Rhein-Neckar. So groß, so auffällig kann man das Wort nur an wenigen Stellen lesen: „Metropolregion Rhein-Neckar“ steht auf dem Feuerlöschboot der Mannheimer Feuerwehr. Grenzüberschreitend finanziert und oft auf beiden Rheinseiten im Einsatz, stellt es ein besonderes Symbol regionaler Zusammenarbeit dar. Ein gutes Beispiel also für den Auftakt unserer neuen Serie, in der wir zum 20. Geburtstag der Metropolregion in den kommenden Wochen zeigen, wo die Kooperation schon sehr gut, gut oder noch nicht so gut funktioniert.
Als „unglaublich gut“ beschreibt Thomas Näther, Kommandant der Mannheimer Feuerwehr, die grenzüberschreitende Arbeit der gesamten „Blaulichtfamilie“. „Da wird der Zusammenhalt echt gelebt“, sagt er – wobei sich das in den vergangenen Jahren erst langsam, aber dann immer besser entwickelt hat.
Dass sich Helfer untereinander helfen, ist schon lange selbstverständlich. Wegbereiter dafür, dass sie noch enger zusammenrücken, sind die Ehrenamtlichen. 2002 initiiert Karl F. Mayer, damals Vorsitzender des Stadtfeuerwehrverbandes, dass sich die Feuerwehren der Region beim Maimarkt zusammen präsentierten. Daraus entwickelt sich mit dem Titel „Unser Schulterschluss für Ihre Sicherheit“ die große, gemeinsame Halle, wo Mitglieder von Feuerwehren und allen Hilfsorganisationen aus Südhessen ebenso wie der Pfalz, aus Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckar-Kreis miteinander informieren oder Vorführungen machen – etwas, was in dieser Form einmalig auf einer Verbrauchermesse in Deutschland ist.
Gespräch im Flugzeug bringt den Durchbruch
In jenen Jahren steht die Stadt Mannheim vor einem großen Problem: Ihr Feuerlöschboot ist weit über 40 Jahre alt, wird längst mit Stahlplatten am kaputten Rumpf verstärkt und nur noch mit Ersatzteilen aus dem Museum oder der eigenen Werkstatt überhaupt funktionstüchtig gehalten. Doch es erweist sich immer wieder als dringend notwendig angesichts der Hafenanlagen, 15 Gefahrstoffbetrieben an den Ufern von Rhein und Neckar, vielen Tankern mit explosiver und ätzender Ladung sowie einer zunehmenden Zahl von Flusskreuzfahrtschiffen, deren Passagiere im Ernstfall schnelle Rettung erhoffen. Doch von solch einer Millioneninvestition fühlt sich die Stadt überfordert.
Was folgt, sind unzählige offizielle und inoffizielle Gespräche über mehrere Jahre hinweg. Den Durchbruch schafft Gerhard Widder, der damalige Mannheimer Oberbürgermeister, der 2007 auf einem Flug nach Berlin mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck die Finanzierung klärt. „Ihm konnte ich nicht widerstehen“, sagt Beck, als er 2012 zur Bootstaufe kommt. Ein rheinland-pfälzischer Regierungschef, der mit dem baden-württembergischen Innenminister zusammen in Mannheim ein Boot tauft – das ist damals wie heute höchst ungewöhnlich. Der Rumpf, an den die Sektflasche knallt, trägt die Landeswappen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die Stadtwappen von Mannheim und Ludwigshafen, sogar ein Firmenlogo der BASF – und die Anordnung all der Aufkleber ist lange schwierig, weil es dafür keine Dienstvorschriften gibt.
