Weinheim. Eigentlich hätte Tristan Brandt längst im Flugzeug sitzen müssen – auf dem Weg an die Westküste Floridas, doch Miami lässt der Spitzenkoch an Ostern kulinarisch links liegen: für Weinheim und das Schlossparkrestaurant, das er Mitte Mai eröffnen will. Dabei hat der 40-Jährige dort nicht weniger als einen Stern im Visier. Doch daran, dass das Restaurant „Tambourine Room by Tristan Brandt“ die Auszeichnung des Guide Michelin in den USA, die es 2023 zum ersten Mal erhielt, verteidigen kann, hegt Brandt kaum Zweifel. Mit Recht: Tatsächlich verteidigt der Tambourine Room seinen Stern erfolgreich.
Im neuen Team „stimmt die Chemie“
Der Patron krempelt derweil die Ärmel der Kochjacke hoch und heizt schon mal den Ofen in Weinheim vor. Auf Instagram lässt er sich in die Töpfe schauen. Dort brodeln die Soßen. Unter Anleitung Brandts wirbelt das neue Team zusammen mit Küchenchef Philip Thier. Den kennt man aus dem Birkenauer Lammershof, wo er bisher für hohes Niveau im kleinen Fine-Dining-Restaurant „WildXBerg“ sorgte. „Die Chemie stimmt“, findet Brandt: „Es passt auf allen Ebenen.“
Zwar will Deutschlands ehemals jüngster Zwei-Sterne-Koch in Weinheims „Guter Stube“ selbst am Herd stehen und die Gäste kulinarisch verwöhnen, „ich kann aber natürlich nicht immer da sein“, erklärt Brandt im Gespräch mit dieser Redaktion. Verständlich angesichts weiterer Engagements wie beispielsweise im „WinterVarieté by Tristan Brandt“ in Heidelberg, im „artis by Tristan Brandt“ in Arosa (Schweiz) sowie im Sternerestaurant „Tambourine Room by Tristan Brandt“ in Miami (USA). Doch in Weinheim wird sich der dreifache Familienvater deutlich mehr einbringen als bei den Patronaten für Fine-Dining-Restaurants auf nationalem und internationalem Parkett.
Erstes eigenes Restaurant des Mannheimers
Kaum zu glauben: Das „Schlossparkrestaurant by Tristan Brandt“ wird das erste eigene Lokal des Mannheimers sein. Nie zuvor stand sein Name im Pachtvertrag – trotz jahrelanger gastronomischer Erfahrung, unter anderem als Küchenchef des Mannheimer Restaurants „Opus V“, für das er zwei Sterne erkochte. Außerdem verantwortete er in seiner Mannheimer Zeit als Geschäftsführer der Engelhorn Gastro GmbH neun gastronomische Betriebe und zeichnete sich für 130 Mitarbeiter verantwortlich. Das Gourmetmagazin „Der Feinschmecker“ beschrieb ihn damals als „Shootingstar im Südwesten“. Koryphäe Harald Wohlfahrt war sein Mentor.
Jetzt ist die Zeit für Brandt gekommen, sich kulinarisch und gastronomisch ganz und gar selbst zu verwirklichen. Fast jeden Tag ist er aktuell vor Ort. Nach monatelanger Planung kommt jetzt die heiße Phase der Ausführung. „Stress pur!“, sagt Brandt und stützt die Hände in die Hüften. In der Küche sind die bestehenden Geräte bereits gecheckt, ein zusätzlicher Kombidämpfer, eine neue Gläserspülmaschine und eine Eismaschine sind bestellt. Das Herz des neuen Restaurants schlägt also schon.
Geschirr steht schon bereit, Tische und Stühle fehlen noch
Doch im großen Gastraum stehen – trotz nahender Eröffnung – noch keine Tische oder Stühle. Nur der alte Kronleuchter strahlt wie eh und je. Er steht ebenso unter Denkmalschutz wie das ganze Gebäude und bleibt auch im neuen Restaurant erhalten. Ein Muss für die Stadtverwaltung als Verpächterin. Das historische Milieu fließt natürlich in die Gestaltung ein, dennoch hat sich Brandt für einen modernen Stil entschieden. „Dunkle Töne und Gold werden das Ambiente bestimmen“, verrät er. Entsprechend bekommt der Thekenbereich ein zeitgemäßes Facelifting.
Auf dem bisherigen hölzernen Tresen steht schon das Geschirr, auf dem später die Speisen angerichtet werden. Keramik in organischen Formen changiert in zarten Beigetönen. Es ist für die Terrasse gedacht, auf der im Sommer bis zu 100 Gäste mit herrlichem Blick auf den Schlosspark verköstigt werden können. Die zu bewirten, wird kein Problem für den gastronomischen Tausendsassa. „Ich habe genug Personal“, ist er sich sicher.
Im Innenraum, in dem Platz ist für 60 bis 70 Gäste, wird auf weißem Porzellan mit goldenen Akzenten angerichtet. „Es fehlt nur noch das Logo“, erklärt Brandt und deutet auf den Tellerrand. Dort soll später das grafische Signet des Schlossparkrestaurants prangen.
