Gewerbe

Friseur aus der Pfalz „bestraft“ unentschuldigtes Fehlen

Ulrich Ullmayer, Friseur in Landau, will Schadenersatz von säumigen Klienten verlangen. So reagiert seine Kundschaft auf seine Ankündigung bei Facebook.

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Stephan Alfter
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„Der Frisör“ - so heißt das Geschäft von Ulrich Ullmayer. Er behält sich vor, nicht abgesagte Termine in Rechnung zu stellen. © Melanie Gensheimer

Rhein-Neckar. Haare noch dran, aber das Geld schon weg. Wer beim Friseur nicht erscheint, soll bezahlen. Für die sogenannte No-Show hat Ullrich Ullmayer, ein gut besuchter Landauer Hairstylist, zuletzt zweimal eine „Strafgebühr“ von 20 Euro verlangt. Ob es dafür eine rechtlich verbriefte Grundlage gibt, das weiß er nach eigenen Worten gar nicht so genau. Was er aber weiß: Das Nicht-Erscheinen bei ausgemachten Terminen kostet ihn nicht wenig Geld. Er hat es für den Monat August sogar mal summiert. Auf 87 Stunden kam er - 87 Stunden, in denen er oder eine(r) seiner rund ein Dutzend Angestellten eigentlich gebucht waren und in denen andere Kunden hätten bedient werden können.

Kundin sagt Pfälzer Friseur ab, weil die Tochter eingeschlafen ist

Konkret auf den Geist ging ihm vor wenigen Wochen der Anruf einer Kundin, die einen Termin um kurz nach 15 Uhr mit der Begründung absagte, dass ihre Tochter jetzt eingeschlafen sei. Und das alles in einer Phase, in der er ihr spontan, trotz einiger Krankheitsfälle in seinem Geschäft, noch einen Termin freigeräumt hatte. Auf Facebook reagierte er: „Uns ist bewusst, dass niemand gerne seinen Termin vergisst, kurzfristig krank wird, das Auto nicht anspringt, im Geschäft nicht wegkommt und so weiter. Da kann meistens niemand etwas dafür. Wir aber auch nicht.“ Er sehe sich, so Ullmayer weiter, aufgrund des Verdienstausfalls gezwungen, nicht wahrgenommene Termine in Rechnung zu stellen. Wer nicht mindestens zwei Stunden vorher absage, müsse damit rechnen, 20 Euro pro 30 Minuten geplante Arbeitszeit zu bezahlen. „Uns ist bewusst, dass wir dann einige Kunden sehr verärgern, aber damit müssen wir leider leben“, schloss er. Klare Ansage.

Immer mehr männliche Friseure

Die Bundesagentur für Arbeit zählte Ende des Jahres 2024 149.833 Beschäftigte im deutschen Friseurgewerbe. Damit lag die Beschäftigtenzahl im Dezember 2024 exakt 19,6 Prozent unter der Anzahl vor zehn Jahren und bedeutet einen Rückgang von 17,1 Prozent im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019.

Ende 2024 waren 34.792 Männer im Berufsfeld Friseur beschäftigt. Zu 2014 ist das ein Anstieg von 143 Prozent. Lag der Anteil männlicher Friseure 2014 noch bei 7,7 Prozent, lag dieser 2024 bereits bei 23,2 Prozent.

Neben dem starken Anstieg an Männern im Friseurhandwerk ist der steigende Männeranteil auch dem überproportional hohen Rückgang weiblicher Friseure geschuldet. So gab es Ende 2024 33 Prozent weniger Frauen als noch vor zehn Jahren, als der Anteil von Friseurinnen noch bei 92 Prozent lag. sal

Tatsächlich gibt es eine steigende Anzahl von Friseursalons, die in ihren AGBs auf ihren Internetseiten darauf hinweisen. Inhaltlich sind Friseurtermine verbindliche Vereinbarungen. Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass es sich hier um eine Art Schadensersatz handelt. Grundsätzlich gelte: Ausfallhonorare können rechtlich zulässig sein, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn Stornokosten oder Ausfallhonorare bei der Terminbuchung vereinbart sind, dürften diese erst einmal verlangt werden. Bei der Terminbuchung muss aber auf die Stornierungsbedingungen und damit auf eventuell anfallende Kosten in den AGB ausdrücklich hingewiesen werden.

