Ludwigshafen. Ein tiefer Schmerz legt sich am Mittwoch über den Ludwigshafener Hauptfriedhof. Mehr als 200 Menschen sind gekommen, um sich von Sascha und Jonas zu verabschieden, den beiden Männern, die Mitte Oktober bei einer brutalen Messer-Attacke im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim gestorben sind. Und deren Tod eine klaffende Lücke im Leben ihrer Familie, Freunde und Weggebleiter hinterlassen hat. Wie groß ihr Schmerz ist, ist in der Trauerhalle fast körperlich spürbar. Da sind die stummen Tränen und die langen Umarmungen. Menschen, die von Schluchzern geschüttelt werden.
Eng verknüpfte Lebenswege
Rund 150 Trauernde haben in der Halle Platz genommen, andere stehen dicht gedrängt im Eingangsbereich. Wieder andere versammeln sich draußen vor einer Leinwand. Um den Tod der beiden Männer zu betrauern, die am 18. Oktober von einem Somalier mit einem 30 Zentimeter langen Messer angegriffen worden sein sollen. Den 20-jährigen Jonas tötete er laut Polizei mit mehreren Stichen in die Brust. Sascha, der ihm zu Hilfe eilen wollte, mit einem Stich in den Hals. In den kommenden Tagen sollen beide im engsten Familien- und Freundeskreis bestattet werden.
Dann wird es drinnen ganz leise. Bis Depeche Modes „Enjoy The Silence“ die Stille durchbricht. Die Blicke der Trauernden sind auf Bilder der beiden Männer im vorderen Teil der Trauerhalle gerichtet, schwarze Bilderrahmen zwischen Blumen, Lichtern und Kränzen. Trauerrednerin Heike Koch-Barth beginnt zu sprechen. Über so viele Anfänge im Leben von Sascha und Jonas, die unvollendet geblieben seien. Über Träume und Pläne, die nie mehr zu Ende gebracht werden könnten. „Das tut unfassbar weh“, sagt sie. Was von ihnen bleibe, sei die Erinnerung, sagt Koch-Barth und taucht mit den Trauernden ein, in das Leben der beiden jungen Männer, die eine tiefe Freundschaft verband, deren Lebenswege eng miteinander verknüpft waren. Und die gemeinsam gestorben sind.
„Jonas’ Mutter hat schon auf Sascha aufgepasst, als er noch ein kleiner Junge war – und später war Sascha der Babysitter von Jonas.“ Die Familien hätten einige Zeit sogar im gleichen Haus gelebt. Und kurz vor ihrem Tod hätten Jonas und Sascha gemeinsam für den Malerbetrieb von Jonas’ Vater gearbeitet. In einer Zeit, in der Jonas „aufgeblüht“ sei. Und in der auch Sascha ein erfülltes Leben geführt habe, mit seiner Frau und den beiden Kindern. „Dieses Lied hat er so gern mit seiner Tochter gehört“, sagt Koch-Barth. Und dann fließen sie wieder, die Tränen. Viele Tränen. Während Kinderrapper Dikka und Singer-Songwriterin LEA die Trauergemeinde einhüllen: „Weißt du eigentlich, wie doll ich dich lieb hab? So doll, dass es überall schon drückt. Weißt du eigentlich, wie doll ich dich lieb hab? Einmal bis zum Mond und zurück.“
Ihr Song – ein Soundtrack wie gemacht für die Kinderzimmer-Szenerie, die Trauerrednerin Koch-Barth später beschreiben wird. Wie Sascha und seine Tochter gemeinsam toben, einen Salto auf dem Bett schlagen, er ihr eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest. Und sich dann aus ihrem Zimmer verabschiedet. Mit den immer gleichen Worten: „Gute Nacht, schlaf gut, träum süß und bis morgen.“
Tattoo als Gedenken an Verstorbenen
„Es gab so viele schöne Momente im Leben der beiden – wie sie aufgewachsen sind und erwachsen wurden“, sagt Koch-Barth. Immer wieder benennt sie Jonas’ Freundeskreis, die Kumpels, die sich nach seinem Tod seinen Spitznamen tätowieren ließen. Und die Liebe im Leben der beiden Männer, die Verbundenheit mit den Menschen um sie herum. „Man sagt, es gibt ein Land der Lebenden und ein Land der Toten. Man sagt auch, es gibt nur eine einzige Verbindung zwischen ihnen – die Brücke aus Liebe und Erinnerung“, zitiert die Trauerrednerin den US-Autor Thornton Wilder. „Vielleicht würden uns die beiden folgende Zeilen mitgeben: Wir haben gelebt. Wir haben hell geleuchtet. Und dann sind wir gestorben – aber nicht wirklich. Denn jemand wie wir kann nicht sterben wie gewöhnliche Menschen. Wir bleiben, wir werden immer hier sein. In den Menschen, die wir zurückgelassen haben“, sagt die Trauerrednerin und deutet auf eine Leinwand mit Fußspuren, an der Herzen haften, die die Trauernden mit nach Hause nehmen können – als Erinnerung an die Spuren, die Sascha und Jonas in ihrem Leben hinterlassen haben.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-das-tut-unfassbar-weh-bewegende-trauerfeier-nach-messerattacke-in-ludwigshafen-_arid,2016629.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen.html