Bahnverkehr

Bahnstrecke Mannheim-Frankfurt: Seit Jahresbeginn täglich eine Störung

Während einer Zugfahrt erläutert die Bahn Einzelheiten zur Riedbahnsanierung im nächsten Jahr. Während Verkehrsminister Wissing das bisherige Sanierungskonzept für gescheitert erklärt, kommt aus Rheinland-Pfalz Kritik

Von 
Christian Schall
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Ein Regional-Express von Frankfurt nach Mannheim passiert Lampertheim. Während der Generalsanierung der Riedbahnstrecke ab Sommer 2024 fahren dort keine Züge. © Sebastian Gollnow/dpa

Mannheim. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der für Infrastruktur zuständige Bahn-Vorstand Berthold Huber, DB-Netz-Vorstandschef Philipp Nagl und viele weitere Verantwortliche der Deutschen Bahn (DB) - allein das personelle Aufgebot an Führungskräften während einer Medienveranstaltung veranschaulicht, welche Bedeutung die Generalsanierung der Riedbahn ab dem Sommer 2024 hat.

Wie berichtet, wird die Strecke zwischen Mannheim und Frankfurt, eine der bundesweit wichtigsten im Bahnnetz, im nächsten Jahr komplett saniert und für fünf Monate gesperrt. Die mediale Aufmerksamkeit für das Vorhaben ist deshalb so groß, weil es ein Pilotprojekt ist. Es handelt sich um den ersten Baustein auf dem Weg zu einem geplanten Hochleistungsnetz, und es ist ein Vorbild für andere, ähnlich bedeutende Streckenabschnitte in Deutschland, die bis zum Ende des Jahrzehnts ebenfalls generalsaniert werden sollen.

Während einer Bahnfahrt von Frankfurt nach Lampertheim bezeichnet Berthold Huber die Riedbahn als „Hauptschlagader“ im Netz. Alles, was hier schieflaufe, strahle in die gesamte Republik aus. Etwa 300 Züge passieren die Strecke täglich. Seit Jahresbeginn sei jeden Tag mindestens eine Störung registriert worden, berichtet Huber. Er wisse das so genau, weil er eine Strichliste führe.

Nach der Fußball-EM geht es los

Für die Riedbahn steht das genaue Zeitfenster fest: „Die Sperrung beginnt am Tag nach dem Endspiel der Fußball-EM und dauert bis zum Fahrplanwechsel im Dezember“, erklärt der Bahn-Vorstand. Das wäre vom 15. Juli bis 15. Dezember 2024. Ziel ist es, den Weihnachtsreiseverkehr 2024 wieder ohne Behinderungen fahren zu können. So bliebe nur ein Puffer von gut einer Woche.

Ohne Vollsperrung zehn Jahre Bauzeit

Volker Wissing spricht über die Riedbahn vom „Sorgenkind“. Man wolle mehr Verkehr auf die Schiene bringen, dafür seien jedoch keine Kapazitäten mehr vorhanden. Bislang sei nur von Zukunftsprojekten für die nächsten Jahrzehnte, etwa Neubaustrecken, die Rede. „Dabei ist nie gesagt worden: ,Was können wir in diesem Jahrzehnt machen?‘“, kritisiert der Verkehrsminister.

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Schnell sei man in seinem Ministerium auf das Bestandsnetz gekommen. Doch der Idee, wie bisher bei laufendem Verkehr zu sanieren, erteilt Wissing für die Zukunft eine klare Absage: „Die Sanierung unter rollendem Rad ist gescheitert.“ Baustellen seien nie wirklich geplant, sondern immer spontan angegangen worden. Die dadurch entstehenden „massiven Einschränkungen sind den Menschen nicht mehr zumutbar“. Würde man das, was man bei der Riedbahn vorhat, ohne Vollsperrung - also nacheinander - erledigen, würden zehn Jahre vergehen.

500 Millionen Euro Baukosten

Deshalb kommt jetzt die Generalsanierung, als „Blaupause“ (Wissing) für andere wichtige Korridore. 500 Millionen Euro sind für die Riedbahn einkalkuliert. Wenn man die „Aorta“, wie Wissing die Strecke nennt, abklemme, brauche es funktionierende Bypässe - die Umleitungsstrecken. Deshalb werden sie gerade „ertüchtigt“, um für die Zeit der Sperrung leistungsfähig zu sein.

Der Zweckverband

 

  • Der Zweckverband Öffentlicher Personennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZÖPNV Süd) legt mit dem SPNV Rheinland-Pfalz Nord und dem Landesverkehrsministerium die Rahmenbedingungen für den Nahverkehr im Land fest.
  • Er plant, finanziert und organisiert alle Nahverkehrszug-Leistungen und die regionalen Buslinien.
  • Entscheidungsgremium ist die Verbandsversammlung. Dort werden grundlegende Entscheidungen zu verkehrspolitischen Leitlinien und dem Haushalt getroffen. cs

Trotzdem werden nicht alle Züge, die während der Bauzeit an die Bergstraße über Bensheim und Darmstadt sowie linksrheinisch über Worms und Mainz umgeleitet werden, fahren können. Besonders im Nahverkehr werden Fahrgäste sich an einen Schienenersatzverkehr gewöhnen müssen. Etwa 140 Busse und 400 Fahrer sind dafür notwendig, nach Angaben der Bahn steht die Vergabe der Leistung bevor.

„Entscheidende Details ungeklärt“

Beim Zweckverband Öffentlicher Personennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZÖPNV Süd) ist man damit überhaupt nicht einverstanden. Der Verband rechnet damit, dass 40 bis 50 Prozent der Nahverkehrszüge linksrheinisch ausfallen. Zwar trägt der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs die Grundkonzeption der Generalsanierung mit, „entscheidende Details“ seien aber noch ungeklärt.

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So könnten die Ersatzbusse den Mannheimer Hauptbahnhof gar nicht anfahren, weil vor dem Bahnhof gebaut werde. Das sei „sehr kundenunfreundlich“. Man habe der DB Netz vorgeschlagen, die Strecke in zwei Abschnitten (Frankfurt-Biblis und Biblis-Mannheim) zu sperren, „um so bessere und kundenverträglichere Ersatzkonzepte entwickeln zu können“. Das sei ins Leere gelaufen. „Damit wäre die Menge an Bussen (und insbesondere an Personalen) quasi halbiert worden“, argumentiert der ZÖPNV Süd.

Schienenersatzverkehr in Biblis bündeln?

Der Verband schlägt auch vor, die Ersatzverkehre aus dem Ried in Biblis zu bündeln und von dort einen leistungsfähigen Zugpendel nach Mannheim anzubieten. Von Biblis führt eine Strecke nach Worms, über Ludwigshafen könnten Züge dann nach Mannheim fahren. Das scheitere daran, dass die DB den Bahnhof Biblis hierfür nicht freigebe, weil sie dort selbst einen Umbau vorsehe. „Leider war man seitens der DB Netz AG nicht bereit, hier eine kundenfreundliche Lösung zu finden“, bedauert der Verband.

Zudem sieht der ZÖPNV Süd Zusatzkosten auf die Anbieter im Schienenpersonenverkehr zukommen, weil die „notwendigen, völlig neuen Betriebsprogramme ein Abweichen von kalkulierten Aufwendungen“ erfordern. „Die klare Forderung der Aufgabenträger ist, dass diese Zusatzkosten über das Sanierungsprojekt finanziert werden“, heißt es. Es fehle eine „zuverlässige Angabe darüber, dass die Mehrkosten durch die DB Netz ausgeglichen werden“.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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