Auswanderer - Die Urgroßmutter des bekanntesten Herstellers von Westernkleidung in den USA stammt aus Frankenthal

Das Cowboyhemd und die Pfalz

Von 
Bernhard Zinke
Lesedauer: 
Steve Weil in seinem Laden von Rockmount Ranch Wear in Denver (Colorado). Die Urgroßmutter des Firmenchefs, Josefine Loeb, wurde in Frankenthal geboren und ist im späten 19. Jahrhundert emigriert. Viele Pfälzer wanderten in die USA aus in der Hoffnung auf ein besseres Leben. © Zinke

Frankenthal/Denver. Steve Weil lehnt mit verschränkten Armen auf dem Kleiderständer mit seinen berühmten Westernhemden: „Ja, meine Familie stammt aus der Pfalz. Meine Urgroßmutter wurde in Frankenthal geboren. Und deren Vater in Lambsheim.“ Steve Weil ist der Inhaber des traditionsreichen und in den USA staatenweit bekannten Fachladens für Westernbekleidung „Rockmount Ranch Wear“.

Die Weils und ihre Vorfahren sind eine weitere Familie in der Reihe von Auswanderern aus der Pfalz, die in den Vereinigten Staaten von Amerika Wirtschaftsgeschichte geschrieben haben. Jack A. Weil, Sohn der Frankenthaler Auswanderin Josephine Loeb, gründete das Unternehmen Rockmount Ranch Wear. Der Modeschöpfer für Cowboymode gilt als Erfinder des „Bole Tie“ – ein Band, das unter dem Kragen von einer Metallbrosche zusammengehalten wird und auch Cowboykrawatte genannt wird. Auch die Erfindung des Cowboyhemds – nur echt mit 17 Druckknöpfen – wird Jack A. Weil zugeschrieben.

Zu den Kunden zählen oder zählten nicht nur die US-Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush, sondern auch Show-Giganten wie Eric Clapton, Paul McCartney und Robert Redford. Der Schauspieler Heath Ledger trug im Oscar-prämierten Film „Brokeback Mountain“ ein Hemd aus der Manufaktur, die ihren Sitz in Denver hat, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Colorado. Und Clark Gable spielte in einem Rockmount-Hemd bereits 1946 in dem Film „Nicht gesellschaftsfähig“ neben Marilyn Monroe.

Kleines Museum auf der Galerie

Es gibt in dem Laden auch alle Arten von Cowboystiefeln, jede Menge Stetson-Hüte und breiteste Gürtelschnallen. Ein paar Stufen führen nach oben zu einer Galerie, in der die Weils ein kleines Museum eingerichtet haben, in dem sie Entwürfe von erfolgreichen Hemdenkollektionen und andere Dinge aus der Firmengeschichte zeigen.

Der aktuelle Firmenchef Steve Weil würdigte seinen Großvater bei dessen Tod im Jahr 2008: „Was Henry Ford fürs Auto war, war Jack A. Weil für Westernhemden.“ Der Firmengründer arbeitete bis kurz vor seinem Tod. Er wurde 107 Jahre alt und war damit zu Lebzeiten der älteste amtierende Firmenchef in den Vereinigten Staaten. Kein Wunder, dass die Stadt Denver die Straße vor seinem Laden nach ihm benannt hat: den Jack A.Weil Way.

Steve Weil kennt Deutschland aus eigener Anschauung. 2010 sei er in der Heimat seiner Urgroßeltern gewesen. Diese hätten Deutschland damals in den 1880ern verlassen in der Hoffnung auf ein neues besseres Leben.

Sie waren nicht die Einzigen, wie Roland Paul weiß. Der Historiker und ehemalige Direktor des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde kennt sich bestens aus mit Auswanderern, die der Pfalz den Rücken gekehrt und nach Amerika ausgewandert sind. „Palatians“, also „Pfälzer“, sei im 18. Jahrhundert die Gruppenbezeichnung für deutsche Einwanderer gewesen, erzählt Paul. Bis zu 100 000 Menschen hätten alleine zwischen 1700 und 1800 ihr Glück in der neuen Welt gesucht. Auch danach habe es immer wieder regelrechte Auswanderungswellen gegeben – meist aus wirtschaftlichen Gründen, zuweilen aber auch aus politischen Überlegungen, etwa nach dem Hambacher Fest im Jahr 1832. So habe mancher der Verfolgung entgehen wollen.

Bis heute pfälzischer Dialekt

Denver sei damals ein beliebtes Ziel der Auswanderer gewesen. Gutes Klima, eine prosperierende Stadt, in der es viel aufzubauen galt und zu verdienen gab. Die Pfälzer Auswanderer der ersten Generation habe es dagegen eher in den Raum Pennsylvania gezogen. Zum Teil spricht man dort noch einen gut verständlichen Pfälzer Dialekt. Benjamin Wagener und Christian Schega haben einen Dokumentarfilm gedreht mit dem Titel „Hiwwe wie driwwe – Pfälzisch in Amerika“ und sich auf Spurensuche begeben. Wer das sogenannte Pennsylvania Dutch hierzulande hören will: Zuweilen umrahmen amerikanische Liedermacher den Bockenheimer Mundartdichterwettstreit mit pfälzischen Liedern.

Bedeutende Pfälzer in den USA

  • Friedrich Trump: Der Großvater des heutigen US-Präsidenten Donald Trump wurde in Kallstadt geboren, wanderte 1885 in die Vereinigten Staaten aus. Sein Geld verdiente er mit dem Betrieb von Restaurants in Nordamerika und Kanada, vor allem während der Zeit des Klondyke-Goldrauschs.
  • Johann Heinrich Heinz: Der Vetter zweiten Grades von Friedrich Trump stammt ebenfalls aus Kallstadt und wanderte 1840 in die USA aus. Sein Sohn Henry John Heinz gründete später das gleichnamige Nahrungsmittelunternehmen, dessen bekanntestes Produkt bis heute Tomatenketchup ist.
  • Thomas Nast: Der Karikaturist und Zeichner stammt aus Landau und wanderte 1840 als Sechsjähriger mit der Mutter und Schwester in die USA aus. Der Vater folgte drei Jahre später. Nast schuf nicht nur den Weihnachtsmann und die Figur des Uncle Sam, sondern auch das Dollar-Zeichen.
  • Adam Gimbel: Geboren in Biedesheim, wanderte der Pfälzer 1835 nach New Orleans aus und gründete später die Textil- und Kaufhauskette Gimbels.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen