Schwegenheim. Wenn Benjamin Wagener über die Pfalz spricht, wird seine Stimme weich. Weil seine Heimat ihm viel bedeutet. Die Gegend und die Menschen, die dort leben. Ihr Brauchtum und ihr Wesen. Diese Faszination führte den Filmemacher aus Schwegenheim 2017 für seine Dokumentation „Hiwwe wie Driwwe“ nach Pennsylvania, wo er nach Spuren des pfälzischen Dialekts suchte, den Auswanderer aus der Kurpfalz vor mehr als 300 Jahren in die USA brachten. Ihr „Pälzisch“ des 18. Jahrhunderts verschmolz mit dem Englischen zum sogenannten „Pennsylvania Dutch“. Rund 400 000 Amerikaner sprechen bis heute den Dialekt.
Umgekehrte Perspektive
„Hiwwe wie Driwwe“ von Wagener und dem Landauer Filmemacher Christian Schega avancierte zum Überraschungserfolg. Über 2000 Menschen sahen die Dokumentation beim Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen 2019. Und: In vielen Kinos der Region war der Streifen mehr als 30 Wochen lang zu sehen - ohne Unterbrechung. Am 21. Juni fliegt die Filmcrew nun abermals in die USA - für die Fortsetzung des Kultfilms: „Hiwwe wie Driwwe 2 - Als ob emol ned gelangt hädd“.
„Als wir mit dem Dreh fertig waren, haben wir uns bei vielen Dingen gedacht: Das würden wir auch gern noch erzählen“, sagt Filmemacher Wagener und setzt sich auf eines seiner braunen Ledersofas. Auf der Wand hinter ihm verschwimmen großformatige Kreise in Orange, Gelb und Ockerbraun zu einer Retrotapete. Auf einer Leinwand schwingt Schauspielerin Uma Thurman als Quentin Tarantinos Hauptdarstellerin in „Kill Bill“ ihren Säbel. Wageners Wohnung ist übersät mit kleineren und größeren Details, die seine Liebe zum Film dokumentieren. Großflächige Leinwände, Kinoposter. Daenerys Targaryen und die weißen Wanderer aus der Erfolgsserie „Game of Thrones“ hängen über den Bildschirmen in seinem Schnittraum, im 80er-Jahre-Dress, von einem japanischen Künstler inszeniert. Einen anderen Raum hat der Medienpädagoge, der sich als Kameramann, Cutter und Dokumentarfilmer selbstständig gemacht hat, eigens zum Kino umgebaut.
Finanzierungskampagne
- Wer die Arbeiten zur Fortsetzung der Dokumentation „Hiwwe wie Driwwe“ unterstützen möchte, kann dies über die Crowdfunding-Kampagne der Filmcrew tun.
- Den Link zur Kampagne gibt es ab 19. Juni unter www.hiwwewiedriwwe.com.
- Unterstützer können dabei zwischen verschiedenen Optionen und Paketen wählen. So kann man etwa die eigene Namensnennung im Abspann, eine DVD plus handsignierter Karte, eine Filmvorführung in Anwesenheit des Regisseurs oder ein gemeinsames Abendessen mit Regisseur Benjamin Wagener und Hauptdarsteller Monji El Beji „erwerben“.