Anschaffung gemeinschaftlich finanziert
Schließlich ist das auf den Namen „Metropolregion 1“ getaufte, bei einer Werft in Neckarsteinach gebaute Boot ein Novum, eine in dieser Form – bis heute – bundesweit einzigartige Kooperation. Von den Kosten von 2,5 Millionen Euro übernehmen das Land Baden-Württemberg 750.000 Euro, das Land Rheinland-Pfalz 500.000 Euro, die BASF 800.000 Euro und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz 100.000 Euro. Die Stadt Mannheim zahlt 350.000 Euro, übernimmt die jährlichen Betriebskosten und stellt die Besatzung. Zuständig ist es offiziell von Rhein-Kilometer 382 (Rußheim) bis Kilometer 452 (Rheindürkheim), aber mit Lotse auch erweiterbar.
Etwa 60 Mal im Jahr wird die „Metropolregion 1“ alarmiert. „Von der Menschenrettung bis zum Industriebrand“, zählt Thomas Näther auf. Ob der Lagerhallenbrand auf der Parkinsel 2013 oder die große BASF-Explosion 2016 - immer wieder rückt das im Mühlauhafen stationierte Löschboot auch nach Ludwigshafen aus. Tobt ein Großfeuer an Land, hilft das Boot als schwimmende Pumpe, bis zu 15 000 Liter Wasser in der Minute aus Rhein oder Neckar zu holen. Bei jedem Notruf „Person im Rhein“ dient „Florian 01/78-01“, so der Funkrufname, als Plattform für Strömungsretter und Feuerwehrtaucher beider Städte. Es habe sich „enorm bewährt“, so Näther über das Löschboot.
Vom Kran über den Teleskopmast bis zu den Höhenrettern
Die regionale Zusammenarbeit geht aber längst weiter. Der Mannheimer Feuerwehrkran wird im Notfall auch über den Rhein beordert – dafür beteiligt sich Ludwigshafen an den Unterhaltskosten und hat auch einen Zuschuss bei der Anschaffung geleistet. Wenn er ausfällt, hilft das THW Ludwigshafen mit seinem Kran, denn die Besatzungen üben ohnehin gemeinsam. Umgekehrt hat 2024 Mannheim 250.000 Euro in die Chemiestadt überwiesen, als Ludwigshafen eine Hubrettungsbühne anschaffte – das ist ein Teleskopgelenkmast mit einem Arbeitskorb an der Spitze für Menschenrettung und Löscharbeiten, bis zu 60 Meter ausfahrbar und damit doppelt so lang wie eine Drehleiter. Schon mehrfach hat auch die Ludwigshafener Feuerwehr ihren großen Einsatzleitwagen (ELW 2) nach Mannheim gefahren – weil es bei dem von Mannheim bestellten Fahrzeug Lieferschwierigkeiten gab, der alte von 1979 aber völlig veraltet und seit 2022 ausrangiert ist.
„Die Kooperation ist schon sehr eng“, sagt Näther, und sie reicht weit über Fahrzeuge und Technik hinaus. So haben bei Großeinsätzen schon Mannheimer Führungskräfte den Ludwigshafener Stab verstärkt, gerade jüngst beim Schrottplatzbrand zwei Staffeln aus Mannheim in Ludwigshafen gelöscht, während beim großen Containerunfall im Hafen im Sommer 2022 nicht nur Ludwigshafener Einsatzkräfte nach Mannheim kamen. „Das war ja so heftig, da kamen auch Kollegen aus Heidelberg, Schwetzingen und viele mehr, um uns abzulösen“, so Näther.
Umgekehrt ist klar, dass stets bei den Höhenrettern der Quadratestadt der Alarmpiepser losgeht, wenn ein Gleitschirmflieger irgendwo im Wald an einem hohen Baum hängenbleibt oder jemand in einem Steinbruch im Odenwald verunglückt. Insgesamt 180 Mal im Jahr sind diese Spezialisten gefragt.
Die nächste Kooperation ist gerade erst im Juli in Brühl beschlossen worden. Da hat der Gemeinderat eine jährliche Pauschale bewilligt, damit im Notfall die Drehleiter von der Wache Süd in Mannheim-Rheinau nach Brühl ausrückt, weil die Brühler Feuerwehr nur tragbare Leitern hat.
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