Die Zeiten von „Liliputaner-Zirkus“ und „Delphinshow“ liegen im 1971 eröffneten Haßlocher Holidaypark glücklicherweise schon länger zurück. Wer würde es moralisch noch vertreten wollen, dass kleinwüchsige Menschen in einer Art Dorf in einem Erlebnispark wohnen und jeden Tag in ihren privaten Wohnwägen begafft werden? Das gab es in der Pfalz bis 1996. Als letztes Überbleibsel aus dieser Zeit erwischte es am 13. März 2020 auch die legendäre „Wasserski-Show“, die seit 1983 fester Bestandteil des Programms am 30 000 Quadratmeter großen Holidaypark-See war. Dass die Neuausrichtung durch die belgische Plopsa-Gruppe, die den Freizeitpark seit 2010 betreibt, funktioniert, beweist die Tatsache, dass im Jahr 2022 ein Besucherrekord gebrochen wurde. Nachholeffekte wurden hier offensichtlich. Mit einem Umsatz von 22 Millionen Euro trug der Holidaypark nach Auskunft der Geschäftsleitung ein Sechstel des Umsatzes des Gesamtunternehmens mit seinen acht Parks bei.
Bernd Beitz, Verwaltungsdirektor, sieht nicht unzufrieden aus, wenn er auf die Post-Corona-Entwicklung blickt. Rund 800 000 Besucher strömten nach seinen Worten nach der Pandemie auf das inzwischen weit mehr als 400 000 Quadratmeter große Gelände. Zum Vergleich: Nicht mal die Hälfte der Besucher, nämlich 370 000, waren es im Jahr 2020 im Corona-Loch. Beitz bricht eine Lanze für die damalige Bundesregierung. In anderen Ländern seien die Freizeitparks der Plopsa-Gruppe weniger gut durch die Corona-Zeit gekommen. Hilfen musste der Holidaypark bisher nicht zurückzahlen.
Das plant Plopsa
- Hinter Plopsa steht das flämische Entertainment-Unternehmen Studio 100, das Kinderfernsehserien produziert. Plopsa betreibt neben Holidaypark sieben weitere Freizeitparks in Polen, Belgien, Niederlanden und Deutschland.
- Ab 2024 will der Holidaypark mit der Themenfahrt zur TV-Serie „Die Schlümpfe“ eine neue Attraktion anbieten.
- 2025 ziehen der neue Themenbereich Tomorrowland sowie eine neue Achterbahn in den Park ein. Der Holiday Park plant zudem die Eröffnung eines Hotels im Biene-Maja-Stil und eines eigenen Wasserparks.
Wasserski-Show schnell beendet
Die Attraktionen haben sich verändert, seit die ursprüngliche Betreiberfamilie Schneider den Holidaypark an Plopsa verkauft hat. Etwas wehmütig erinnert sich der Chef etwa an jenen Tag zurück, an dem die fast 40 Jahre alte Wasserski-Show sterben musste. Am 13. März 2020 entschied man sich spontan, die Artisten mit Anhang zurück nach Hause Richtung USA und Kanada zu schicken. Es war sozusagen der Vorabend der großen Lockdowns. Die Show kehrte nie wieder zurück. Innerhalb von fünf Minuten sei also – im Nachhinein gesehen – das Ende besiegelt gewesen.
Handel ist Wandel heißt eine Binsenweisheit und der Holidaypark erfindet sich weiter neu. Heute regieren Märchen-Popstars wie Wickie, Pippi Langstrumpf, Biene Maja, Tabaluga und Heidi unterhalb der Geforce-Achterbahn. Papagei Holly, der früher das Parkmaskottchen war, ist von der Bildfläche quasi verschwunden. Intensiv bemüht sich Plopsa um die branchentypischen Erweiterungen. Wie im vergangenen Jahr berichtet, soll innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre für rund 40 Millionen Euro ein Hotel mit 350 Betten entstehen, um das Zweitages-Erlebnis im Park perfekt zu machen und ihn für überregionale Besucher attraktiver zu machen. Das zweite große Vorhaben nähert sich einer ersten Ziellinie.
Fragen zu „Liliputaner-Zirkus“
Seit mehr als zehn Jahren diskutiert man in Haßloch, das mit seinen 20 000 Einwohnern früher mal als größtes Dorf Deutschlands galt, über eine Kooperation zwischen Gemeinde und Holidaypark bei der Schaffung eines Schwimm-Erlebnis-Parks. Der kommunale Badepark ist in die Jahre gekommen und Plopsa bringt schon Erfahrung bei solchen Investitionen mit. Einigen konnte man sich trotz Bürgerbefragungen et cetera nie, aber nun sieht es so aus, als könnte das Projekt konkret werden.
Dabei bezahlt die Gemeinde den Park dafür, dass er bei der Realisierung neben dem Spaßbad auch klassische Schwimmbecken mitdenkt. Beitz ist optimistisch, dass das 22,5-MillionenEuro-Projekt Ende 2026 gestemmt ist – allerdings nicht am Standort des Holidayparks, sondern am jetzigen Standort des Badeparks. Beitz sieht darin keinen Nachteil: „Der Europapark hat seine Wasserwelt auch nicht direkt nebenan“, sagt er.
Mit Wasser hat der Holidaypark allerspätestens seit dieser Saison Erfahrung. Neu ist der Super Wings Wasserspielplatz – der größte seiner Art in Rheinland-Pfalz. 3,5 Millionen Euro hat Plopsa dafür ausgegeben. Alles in allem summieren sich die Investitionen der kommenden drei Jahre, die auch die neue Themenwelt „Tomorrowland“ mit einer neuen Achterbahn beinhalten, auf bis zu 80 Millionen Euro, wie Beitz sagt. Der Mosbacher, der mit seiner Familie alsbald nach Haßloch ziehen will, ist bereits seit 2002 im Park beschäftigt – schon unter der früheren Betreiberfamilie Schneider, die man gerne fragen würde, wie sie den „Liliputaner-Zirkus“ aus heutiger Sicht einordnet. Eine Kontaktaufnahme fällt aber schwer, und kleinwüchsige Bewohner von damals wollen auf Anfrage dieser Redaktion über die Zeit nicht sprechen. Es sei nicht alles schlecht gewesen, heißt es nur.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-hasslocher-holidaypark-verzeichnet-rekordbesuch-und-bastelt-am-wasserpark-_arid,2083006.html