Rhein-Neckar

Geothermie auch in der Vorderpfalz

Unternehmen Vulcan sucht heiße Quellen zwischen Ludwigshafen und Neustadt. 83 Schadensmeldungen aus dem Bereich Mannheim

Von 
Bernhard Zinke
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Mit solchen Vibro-Trucks wird Vulcan gegen Ende des Jahres auch großflächig in der Vorderpfalz unterwegs sein. © Adrian Müller

Die Suche nach den heißen Quellen im Untergrund der Metropolregion geht weiter. Das Karlsruher Unternehmen Vulcan Energie, das Anfang des Jahres bereits im Mannheimer Norden und in den östlichen Nachbarkommunen im Rhein-Neckar-Kreis sowie in Viernheim tiefengeologische Untersuchungen via 3D-Seismik durchgeführt hat, wird im Herbst nun auch in der Pfalz den Untergrund erforschen. Dies hat die Firma am Donnerstag bekannt gegeben. Auch die Stadtwerke Speyer und Schifferstadt planen ein Geothermie-Kraftwerk. Und wie mehrfach berichtet, will Geohardt, ein Joint Venture der Energieversorger MVV (Mannheim) und EnBW (Karlsruhe) drei Geothermiekraftwerke südlich von Mannheim errichten. Damit sind aktuell drei Unternehmen in der Region intensiv auf der Suche nach geeigneten Standorten.

Die Vulcan Energie Ressourcen GmbH wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres mit Spezialfahrzeugen in 38 Städten und Gemeinden der Vorderpfalz unterwegs sein. Das Gebiet umfasst nach Angaben des Unternehmens eine Fläche von 416 Quadratkilometern. Gesucht wird in Ludwigshafen und Frankenthal genauso wie in der gesamten Vorderpfalz. Das Gebiet reicht bis nach Neustadt im Osten und Edenkoben im Süden.

Darüber hinaus würden ergänzende Messungen in Teilen der Stadt Mannheim durchgeführt, informiert Vulcan. Das Unternehmen hatte bereits im Januar und Februar die nördlichen Stadtteile von Mannheim mit sogenannten Vibro-Trucks befahren und Schallwellen in den Boden geschickt, deren Reflexionen von flächendeckend ausgelegten Erdmikrofonen aufgenommen worden waren. Anhand dieser Daten können sich die Experten ein Bild des geophysikalischen Untergrundes machen und günstige Stellen für geothermische Bohrungen finden.

Auf Anfrage teilte Vulcan mit, dass aus dem rund 120 Quadratkilometer großen Aufsuchungsgebiet im Bereich Mannheim nach der 3D-Seismik zu Beginn des Jahres bislang 83 Schadensmeldungen eingegangen seien. Bei dieser Zahl handle es sich allerdings nicht um die Zahl der tatsächlich durch Vulcan verursachten Schäden, sondern nur um Meldungen, wonach Bürgerinnen und Bürger mutmaßen, dass Risse oder ähnliche Schäden durch die 3D-Seismik entstanden sein könnten. Bei Geohardt waren 127 Schadensmeldungen eingegangen. Davon waren rund 20 Prozent der Fälle aussortiert worden, weil die Schäden zum Teil in Straßen lagen, die gar nicht befahren worden oder Schäden gemeldet wurden, bevor die Fahrzeuge vor Ort waren.

Auch Vulcan schaut sich nun die Schadensfälle genau an und wird die Fälle aussortieren, die unmöglich in einem Zusammenhang mit der 3D-Seismik stehen können. Alle anderen Schäden würden vor Ort begutachtet. „Schäden, die durch die 3D-Seismik der Vulcan verursacht worden sind, werden schnell und unbürokratisch behoben“, teilt das Unternehmen mit.

Aktuell wertet auch Vulcan die Daten der 3D-Seismik aus. Vermutlich im Herbst werde man eine erste detaillierte Interpretation der Daten vorliegen haben. Daraus könne ein geologisches Modell des Untergrundes erstellt werden. Gemäß diesem Modell lasse sich abschätzen, welche potenziellen Standorte für ein Geothermieprojekt in Frage kommen. Neben den geologischen Strukturen seien allerdings weitere Faktoren wichtig, um ein Kraftwerk zu errichten. Entscheidend sei auch, wie beispielsweise die Infrastruktur um einen möglichen Standort aussieht, ob es Abnehmer für die erneuerbaren Energien und ob es Zufahrtswege zum Projektstandort gebe.

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Vulcan hat zwei Ziele für seine Geothermieprojekte. Zum einen hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits einen Abnahmevertrag mit der MVV geschlossen. Der Mannheimer Energieversorger betreibt das Fernwärmenetz in der Region, das noch kräftig ausgebaut werden soll. Außerdem sucht die MVV Ersatz für das Grosskraftwerk, das ab 2030 keine Fernwärme mehr aus Kohle produzieren wird.

Zum anderen entwickelt Vulcan ein CO2-neutrales Verfahren, um Lithium zu gewinnen, das im Tiefenthermalwasser des Oberrheingrabens gelöst ist. Laut Experten ist dies eines der größten europäischen Lithium-Vorkommen. Der Haken daran: Es gibt noch kein großtechnisches Verfahren zur Extraktion des Lithiums. Daran arbeitet Vulcan aktuell unter Hochdruck. Finanzielle Unterstützung bekommt die Firma von mehreren Unternehmen, darunter von Automobilkonzernen wie VW und Stellantis (Opel, Fiat, Citroen, Peugeot). Es gibt sogar schon Abnahmeverträge für das Lithium.

Ein weiterer Akteur in Sachen Geothermie sind die Stadtwerke in Speyer und Schifferstadt, die gemeinsam ebenfalls ein Kraftwerk aufbauen wollen. Erkundet wird ein Gebiet mit einer Fläche von 150 Quadratkilometern, das sich etwa von Neuhofen bis Speyer und von Böhl-Iggelheim bis zum Rhein erstreckt. Die beiden Stadtwerke werden indessen keine Vibro-Trucks in das Gebiet schicken, sondern bereits vorhandene Daten aus früheren Erkundungen nach Gas- und Erdölvorkommen nutzen.

Ein geologisches Modell dieses Gebiets soll bis Ende des Jahres vorliegen. Bis Mitte 2024 soll feststehen, wo sich Bohrungen lohnen könnten. Ab 2025 wollen die Stadtwerke mit den Bohrungen beginnen. Die Geothermie soll auch hier in bestehende und künftige Fernwärmenetze eingespeist werden. Außerdem wollen die Betreiber in den Sommermonaten, wo weniger Wärme nachgefragt wird, auch Strom erzeugen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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