Rhein-Neckar. Sie wollten mit Gewalt einen anderen Staat gründen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen und ein autoritäres Regierungssystem nach dem Vorbild des Deutschen Reiches von 1871 errichten. Schon im vergangenen Jahr hatte es zwei Razzien gegen Mitglieder der „Vereinten Patrioten“ gegeben, eine nach Einschätzung der Behörden terroristische Vereinigung.
Am Montag folgte nun eine weitere Großrazzia in sechs Bundesländern. Auch in der Metropolregion waren Beamte unterwegs. Im Kreis Bergstraße nahmen sie einen 61-jährigen Mann fest, im Kreis Bad Dürkheim eine 32-Jährige und eine 53 Jahre alte Frau.
Der 61-jährige Bergsträßer ist laut Darstellung des hessischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt dringend verdächtig, an Treffen der Vereinigung teilgenommen und an der Konkretisierung der Tatpläne mitgearbeitet zu haben. Dabei, so die Ermittler, solle sich der Beschuldigte auch bereit erklärt haben, an der geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mitzuwirken, gegebenenfalls mit Tötung seiner Leibwächter.
Garage als Waffenlager
Einem der Rädelsführer der Gruppierung, zu dem er engen Kontakt gehalten habe, soll der 61-Jährige zudem angeboten haben, seine Garage als Zwischenlager für die Waffen zu nutzen, die für den Umsturzversucht benötigt worden wären. Dabei ist dem Bergsträßer nach Darstellung des Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft bewusst gewesen, dass mit den Waffen ein gewaltsamer Umsturz herbeigeführt werden sollte.
Und schließlich war der Mann als Teil einer Delegation vorgesehen, die nach dem Umsturz mit einem Schiff über die Ostsee in russische Küstengewässer fahren, mit staatlichen russischen Stellen über einen „Schulterschluss verhandeln und die militärische Ausrüstung des neuen Staates beschaffen“ sollte. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten seien zahlreiche elektronische Speichermedien, eine Armbrust, eine Luftdruckwaffe und verschiedene Dokumente sichergestellt worden. Wo genau der Mann wohnt, wollte das Landeskriminalamt nicht sagen. Er lebe in einer kleinen Gemeinde im Odenwald.
Anleitung zur Herstellung von Sprengstoffen erstellt
Die 32-jährige Frau aus dem Kreis Bad Dürkheim steht im Verdacht, mehrere Chatgruppen betrieben zu haben, die neben der Anwerbung weiterer Unterstützer auch der Kommunikation von Tatbeteiligten untereinander diente. Außerdem soll sie einem weiteren Mitglied der „Vereinten Patrioten“ ihr Auto zur Verfügung gestellt haben. Darüber hinaus soll sie im Auftrag ein Dokument für die Anleitung zur Herstellung von Sprengstoffen erstellt und dem anderen Mitglied zur Verfügung gestellt haben.
Die Behörden ermitteln außerdem gegen eine 53-jährige Deutsche, ebenfalls aus dem Kreis Bad Dürkheim. Sie soll von der Bildung der Vereinigung und deren Planungen gewusst, dies aber nicht den Strafverfolgungsbehörden angezeigt zu haben.
Dass sich auch in dieser Region „Reichsbürger“ tummeln, hat auch eine Razzia im Dezember gezeigt, bei der eine Frau in Heppenheim festgenommen worden war. Im September hatte eine andere Gruppierung namens „Königreich Deutschland“ in Haßloch ein Anwerbeseminar veranstaltet.
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