Speyer/Herxheim am Berg. Die Evangelische Kirche der Pfalz beschäftigt sich mit ihrer Vergangenheit und möchte zukünftig verantwortungsvoller mit geschichtlichen Relikten in kirchlichen Räumen umgehen. Auf der heute beginnenden Landessynode (digital) gibt es dazu einen Gesetzentwurf, der feststellt, dass die Darstellung von „judenfeindlichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut mit den Glaubensgrundlagen der Landeskirche unvereinbar ist“.
Fast vier Jahre sind vergangen, seitdem die sogenannte Hitlerglocke aus Herxheim am Berg (Kreis Bad Dürkheim) weltweite Berühmtheit erlangt hat. Sogar die „New York Times“ berichtete. Abhängen oder im Turm lassen? Läuten oder stilllegen? Diese Fragen brachten viele Debatten und letztlich einige Zerwürfnisse mit sich. Diejenigen in dem 800-Einwohner-Ort, die dafür sind, das Objekt mit dem Hakenkreuz und der Inschrift „Alles fürs Vaterland – Adolf Hitler“ im Turm zu belassen, gelten seither als rückwärtsgewandt. Jene, die das schwere Bronze-Teil lieber in einem Museum sähen, werden als Hypermoralisten verunglimpft und im Lager einer Empörungsgesellschaft verortet.
Frieden nicht in Sicht
Spätestens als im Herbst 2017 das ARD-Magazin Kontraste über die seit 1934 hängende Glocke berichtete und eine Herxheimerin in die Kamera einer Journalistin kreischte, dass man die arme Glocke doch gefälligst in Ruhe lassen solle, galt Herxheim am Berg als Nazi-Kaff.
Erst im Jahr 2019 ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Eine Tafel wurde inzwischen vor der Kirche platziert, die vermitteln soll, was es mit der unsichtbaren Glocke, die der Ortsgemeinde und nicht der Kirche gehört, auf sich hat. Geläutet wird sie nach einem Beschluss des Presbyteriums nicht mehr. Die Landeskirche hielt sich indessen in dem gesamten Prozess stets vornehm zurück und positionierte sich in Person des ausgeschiedenen Kirchenpräsidenten Christian Schad erst zu einem Zeitpunkt für ein Abhängen, da eine Entscheidung für den Verbleib längst gefallen war.
Frieden herrscht bis heute nicht. Eine Bürgerinitiative um Ulrich Loschky (Elmstein) hat jüngst eine Petition bei change.org im Internet gestartet, die inzwischen von 5000 Menschen unterschrieben wurde. Ziel: das Abhängen der Hitlerglocke in Herxheim am Berg. Aus Loschkys Sicht hätte sich die Kirchenregierung in Speyer viel früher und deutlicher gegen die Glocke mit dem Hakenkreuz stellen und „Durchregieren“ müssen.
Der nun zu beschließende Gesetzentwurf sehe jedoch keinen Automatismus für das Abhängen der Hitlerglocke vor, heißt es aus der Pressestelle der Landeskirche. Er beschreibe eher den Vorsatz, sich grundsätzlicher mit den Relikten auseinandersetzen zu wollen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Herxheimer Hitlerglocke - ein Fall fürs Museum