Mannheim. Es fehlte nicht an dramatischen Worten. Von „Desaster“ und „Misere“ sprach warnend Ursula Jung, Vizepräsidentin der DLRG Württemberg, weil immer weniger Menschen schwimmen können und es die Wasserretter immer schwerer haben. Zwar ist das Mannheimer „Gasthaus am Fluss“ ein idyllisches Plätzchen am Rheinufer. Aber hierher hatte die DLRG Vertreter von Politik und anderen Hilfsorganisationen geladen, um Einsätze auf Wasserstraßen zu demonstrieren und auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Denn auch wenn es die DLRG im Südwesten noch in zwei getrennten Landesverbänden gibt, so richten sie den Sommerempfang stets gemeinsam aus – an wechselnden Orten und jetzt eben in Mannheim.
Immer weniger Menschen können schwimmen
Immerhin 125.000 Mitglieder haben beide Landesverbände, und etwa ein Drittel davon ist – ob in der Schwimmausbildung oder im Wasserrettungsdienst – ehrenamtlich aktiv. Im vergangenen Jahr leisteten sie 5000 mal Erste Hilfe, 160 Menschen wurden vor dem Ertrinken gerettet. Und 28 Todesfälle waren, trotz aller Bemühungen, zu beklagen.
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Doch das liege eben auch daran, dass immer weniger Menschen schwimmen können, bedauerte Ursula Jung. 2017 hätten laut einer Forsa-Umfrage zehn Prozent der Eltern angegeben, dass ihre Kinder im Grundschulalter nicht schwimmen könnten. 2022 sei diese Zahl auf 20 Prozent gestiegen, „Tendenz steigend“, so die Warnung von Jung. Dabei seien Eltern oft der irrigen Meinung, dass schon das „Seepferdchen“ ausreichende Schwimmfähigkeiten bescheinige, aber das sei nicht der Fall. „Das ist nur ein Motivierungsabzeichen, erst ab Schwimmabzeichen in Bronze kann man sicher schwimmen“, so die DLRG-Vertreterin. Nach Einschätzung des Verbands könnten sechs von zehn Viertklässlern am Ende der Grundschule nicht sicher schwimmen.
„Wir brauchen keine Spaßbäder“
Als Begründung verwies sie einmal auf die Corona-Pandemie, durch die viele Kurse ausgefallen seien. Es gebe aber auch einen Mangel an qualifiziertem Personal in Schulen, Bädern sowie bei der DLRG. Und es fehle an Wasserflächen, um trainieren zu können, weil immer mehre Kommunen ihre Bäder schließen würden. „Die Mängel der Bäderinfrastruktur müssten systematisch behoben werden“, forderte die DLRG-Vizepräsidentin und bedauerte, dass der Bund sein Investitionsprogramm für Sportstätten nicht fortsetze. Dabei fehlten bundesweit 4,5 bis 5 Milliarden Euro für Instandhaltungen, „nur um den Status quo der Bäder aufrechtzuerhalten“, mahnte sie. Zudem beklagte sie, dass immer mehr Lehrschwimmbecken an Schulen wegfielen. Das sei „eine Katastrophe“, so Jung: „Wir brauchen keine Spaßbäder“, sondern man brauche Flächen, damit Schwimmunterricht stattfinden und man Rettungsschwimmer ausbilden könne,.
Sorge mache der DLRG zudem der Umgang mit ihren durchweg ehrenamtlichen Rettungskräften, so Jung. „Es gibt immer häufiger Pöbeleien und Handgreiflichkeiten“, kritisierte sie. „Es wird zu wenig gesehen, dass da Menschen für Menschen da sind, das hat mehr Wertschätzung verdient“ verlangte sie. Sie beschwerte sich ferner, dass DLRG-Helfer nicht, wie die ehrenamtlichen Aktiven anderer Hilfsorganisationen, das Recht auf Freistellung durch ihre Arbeitgeber und auch nicht den gleichen Versicherungsschutz genießen.
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