Speyer. Am 1. Juli sind fünf Jahre vergangen, seit Helmut Kohl, der gewichtige Altkanzler aus Ludwigshafen, in Speyer das letzte Geleit bekommen hat. Sein Grab liegt im Adenauer-Park nahe dem Kirchturm von St. Bernhard - einem Gotteshaus, das für die Aussöhnung mit dem benachbarten Frankreich steht. Bill Clinton reiste seinerzeit zur Beisetzung aus den USA an. Der frühere amerikanische Präsident betonte bei diesem Anlass seine tiefe Verbundenheit mit dem Kanzler der Einheit.
An diesem Sonntag, 3. April, würde der 1930 geborene Helmut Kohl 92 Jahre alt. Und käme Bill Clinton zu diesem Anlass erneut in die Domstadt, dann würde er die letzte Ruhestätte seines politischen Freundes in einem nach wie vor unvollendeten Zustand vorfinden. Was am Grab eines amerikanischen Präsidenten undenkbar wäre, ist in Speyer sichtbarer Alltag. Zwar gibt es nun schon länger eine Einfassung aus Buntsandstein, das Holzkreuz indessen ist immer noch dasselbe, das im Jahr 2017 an den Kopf der Grabstätte gesetzt wurde. Das ist auch der Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) nicht verborgen geblieben. Und so hat sie sich vor einigen Tagen schriftlich an Maike Kohl-Richter gewandt und von Frau zu Frau die Bitte formuliert, „zeitnah den finalen Grabzustand herzustellen“. Bestätigt hat dies eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage dieser Redaktion.
Oberbürgermeisterin lädt ein
Doch nicht nur das: Seiler möchte auch, dass der Zaun, der aus Angst vor Vandalismus um das Grab herum aufgestellt wurde, beseitigt wird. Und sie hält die Videokamera, die auf die Ruhestätte gerichtet ist, inzwischen für verzichtbar. Dieser Wunsch der Witwe sei in der Zeit nach der Beisetzung nachvollziehbar gewesen, nun sei es aber an der Zeit, die Provisorien zurückzubauen. Im nächsten Schritt werde die Oberbürgermeisterin Seiler Frau Kohl-Richter nun zu einem persönlichen Gespräch einladen und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, kündigt die Pressestelle an. Bis dato funktioniert die Kommunikation zwischen Kohl-Richter und Seiler indessen noch suboptimal.
Wer die eigenwillige Witwe des Altkanzlers erreichen möchte, muss ohnehin Geduld haben. Bisher meldete sie sich auf Anfragen des „Mannheimer Morgen“ nur ganz selten zurück - je nachdem, um welches Thema es ging. Kohl-Richter selbst bleibt einigermaßen wortkarg und lässt sich nicht in die Karten schauen. Ihr Freiburger Rechtsanwalt Stefan Wieser antwortet stattdessen auf die relevanten Fragen. Er schreibt: „Mit der Gestaltung des Grabes vollzieht Frau Dr. Kohl-Richter den letzten Willen ihres Mannes, Dr. Helmut Kohl. Bisher hat die Stadt darauf Rücksicht genommen und dem zugestimmt. Jetzt gibt es hierzu offenbar Gesprächsbedarf seitens der Stadt.“ Frau Kohl-Richter habe bereits Anfang vergangener Woche telefonisch den Kontakt zur Frau Oberbürgermeisterin der Stadt Speyer gesucht. Ein Rückruf sei bisher nicht erfolgt.
Die Söhne Helmut Kohls sind weiter nicht involviert in das Geschehen rund um das Grab ihres Vaters. Walter Kohl sagte auf Anfrage am Freitag: „Fast fünf Jahre nach dem Tod unseres Vaters gleicht das Grab in Speyer weiterhin einem Provisorium, ein trauriger Zustand. Dies ist nicht im Interesse unseres Vaters und beschädigt sein Vermächtnis. Leider sind uns die Hände gebunden, da die Verantwortung für das Grab bei Maike liegt. Wir danken der Speyerer Oberbürgermeisterin, dass nun der schändliche Zaun, die Videoüberwachung und die Verbotsschilder am Grab entfernt werden. Es ist absurd, das Grab eines Mannes, der Mauern einzureißen half und Menschen friedlich zusammenführte, so abzusperren.“
Denkmal-Enthüllung ohne Witwe
Weder die Söhne noch Maike Kohl-Richter werden dabei sein, wenn die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer am Sonntag um 11.30 Uhr rechts neben dem Dom ihren Gründungsvorsitzenden mit der Enthüllung einer Bronzebüste ehrt, die der Speyerer Bildhauer Wolf Spitzer gefertigt hat. Die Bronzebüste ruht auf einem Sockel aus rotem Pfälzer Sandstein mit den aus Bronze gegossenen Schriftbändern „Kanzler der Einheit“ und „Ehrenbürger Europas“. Auf einer Plakette steht die Widmung: „Zum Andenken an Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, Freund und Förderer des Doms“.
Maike Kohl-Richter sagte mit der Begründung ab, dass sie für den Geburtstag ihres Mannes andere Pläne habe. Seine Söhne wurden nicht eingeladen, wie Walter Kohl sagte.
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