Rhein-Neckar. Aufgrund der Geschehnisse am Montag in Mannheim, als ein Mann mit einem Auto durch die Mannheimer Innenstadt raste und dabei zwei Menschen tötete und mehrere verletzte, haben viele Kommunen in der Region ihre Fasnachtsumzüge abgesagt. Darunter sind Heidelberg, Schwetzingen und Brühl. Auch in der Pfalz saßen Ortskartelle, Fasnachtsvereine und Polizei am Montagnachmittag zusammen und berieten.
Der Heidelberger Fastnachtszug, den im vergangenen Jahr rund 180.000 Menschen besucht haben, findet normalerweise am Faschingsdienstag statt. Nach den Ereignissen in Mannheim haben sich das Heidelberger Karneval Komitee (HKK) und die Stadt bei einer gemeinsamen Krisensitzung auf eine Absage der Großveranstaltung verständigt. Der Schritt sei auch mit Städten und Gemeinden im Umland abgestimmt.
Heidelberger OB Würzner: „In Gedenken bei Opfern und ihren Familien“
Auch Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner äußerte sich zur Lage in Mannheim. „Die schrecklichen Bilder aus Mannheim sind erschütternd und wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien. Unsere Nachbarstadt muss zum zweiten Mal binnen eines Jahres so eine furchtbare Gewalttat erleiden – in so einer Situation war es für uns unvorstellbar, bei uns in Heidelberg einen fröhlichen Fastnachtszug zu feiern. Ich habe daher großen Respekt vor der Entscheidung der HKK-Vereine, den Zug abzusagen. In der aktuellen Situation trauern wir als Region gemeinsam“, teilte Würzner mit und nimmt dabei auch Bezug auf das Messerattentat auf dem Mannheimer Markplatz im Mai vergangenen Jahres.
HHK-Präsident Wolfgang Heindl erklärte, dass die Stadt und die Vereine in der Lage gewesen wären, den Zug durchzuführen, sich jedoch aus moralischer Integrität dagegen entschieden haben. Es habe ein „hervorragendes Sicherheitskonzept“ vorgelegen, das auch nochmal hochskaliert hätte werden können. Nach der Tat in Mannheim könne die Fastnachtsfamilie jedoch nicht unbeschwert feiern. Er betont: „Wir haben keine Angst – wir haben Anstand.“
Das ist alles auch ärgerlich in Bezug auf die Fastnachter, die sich in unzähligen Stunden vorbereitet haben
Die Nachrichten aus Mannheim seien während dem „Sturm auf das Rathaus“ in Heidelberg angekommen. Würzner habe deshalb alle relevanten Personen aus dem HKK sowie Ordnungsdezernentin Martina Pfister und Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain sofort um sich gehabt und einen Krisenstab einberufen.
Joe Schwarz, Organisatorischer Leiter des Umzugs in Heidelberg, sagte am Abend, er habe jeden einzelnen teilnehmenden Verein selbst angerufen, um ihnen von der Absage zu erzählen. „Ausnahmslos alle Vereine haben die Absage unterstützt“, erzählt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Auch Gruppen aus Frankreich hätten beim Umzug teilnehmen sollen. „Das ist alles auch ärgerlich in Bezug auf die Fastnachter, die sich in unzähligen Stunden vorbereitet haben“, so Schwarz. Doch es sei klar gewesen, dass der Umzug abgesagt werden musste. Die Fastnachtssaison sei nach den Ereignissen in Mannheim beendet. „In Gedanken sind wir bei den Hinterbliebenen der Opfer“, drückt Schwarz sein Beileid aus.
Auch Umzug in Schwetzingen abgesagt
Auch Schwetzingen und Brühl sagten ihre Umzüge ab. „Schweren Herzens haben die Stadt Schwetzingen und die umliegenden Städte und Gemeinden gemeinsam entschieden, die geplanten Umzüge abzusagen“, hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt Schwetzingen. „Die tragischen Ereignisse in Mannheim haben uns alle tief erschüttert, und in dieser Situation halten wir es für die einzig richtige Entscheidung.“ Dann sprachen die Gemeinden ihr Beileid aus: „Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen. Wir danken allen für ihr Verständnis und ihre Unterstützung.“
Im südhessischen Lorsch sah es am Montagnachmittag zunächst so aus, als würde der Fastnachtszug wie geplant durch die Stadt ziehen. „Wir haben in den vergangenen Monaten ein Sicherheitskonzept für den Umzug ausgearbeitet und halten bisher daran fest“, sagte Bürgermeister Christian Schönung (CDU), der auch Erster Vorsitzender des Vereins Lorscher Fastnachtszug ist. Gleichwohl habe man es mit einer dynamischen Situation zu tun. Eine kurzfristige Absage sei daher nicht ausschließen. Auch im benachbarten Lampertheim war zunächst unklar, ob der traditionelle Umzug des 1. Carneval-Clubs Rot Weiß am Dienstag stattfindet. „Wir werden uns am Abend besprechen und auch mit der Stadtverwaltung austauschen“, sagte der Erste Vorsitzende Holger Braun auf Anfrage. Auch er hob hervor, man habe in Lampertheim ein gutes Sicherheitskonzept erarbeitet.