Benjamin Wagener liebt gute Filme und macht sich viele Gedanken darüber. Nach „Hiwwe wie Driwwe“ reifte eine bestimmte Idee in ihm: „Wenn wir einen zweiten Film drehen, dann müssen wir die Perspektive umkehren.“ Im ersten Teil gingen die Filmemacher nicht nur in den USA auf Spurensuche, sondern begleiteten auch den amerikanischen Deutschlehrer, Musiker und YouTuber Douglas Madenford in die Pfalz - dabei, wie er Comedian Christian Chako Habekost traf und Pfälzer Saumagen probierte. In „Hiwwe wie Driwwe 2“ soll es auch ein Wiedersehen mit Doug Madenford geben, der eigentliche Protagonist ist diesmal aber ein Pfälzer, der auf große Reise geht: der Fußgönheimer Mundart-Musiker Monji El Beji, auch bekannt als Sänger der pfälzischen Coverband „Fine R.I.P.“
Das Drehbuch hat Wagener schon vor über zwei Jahren geschrieben - bevor die Pandemie die Pläne der Filmcrew über den Haufen warf. Und das sieht einiges für den Pfalz-Rocker Monji El Beji vor: etwa einen Sprachkurs in Pennsylvania Dutch, eine Verkostung echten Pennsylvania-Saumagens, Besuche der Stadt Berlin in Ohio und des Kutztown-Folkfests - quasi das Mekka aller, die gepflegtes Urpfälzisch sprechen. „Beim ersten Dreh haben wir aber auch gelernt, dass sich oft spontan noch spannende Dinge ergeben, und die wollen wir unbedingt auch mit aufnehmen“, sagt Wagener.
Crowdfunding ab 19. Juni
Monji El Bejis Arm ruht auf der Lehne des Sofas. „Benny hat mich bei einem Konzert gefragt, ob ich Lust hätte, beim zweiten Teil mitzumachen“, erinnert sich der 46-Jährige. El Beji musste nicht lange überlegen. Auch wenn ihm anfangs nicht bewusst gewesen sei, dass er der neue Doug Madenford werden sollte. „Als mir klar wurde, dass ich als Protagonist des Films vorgesehen bin, habe ich erst einmal geschluckt“, sagt El Beji und lacht. „Aber im Ernst: Ich bin sehr stolz, dass dieses Team mich ausgesucht hat - Benny und seine Crew sind coole Typen, die mit so viel Energie und Leidenschaft für ihr Projekt am Werk sind.“ Und mit viel Liebe, einer starken Heimatverbundenheit, die Monji El Beji nur zu gut nachempfinden kann.
Die ersten Drehtage führten das Team quer durch die Pfalz, von der Vorder- in die Südwestpfalz - denn natürlich kommt auch der zweite Film nicht ohne Aufnahmen aus der Heimat aus. „Dabei stellt man immer wieder fest: Es ist richtig, richtig schön bei uns“, sagt der zweifache Vater, der hauptberuflich als Sozialpädagoge in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung arbeitet.
Der Mundart-Musiker hat zusammen mit Christoph Erbach, dem Bassisten von Fine R.I.P., auch den Soundtrack für die Fortsetzung des Kultfilms geschrieben, bislang insgesamt zehn Stücke. Der Track, der als heißester Kandidat für den Titelsong gilt: „Hey Pfalz“, eine Pfalzrock-Ballade mit Gänsehaut-Garantie. Eine Hommage an die Heimat - wie der gesamte Streifen.
Vier Tage hat das Team bislang in der Pfalz gedreht, unter anderem mit Pfalz-Experte Michael Landgraf und dem vielleicht bekanntesten Pfalz-Karrikaturisten Steffen Boiselle. Fest eingeplant ist außerdem das Klappradrennen auf der Kalmit.
Am 21. Juni hebt die Crew Richtung Pennsylvania ab. Und will am 19. Juni, kurz vor Beginn der Reise auch ihr Crowdfunding wiederbeleben. Wegen des Ausbruchs des Ukraine-Kriegs hatten die Filmemacher die Kampagne ausgesetzt. Nun hoffen sie auf tatkräftige Unterstützung. Mit rund 185 000 Euro kalkulieren Wagener und sein Team für die Fortsetzung. Die Aufwendungen der Vorproduktion stemmen sie mit Unterstützung der Medienförderung Rheinland-Pfalz. Bei den Kosten für den eigentlichen Film hoffen sie nun auf die Hilfe der Fans und aller Heimatverbundenen. All derer also, denen „ihre“ Pfalz genauso viel bedeutet wie Wagener, El Beji und der Filmcrew.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-dreharbeiten-fuer-hiwwe-wie-driwwe-2-gestartet-_arid,1959506.html