Safer Internet Day

Die Sucht nach Pornos - und was man in Landau dagegen tut

Bis zu fünf Prozent der Pornokonsumenten erleiden einen Kontrollverlust: Wer sich aus seiner Pornosucht helfen lassen will, ist bei einer Studie an der Uni in Landau richtig. Warum am Dienstag der richtige Tag dafür ist

Von 
Stephan Alfter
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Ein Mann sucht nachts Links zu Porno-Clips im Internet. Bis zu fünf Prozent der Zuschauer entwickeln eine Sucht. © Universität Landau

Landau. Die wenigsten Menschen, die regelmäßig Pornos schauen, werden darüber öffentlich reden. Und trotzdem weiß Rudolf Stark, dass „Pornografiekonsum in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ ist. Der Professor aus Gießen ist Leiter einer bundesweiten Forschungsgruppe, zu der auch Rabea Vogt (kleines Bild) an der Universität Landau gehört. Den Anlass, sich intensiver mit der wissenschaftlich noch recht neuen Frage der Sucht nach Sexfilmen zu beschäftigen, bietet nicht zuletzt dieser Dienstag, der weltweit als „Safer Internet Day“ eingeführt ist.

Immer am zweiten Tag der zweiten Woche des zweiten Monats machen sich Menschen dafür stark, die Sicherheit im Internet zu verbessern. Besonders Kinder und Jugendliche sollen im selbstbestimmten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien unterstützt werden. Dieses Jahr steht der Tag unter der Überschrift „Let’s talk about porno“ (Lasst uns über Porno sprechen).

Rabea Vogt © Rabea Vogt

Seit Pornos im Internet - mit Tausenden Clips und Genres - frei verfügbar sind, steigt mit der Anzahl der Nutzer und Nutzerinnen auch die Anzahl derjenigen, die einen krankhaften Konsum entwickeln. Nachdem in einem Tatort, der im Jahr 2017 an einem Porno-Set spielte, der Begriff Bukkake genannt wurde, soll es danach bei „Google“ ein rekordverdächtiges Suchvolumen gegeben haben.

Bis zu 750 000 leiden unter Pornosucht

So berichtet es das Magazin „Stern“ innerhalb eines Interviews mit der Sexualwissenschaftlerin und Porno-Expertin Madita Oeming im August 2023. Oeming hat ein Buch über den Umgang mit Pornografie geschrieben. Bei Bukkake handelt sich im Übrigen um eine japanische Gruppensexpraktik.

Die Forschung von Rudolf Stark geht unterdessen davon aus, dass 90 Prozent der Männer und 60 Prozent der Frauen im vergangenen Monat einen Porno angeklickt haben. Rabea Vogt und ihre Kollegen schätzen, dass etwa drei bis fünf Prozent dieser Konsumenten unter einer sogenannten Nutzungsstörung leiden.

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So heißt die Diagnose, die umgangssprachlich als Pornosucht beschrieben wird. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet die Störung in ihrer aktuellen „Internationalen Klassifikation der Krankheiten“ unter „Störung mit zwanghaftem sexuellen Verhalten“ auf. Drei bis fünf Prozent - das sind 750 000 Menschen, die in Deutschland einen Kontrollverlust über Umfang und Dauer ihres Sexfilm-Konsums beklagen. Darunter befinden sich auch viele Jugendliche.

25 Betroffene aus Pfalz und Baden schon dabei

Auch an sie richtet sich die PornLoS-Studie (PornLoS) am Studienzentrum Landau. 40 Betroffene aus dem Raum Heidelberg, Landau, Ludwigshafen, Mannheim, Speyer und Worms können daran teilnehmen. Bisher sind 25 in den Kreis derer aufgenommen, die nun untersucht und anschließend therapiert werden. Der offizielle Startschuss war Anfang Januar, noch immer laufen Telefoninterviews mit Betroffenen. Ende Februar beginnt die Diagnostik, wie Rabea Vogt sagt. Der Versuch, einen oder eine Betroffene anonym zu befragen und seine Erlebnisse gegenüber einer Zeitungsöffentlichkeit zu schildern, scheiterte bisher seitens dieser Redaktion.

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In diesem frühen Stadium sei das schwierig, weiß auch Psychologe Thilo Friehs, der wie Vogt an der Studie in Landau mitarbeitet. „Obwohl die Erkrankung vergleichsweise häufig auftritt, gibt es bisher kaum spezifische psychotherapeutische Behandlungsangebote für Betroffene“, so Friehs. Die PornLoS-Studie soll hier Abhilfe schaffen.

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Ziel ist es nämlich, Süchtigen einen Weg in die Normalität zu ebnen. Dazu werden drei psychotherapeutische Verfahren miteinander verglichen: Intensivtherapie mit dem Ziel der Abstinenz, Intensivtherapie mit dem Ziel der reduzierten Nutzung und reguläre Psychotherapie. Aber was ist eigentlich so gefährlich an zu ausschweifendem Konsum von Pornos? Rabea Vogt sagt, dass eine Nutzungsstörung zu massiven Beeinträchtigungen im familiären und partnerschaftlichen Bereich führen könne. Konflikte in der Beziehung könnten sowohl Folge als auch Auslöser der Nutzungsstörung sein. Bei Berufstätigen diene der Konsum von Pornos zur Reduzierung von Stress und zur Emotionsregulation. Auch eine Depression könne Folge und Auslöser einer Pornosucht sein.

Erstkontakt im Alter von 12 Jahren

Die Forschung geht davon aus, dass Personen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren von Nutzungsstörungen betroffen sein können. Erstkontakte mit Pornografie stellen die Forscher bei Jungs schon im Alter von 12 Jahren fest - Mädchen sind nach deren Erkenntnissen 14 Jahre alt, wenn sie erstmals mit Pornos in Berührung kommen.

„Dank der neu anlaufenden Studie kann die sonst sehr lange Wartezeit auf einen Therapieplatz verkürzt werden“, so Friehs. Die Intensivtherapie bestehe aus 24 Terminen Einzeltherapie, sechs Terminen Gruppentherapie. Der Umfang der regulären Psychotherapie werde individuell festgelegt.

Weitere Informationen: https://www.pornlos.de/

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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