Mannheim. Es ist kurz vor zwölf. Vor dem Eingang eines unscheinbaren Gebäudes auf der Rheinau warten zwei Männer mittleren Alters aufgeregt euphorisch. „Sind wir zu früh“, fragt einer lachend den anderen – in diesem Moment schwingt die Tür zu den Räumlichkeiten des Cannabis Social Clubs (CSC) Grüne Liebe Rhein-Neckar auf.
„Hallo zusammen.“ Ein Mitglied des Vereins begrüßt die beiden Männer. Nach einer Ausweiskontrolle und dem Bestätigen der Mitgliedschaft geht es für sie ins Innere des Gebäudes. Auf einer Bierzeltgarnitur sitzend, mit Blick in seinen Laptop gerichtet, wartet dort bereits der sichtlich glückliche Vereinsvorsitzende Matthias Caroli auf seine erste Kundschaft.
Vor etwa einem Jahr erhielt sein Verein als eine der ersten Anbauvereinigungen Baden-Württembergs die Genehmigung zum gemeinschaftlichen, nicht gewinnorientierten Anbau von Cannabis. Da die Bewilligung des Bauamtes aber auf sich warten ließ, durfte Carolis Verein tatsächlich erst Mitte Juli diesen Jahres mit dem Pflanzen beginnen.
Um kurz nach zwölf ist es so weit: Beim Mannheimer CSC Grüne Liebe geht das erste Cannabis über die Theke
Seitdem wachsen in den Räumlichkeiten in Mannheim-Rheinau verteilt auf drei Pflanztische knapp 350 Cannabispflanzen, die dann in den letzten Wochen geerntet, getrocknet und für die Ausgabe an die Mitglieder vorbereitet wurden. Die Vereinsmitglieder konnten über die Verwaltungsapp des Vereins ihre gewünschten Sorten und Mengen reservieren – und an diesem grauen Mittwoch im Oktober endlich abholen.
Caroli nimmt die Bestellungen des ersten Kunden persönlich entgegen. Der Ausgaberaum ist fast festlich geschmückt. Überall sind bunte Luftballons, weiße Kittel hängen dekorativ an der einen Wand, an der anderen zeugt eine Diashow von der vielen Arbeit, die die Mitglieder des Vereins in den Anbau und die Renovierung der Räumlichkeiten gesteckt haben. Das bereits fertig abgepackte Cannabis steht ordentlich drapiert hinter einem Tresen.
Insgesamt zehn Sorten werden beim CSC Grüne Liebe angeboten, zwei sind bereits ausverkauft – die Sorte „Lusty Lady“ und die Sorte „Eye Candy“. Doch der Verein ist bereits mit der Produktion der nächsten Charge beschäftigt. Diese wird laut Caroli vermutlich in drei Monaten geerntet werden können.
Um kurz nach zwölf ist es dann endlich so weit. Nachdem Caroli ebenfalls den Ausweis kontrolliert hat und die bestellten Sorten durchgibt, wandert beim Cannabis Social Club Grüne Liebe Rhein Neckar das erste legale Cannabis einer Mannheimer Anbauvereinigung über die Theke. „Schon geil, was wir hier machen, oder?“, fragt der Vorsitzende – ein Satz, den Caroli heute noch ein paar Mal sagen wird.
Mannheimer CSC Grüne Liebe: Legal Cannabis kaufen ist für Konsumenten eine Erleichterung
„Es ist perfekt, ich könnte heulen vor Glück. Vielen Dank euch, macht weiter so“, erwidert das Mitglied. Wie besonders dieser Tag für viele sein muss, wird durch zahlreiches Lob, Dank und Wertschätzung an diesem Mittag ersichtlich. Ein Mann bringt Caroli und seinem Team sogar Nervennahrung – (handelsübliche) Kekse und Gummibärchen – vorbei.
„Es ist so surreal, dass ich jetzt legal Cannabis kaufen kann“, sagt indes ein Mann mittleren Alters, der namentlich nicht genannt werden möchte. Ein mulmiges Gefühl werde er jetzt aber vermutlich erst einmal haben, wenn er mit seinem Cannabis auf der Straße unterwegs ist.
Grüne Liebe Rhein-Neckar
- Durch die Legalisierung im Jahr 2024 dürfen sogenannte Anbauvereinigungen – auch Social Clubs genannt – Cannabis gemeinschaftlich und nicht - gewinnorientiert anbauen.
- Der Verein Grüne Liebe Rhein-Neckar hat die Genehmigung im November 2024 erhalten und baut seit Juli 2025 legal Cannabis an .
- Mitglieder zahlen einen monatlichen Beitrag von zehn Euro sowie zehn Euro pro Gramm Cannabis . 50 Gramm pro Monat darf jedes Mitglied abholen – jedoch nur 25 Gramm pro Abholung.
- Alarmanlagen, Bewegungsmelder und Rüttelsensoren: Die Sicherheitsvorkehrungen beim Verein sind hoch . Als Nicht-Mitglied können die Räumlichkeiten des CSC Grüne Liebe nicht betreten werden. jaw
Welche Erleichterung die Anbauvereinigungen für seine Mitglieder bedeutet, weiß Caroli ganz genau. „Die Menschen sind so froh, dass sie Cannabis kaufen können, ohne dass sie Kopfschmerzen (ohne Bedenken, Anm. d. Red.), Angst vor Verfolgung oder Angst vor irgendwelchen Streckmitteln haben müssen.“ Zudem sei gerade bei älteren Cannabis-Konsumenten die Hemmschwelle und das Risiko für den Schwarzmarkt zu hoch.
340 Mitglieder zählt der Verein nach Aussagen Carolis zur Zeit, 160 freie Plätze gibt es noch. Die Mitglieder seien dabei ein Querschnitt durch die Gesellschaft. „Vom Staplerfahrer bis zum Richter ist alles vertreten“, sagt Caroli. Darunter seien Genußkonsumenten, aber auch Menschen, die Cannabis aus medizinischen Gründen – beispielsweise aufgrund von ADHS, Rückenschmerzen oder anderen Schmerzzuständen – zu sich nehmen.
Ein wenig überrascht ist der Vorsitzende jedoch, dass bisher wenig junge Menschen Mitglied sind. Der Altersdurchschnitt im Verein liegt bei 44 Jahren. „Ich nehme an, die Jüngeren haben alternative Versorgungswege“, sagt Caroli mit einem Augenzwinkern. Am heutigen Tag erwartet der er indes noch etwa 160 Mitglieder, die ihr reserviertes Cannabis abholen werden. In den ersten Wochen ist die Abholung an jedem Tag möglich.
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