Ist eine Schadenersatzforderung überhaupt umsetzbar?

Ullmayer hat sich inzwischen wieder etwas abgeregt und sagt gegenüber dieser Redaktion: „Eigentlich wollte ich nur sensibilisieren und auf unsere Situation aufmerksam machen.“ Ohnehin hält er seine Ankündigung in den meisten Fällen für schwer umsetzbar, denn er habe ja in der Vielzahl der Fälle lediglich den Namen der Person und die Telefonnummer. Zwei Stammkunden, die jüngst kurzfristig abgesagt haben, will er jetzt aber abkassieren. Diese hätten auch Verständnis geäußert und würden die 20 Euro beim nächsten Besuch mitbezahlen.

Seine Kunden geben ihm oft recht. Zumindest im sozialen Netzwerk von Facebook. „Super, geht nicht anders. (…) Es muss ein Umdenken von Kunden und Patienten erreicht werden“, schreibt ein Kommentator. „Das war längst fällig“, schreibt eine Kundin. Eine Frau kommentiert: „Vollkommen richtig! Eure Zeit ist wertvoll.“

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Insgesamt hat sich das Friseurhandwerk in den vergangenen Jahren etwas gewandelt. Die Zahl der Friseurbetriebe ist nach Branchenangaben seit einigen Jahren leicht rückläufig, wobei die Gesamtzahl der Beschäftigten stärker abgenommen habe und der Trend zu kleineren Salons und mobilen Friseuren gehe. Ein Fachkräftemangel hat auch hier spätestens nach der Corona-Pandemie deutlich Einzug gehalten. Im Geschäft von Ulrich Ullmayer herrscht eine hohe Schlagzahl. Er bediene 60 bis 70 Kunden pro Tag, sagt er. Wer nicht erscheint, hält also den Betrieb auf. Während Corona habe es eine hohe Wertschätzung für das Handwerk gegeben. Diese Zeit sei vorbei und die No-Shows hätten sich gehäuft.

Obermeister der Friseurinnung spricht von „vollmundigen Reden“

Constanze Quintel-Weller betreibt ihr Friseurgeschäft in Ladenburg. Sie fängt Absagen nach eigenen Angaben mit einer Rückrufliste beziehungsweise einer Liste von Nachrückern auf. Sie bedient fast ausschließlich Stammkunden. Der Kreis umfasst mehrere Hundert Menschen. Mehr als die geringere Zahl von Absagen belastet sie die unbefriedigende Personalsituation. Unter dem Slogan „Haare suchen Hände“ wirbt sie auf ihrer Webseite um Hilfe. „Vollzeit, Teilzeit und unbefristet“, heißt es da.

Noch länger als Constanze Quintel-Weller ist Reinhard Schneider im Geschäft. Schneider ist 73 und arbeitet immer noch zwei Tage pro Woche im Salon. Gleichzeitig fungiert er seit mehr als 25 Jahren als Obermeister der Friseur-Innung Südpfalz. Die Diskussion um Schadenersatz bei Nichtwahrnehmung eines Termins gebe es schon länger als zehn Jahre. Seine Empfehlung lautet anders: Er plädiert für eine Anzahlung bei großen „Behandlungen“, wie er sagt. Haarverlängerung, Strähnen, Dauerwelle. Aufträge für Frisuren, die Stunden in Anspruch nehmen, sichert er auf diese Weise ab. Wer eine Anzahlung geleistet habe, sei zuverlässiger. Das ist die Hoffnung hinter diesem Prinzip. Verstehen kann er den Wunsch nach Schadenersatz bei No-Shows, „aber in den meisten Fällen bringt es nichts“. Sogar von „vollmundigen Reden“ spricht er angesichts von Ankündigungen wie jener von Ulrich Ullmayer. Welches Prinzip sich am Ende durchsetzt, wird man sehen. Auch Ärzte weisen inzwischen regelmäßig auf Schadenersatzzahlungen für No-Shows hin.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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