Gedenken - Wegen Kontaktbeschränkungen kommen nur wenige Menschen zum 90. Geburtstag Helmut Kohls in den Adenauerpark

Seit drei Jahren ohne Grabstein

Von 
Stephan Alfter
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Speyer. „In Liebe, Deine Maike“ – diese Worte hat die Witwe des früheren Bundeskanzlers (1982-1998) Helmut Kohl ihrem Mann geschrieben. Ein riesiger Strauß mit roten Rosen steht vor dem Grab. Am Freitag wäre der Ludwigshafener 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass hat Maike Kohl-Richter schon am frühen Morgen die Grabstätte im Speyerer Adenauerpark besucht. Dort, im Schatten der Pfarrkirche St. Bernhard, ist der Altkanzler, dessen Lebenswerk durch die deutsche Einheit im Jahr 1990 gekrönt wurde, im Juli 2017 beerdigt worden. Die Namen der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak stehen auf einem der drei großen Kränze, die auf dem eingezäunten Areal drapiert sind. Auch die Stadt Speyer hat ein großes Blumengesteck ans Grab bringen lassen.

An Kohls 90. Geburtstag sind wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen nicht viele Leute im Park unterwegs – nicht mal Security-Kräfte, die einen denkbaren Auflauf mehrerer Menschen verhindern könnten. Drei Fotografen, die für unterschiedliche Zeitungen und Internetportale arbeiten, harren vor der Begräbnisstätte aus. Immerhin – so das Gerücht – soll Kohl-Richter im Tagesverlauf noch mal zum Grab kommen. Dass sie dann auf aktuelle Fragen zum Umgang mit dem Erbe ihres verstorbenen Mannes antworten würde, ist allerdings nicht zu erwarten.

Corona-Krise auch hier Thema

Bis vorigen Sommer hatte es Diskussionen und Debatten um die Gestaltung des Grabes gegeben. Inzwischen umfängt Buntsandstein aus der Pfalz das eigentliche Grab, aber auch drei Jahre nach dem Tod von Helmut Kohl gibt es keinen repräsentativen Stein, der Näheres zum Kanzler der Einheit erläutert. Nach wie vor sind Geburts- und Sterbedatum des Oggersheimers lediglich auf einem recht schlichten Holzkreuz zu lesen.

Um Glockenschlag 11 Uhr kommen der frühere rheinland-pfälzische und thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (87) sowie der CDU-Kreisverbandsvorsitzende Michael Wagner gemeinsam durch das Eingangsportal des Adenauerparks. Beide halten kurz inne am Grab, achten dabei genau auf den gebührenden Abstand zueinander. Bernhard Vogel steht auf einen Stock gestützt einige Minuten still.

Er und Helmut Kohl lernten sich 1956 an der Universität in Heidelberg kennen. Gerade Kohl gilt damals bereits als junger Wilder in der CDU. Beide schlagen in der Folgezeit so manche Schlacht zusammen. Vogel folgt Kohl 1976 als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz nach. Die Abende im Weinkeller der Mainzer Staatskanzlei gelten in der Rückschau auf das Leben Kohls als legendär. Ob Vogel daran zurückdenkt?

An diesem Freitagmorgen erinnert der in Speyer lebende 87-Jährige, dessen Stimme in der CDU noch immer etwas gilt, in wenigen Sätzen an die Verdienste des Kanzlers Kohl um den Frieden in Deutschland und Europa. Kein Wort fällt zu den Uneinigkeiten, die es noch immer um dessen Erbe gibt und die mit seinem 90. Geburtstag natürlich wieder zum öffentlichen Thema werden.

Kommt eine Kohl-Stiftung?

Bereits am Donnerstag hatte Vogel auf Medienanfragen geantwortet, „dass es eine öffentliche Stiftung auch für Helmut Kohl geben muss.“ Ziel müsse es sein, Maike Kohl-Richter einzubeziehen. Ausgehen müsse ein solches Vorhaben aber vom Bundestag, so Vogel. Das Problem: Kohl-Richter macht sich in der Öffentlichkeit rar, antwortet nur sehr selten auf Medienanfragen. An ihrem Verhalten gibt es vielerorts Kritik. Noch immer prozessiert sie zudem gegen den Kohl-Biograf Heribert Schwan. Ein Gerichtstermin wurde wegen der Corona-Krise am 19. März verschoben. Sie wolle sich Zeit nehmen lassen, hatte sie im Jahr 2018 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt. Zumindest bis 14 Uhr taucht sie nicht mehr am Grab auf, das nach wie vor mit Kamera versehen ist. Eine Frau stellt eine Kerze ab. Dann ist Ruhe.

Info: Video unter www.morgenweb.de/region

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Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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