diesem Fall einer Einsparung um 57 Prozent“, heißt es. Zudem wird komplett auf Fassadenbeleuchtung verzichtet. Bei einer Dauer von 30 Tagen würden so über den gesamten Weihnachtsmarkt etwa 4537 Kilowattstunden eingespart, rechnet die Heidelberg Marketing GmbH vor. Sie macht gleichzeitig aber auch deutlich: „Uns ist es wichtig, dass es trotz allem Lichterschmuck geben wird, da gerade dies typisch für einen Weihnachtsmarkt ist.“ Zum Einsatz kommen dabei - auch bei den Schaustellern verpflichtend - LED-Leuchten. „Seitdem die Beleuchtung auf Energiespar-Technik umgestellt wurde, verbraucht sie 75 bis 80 Prozent weniger Strom“, heißt es weiter.
Zudem macht das Stadtmarketing darauf aufmerksam, „ohnehin schon einen der nachhaltigsten Weihnachtsmärkte in Bezug auf Energieverbrauch beziehungsweise Energiequellen“ zu betreiben. Für die Eisbahn werde beispielsweise Ökostrom genutzt. Wie hoch der Gesamtenergieverbrauch des Weihnachtsmarktes ist, wollten oder konnten aber weder das Stadtmarketing noch die Stadtwerke sagen.
Einsparungen auf der Straße
Während in Heidelberg am Lichtschalter gedreht wird, möchte Hakelberg mit den Schaustellern lieber hinter den Kulissen daran arbeiten, den Energiebedarf der Branche weiter zu senken. Dazu blickt er auf den Transport, denn auch auf der Straße seien die Energiepreise hoch. Die Schausteller sollten sich überlegen, ob sie auf ihrer Route noch einen Hunderte Kilometer langen Abstecher machen, um ein lukratives Volksfest mitzunehmen. Es gelte, die Tournee anders zu planen und „die Strecke mit einer anderen Sensibilität“ auszusuchen. Für weitere Vorschläge ist Hakelberg offen: „Wir können uns über alles unterhalten und sind zu allem bereit.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Volksfeste in der Energiekrise: Bitte keine Symbolpolitik!