Brand plant eine „Küche für jedermann“
Die Buchstaben T und B für Tristan Brandt bilden eine Blume. Eine Reminiszenz an die Sterne des Guide Michelin, die mehr einer sechsblättrigen Blume ähneln als einem Himmelskörper? Wohl kaum, denn auf Sterne-Jagd ist Brandt in Weinheim nicht, wie er betont. Zum einen weiß er aus Erfahrung, dass die Sitzplatzkapazität im Schloss zu groß ist, um auf Sterne-Niveau wirtschaftlich arbeiten zu können, zum anderen plant er ohnehin eine „Küche für jedermann“ – „natürlich sehr gut zubereitet“.
Brandt bekräftigt, was er schon im Interview Ende Februar erklärte: „Wir werden dem Publikum in und außerhalb von Weinheim ein spannendes, kulinarisches und bezahlbares Angebot bieten, das gleichzeitig meinen Anspruch an eine Fine-Dining-Küche erfüllt.“
Und das zu einem Preis, der Feinschmecker kaum schreckt: 135 Euro soll das Fünf-Gang-Menü kosten. Klingt viel, ist aber im Sterne-Kreis fast schon ein Schnäppchen. Bei geschlossenen Veranstaltungen wie Hochzeiten und privaten oder betrieblichen Feiern liegt der Preis für das Menü etwas höher.
Das wird es zu essen geben
Noch ist die Kalkulation nicht komplett fertig, doch Brandt präsentiert freimütig seine kulinarischen Ideen auf einem DIN-A4-Blatt – halb gedruckt, halb handschriftlich hinzugefügt. Auf der Karte für mittags stehen Gerichte, „die jeder mag“, ist er sich sicher: Flammkuchen, Caesar‘s Salat, Trüffel-Pommes zu moderaten Preisen. Sogar ein Wiener Schnitzel soll serviert werden – auf gehobenem Niveau natürlich.
Auch am Abend muss es kein komplettes Menü sein. Wer Brandts Küche kennt, der kann sich auf seinen Signature Dish freuen, ein zartes Tatar vom Wagyu-Rind, versteckt unter einer Kaviarschicht, mit Kimizu, geschlagener Crème fraîche und knusprigen, hausgemachten Sauerteigchips. Er nennt es augenzwinkernd „Dosefutter“, weil die Kaviardose mit auf den Tisch kommt.
„Wir freuen uns auf jeden Gast“
Das ist sicher nichts für jeden Geldbeutel und auch nicht für jeden Tag. Aber Brandts Angebot zeigt, dass er den Spagat versucht – um die Weinheimer zu bedienen, die sich einen Ort zum Feiern wünschen, aber auch für die mittägliche Einkehr nach dem Spaziergang im Schlosspark, und die anspruchsvollen Gourmets, die für den großen Namen nach Weinheim kommen werden. „Eine große Chance, Weinheim als gastronomischen Standort über die Region hinaus bekannt zu machen“, hatte Weinheims OB Manuel Just schon im Januar geschwärmt. Die hiesige Klientel soll darüber hinaus aber nicht vergessen werden. Dazu passt die Botschaft Brandts: „Mir liegt besonders am Herzen, dass wir eine kulinarische Begegnungsplattform für Gäste aus nah und fern erschaffen, die niemanden ausschließt, sondern die Menschen zusammenbringt.“
Dafür will er die Hemmschwelle niedrig halten. „Wir freuen uns auf jeden Gast“, kündigt er an. Dazu gehören für ihn natürlich auch solvente Unternehmer, die er gerne an einem „Chefs‘ Table“ zu einem exklusiven Stammtisch zusammenbringen will. Der soll im hinteren Bereich des Restaurants Platz für bis zu zwölf Gäste bieten. Am „Chefs‘ Table“ können aber auch Events wie Champagnerverkostungen mit Food-Pairing, Weinproben oder kleinere Feiern stattfinden. Im früheren Nebenzimmer, dem Gelben Salon, wird ein Kochstudio eingerichtet. Die Nutzung ist ausbaufähig. „Alles ist möglich“, so Brandt.
Die Öffnungszeiten
Ohnehin bereitet sich der Küchenchef auf eine ständige Weiterentwicklung seines Konzepts vor, das das Schlossparkrestaurant zu einem kulinarischen Wohlfühlort machen soll. Zunächst zu folgenden Öffnungszeiten: montags ab 17 Uhr, Dienstag und Mittwoch sind Ruhetage, donnerstags ab 17 Uhr sowie freitags, samstags und sonntags durchgehend von 12 bis 22 Uhr. Dann kommen die Gäste auch bei Kaffee und Kuchen auf ihre Kosten.
Start erst nach dem 18. Mai
Der Eröffnungstermin zum großen Heimattage-Wochenende am 17. und 18. Mai lässt sich – angesichts der Renovierungsmaßnahmen – wohl nicht halten. „Aber danach geht es los – endlich!“, sagt Brandt voller Vorfreude – auf sein erstes eigenes Restaurant.
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