Pilzhochstraße - Abrissunternehmen Moß und Stadtverwaltung Ludwigshafen streiten vor Gericht über hohe Nachforderungen

Die 5,6 Millionen-Euro-Frage

Von 
Bernhard Zinke
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Die Hochstraße ist Geschichte. Doch wie teuer wird der Abriss nun wirklich? © Stadt Ludwigshafen

Ludwigshafen. Keinen Millimeter weicht Jutta Steinruck (SPD) von ihrer Linie ab: Keine inhaltlichen Details zum laufenden Verfahren. Das wöchentliche Pressebriefing zum Abriss der Pilzhochstraße – es findet in dieser Woche zum letzten Mal statt – steht ganz im Zeichen eines schlagzeilenträchtigen Streits. Die Oberbürgermeisterin kann es aber nicht verhindern: Nach einem weitgehend reibungslosen Abbruch gibt’s zum Ende hin doch noch jede Menge Geräusche rund um die Pilzhochstraße. Die Abrissfirma Moß hat die Stadt Ludwigshafen verklagt. Es geht um Nachforderungen in Höhe von 5,6 Millionen Euro.

Für den Abbruch war laut Bauvertrag ein Preis von 5,1 Millionen Euro vereinbart worden. Es seien jedoch Mehrkosten entstanden, die vor allem von den Empfehlungen des Prüfingenieurs herrühren, den die Stadt Ludwigshafen beauftragt hat, sagt die Firma Moß. Allerdings zweifelt die Stadt an, dass die Mehrkosten, zumal in der Höhe des nun doppelten Betrags, gerechtfertigt sind. Deshalb hat Moß eine Einstweilige Verfügung beantragt, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Ein Gütetermin vor dem Landgericht Frankenthal am Dienstagnachmittag ist gescheitert. Die Zivilkammer hatte mehrere Einigungsvorschläge unterbreitet. Nach Darstellung der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ lehnte der Anwalt der Stadt Ludwigshafen einen sich bereits abzeichnenden Vergleich ab.

Ein Großteil der Nachforderungen sei durch die Absicherung an den Spitzen der Stützkonstruktionen zustande gekommen, bestätigt Moß-Projektleiter Stefan Feldmann dieser Redaktion. „Wir sind deshalb mit nicht unerheblichen Summen in Vorleistung getreten“, sagt der Ingenieur. Und er verhehlt nicht, dass die Firma in ihrer Liquidität leidet. „Wir haben die fünf Millionen Euro nicht als Gewinn kalkuliert“, sagt er.

Das Landgericht wird am 20. Oktober nun final über den Antrag auf Einstweilige Verfügung urteilen. Es werde aber nicht entschieden, ob die Nachtragsforderungen von Moß gerechtfertigt sind oder nicht. Es gehe nur darum, ob die Stadt vorläufig zumindest einen Teil der Nachforderungen begleichen muss, erläutert Feldmann. Über die Rechtmäßigkeit der Forderungen insgesamt entscheide dann im Zweifel ein Hauptverfahren, sagt der Projektleiter.

Die beiden Prozessparteien sehen den juristischen Streit indessen sportlich. „Das ist ganz normales Tagesgeschäft bei der Vergabe von Bauaufträgen“, berichtet Jutta Steinruck aus eigenen Erfahrungen in der privaten Bauwirtschaft. Sie habe schon einige Unternehmen erlebt, die zunächst günstige Angebote abgegeben hätten, um dann über die Nachforderungen das Geld zu verdienen.

Und auch für die Firma Moß ist der Streit nichts Außergewöhnliches: „Dass es ruckelt im Baugewerbe, ist völlig normal“, beschreibt Stefan Feldmann. Die Fronten seien auch nicht so verhärtet, dass man nicht mehr miteinander spreche, bewertet der Projektleiter. Aber am Dienstag sei es nun mal nicht weiter gegangen.

Wäre die Stadt Ludwigshafen angesichts der nächsten Abrissprojekte Hochstraße Nord und Rathaus trotz des Streits ein weiterer potenzieller Auftraggeber? In den 57 Jahren der Firmengeschichte von Moß sei es noch nicht vorgekommen, „dass wir uns so verkracht hätten, dass wir uns nicht wieder zusammengesetzt hätten. Wir bleiben gesprächsbereit“, versichert Feldmann.

Die letzten Schritte

  • In drei Wochen sollen die letzten Bauschuttberge der Pilzhochstraße beseitigt sein.
  • Voraussichtlich zum 1. Dezember wird auch der Durchgang auf der Berliner Straße wieder für Bahnen und Autos geöffnet werden. Die RNV braucht sechs Wochen für die Herrichtung der Technik.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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