In Altrip findet Fasnachtsumzug ohne Musik statt
In der Pfalz hat am Montag der Fasnachtsumzug in Altrip trotz des Anschlags in Mannheim stattgefunden. Man verzichte auf Musik, hatte Bürgermeister Volker Mansky dem SWR bereits am Mittag gesagt. Einige Teilnehmer zogen sich dort gänzlich vom Umzug zurück. Unentschlossen war die Lage noch in anderen pfälzischen Gemeinden. In Bad Dürkheim sagte Rheinhold Jäger, Vorsitzender der Derkemer Grawler, am Nachmitt, dass man am Montagabend eine Entscheidung treffen werde. In Römerberg und Waldsee haben sich die Ortskartelle jeweils entscheiden, die Umzüge am Dienstagnachmittag unter Anpassung der Sicherheitskonzepte stattfinden zu lassen, wie die Redaktion aus Fasnachterkreisen erfuhr.
Absagen auch in Weinheim und Bad Dürkheim
Die Stadt Weinheim sagt am Montagabend ebenfalls den Marktplatzfasching aus Pietätsgründen ab. Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just äußerte seine tiefe Betroffenheit. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen und allen, die Zeugen geworden sind. Wir spüren, dass wir in dieser Situation nicht einfach zur Tagesordnung zurückkehren können. Feiern und fröhlich sein ist jetzt gerade nicht das Gebot der Stunde, außerdem ist die weitere Bedrohungslage noch viel zu unklar.“
Die Absage sei in Abstimmung mit den Ordnungs- und Sicherheitskräften erfolgt. Außerdem habe sich Just bei der Entscheidung mit Kollegen aus der Region abgestimmt, hieß es in einer Pressemitteilung. Es mache keinen Sinn, jetzt auf den Straßen der Region zu tanzen, betonte Just. Es gehe zum einen um die Frage der Pietät und Rücksichtnahme gegenüber der betroffenen Menschen. Zum anderen sei es „schlichtweg unmöglich“, die Sicherheitskonzepte an die neue Lage anzupassen.
Der OB betonte, die Absage sei keineswegs das Einknicken vor „Attentätern oder demokratiefeindlichen Tätern“. Doch die zeitliche Abfolge zwischen den Geschehnissen in Mannheim und den geplanten Menschenansammlungen sei zu kurz, um alle Risiken wirklich abschätzen zu können, hieß es in der Pressemitteilung weiter.
Um 18.15 am Montagabend gaben die Stadt Bad Dürkheim und der Verein „Derkemer Grawler“ schließlich bekannt, den geplanten Fastnachtsumzug am Dienstag, 4. März, abzusagen. „Angesichts der tragischen Ereignisse, die sich heute in Mannheim ereignet haben, halten wir es für angemessen, innezuhalten und unsere Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen“, hieß es in einer Mitteilung. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger stehe an erster Stelle. In der Pressemitteilung der Stadt bedanken sich die Zuständigen bei allen Beteiligten, insbesondere den Vereinen sowie den Helferinnen und Helfern, die viel Zeit in die Vorbereitung investiert hätten.
Vereinigung der Badisch-Pfälzischen Karnvalvereine empfiehlt Ende der Kampagne 2024/2025
Das Präsidium der Badisch-Pfälzischen Karnevalvereine empfiehlt derweil insbesondere den Vereinen in der Metropolregion Rhein-Neckar, die noch geplanten Veranstaltungen rund um die Fasnacht abzusagen, wie es in einer Mitteilung heißt. Dies gaben Präsident Jürgen Lesmeister sowie die beiden Vize-Präsidenten Andreas Müss (Pfalz) und Dietmar Beck (Baden) im zweitgrößten Landesverband im Bund Deutscher Karneval (BDK) gestern Nachmittag bekannt.
Lesmeister zeigt sich fassungslos und besürzt über die Tat: „Wir stehen an der Seite mit unseren Freunden sowie den Opfern und Angehörigen in Mannheim. Solch ein Attentat am Höhepunkt der Fasnacht trifft uns alle im Herzen.“ Müss und Beck ergänzen, dass sie nach einem solchen Attentat nicht in den „Feiermodus“ übergehen könnten und erklären die Kampagne 2024/2025 für sich für beendet. Müss war einst Stadtprinz in der Schwesterstadt Ludwigshafen und Beck ist Vorsitzender des Karnevalverein „Fröhlich Pfalz“ in Mannheim sowie ehemaliger Bezirksvorsitzender Nordbaden.
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