Erinnerungskultur

Bad Dürkheim ehrt weiterhin Nazis auf Straßenschildern

Ein Bürgerentscheid kippte am Sonntag das Votum des Stadtrates: Drei Straßennamen bleiben bestehen, obwohl die Söhne der Stadt überzeugte Anhänger Hitlers waren. Das klare Ergebnis zeigt, wie sehr die Stadt an den Namen hängt

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Stephan Alfter
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Geht es nach dem Stadtrat in Bad Dürkheim, steht hier künftig Lindenallee. © Peter Kretzschmar

Bad Dürkheim. Der gewählte Stadtrat von Bad Dürkheim ist in einem von den Bürgern initiierten Entscheid „überstimmt“ worden. Am Sonntag votierten 73,7 Prozent der Wähler dafür, eine lange diskutierte Umbenennung von Straßen nun doch nicht vorzunehmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 38 Prozent. Damit bleibt es bei den vorhandenen Namen - nämlich Karl-Räder-Allee, Philipp-Fauth-Straße und Maler-Ernst-Straße.

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Wie mehrfach ausführlich berichtet, hatte sich der Stadtrat zunächst sehr deutlich dafür entschieden, die Straßen umzutaufen, weil die Namensgeber als Anhänger, Propagandisten und sogar Mitarbeiter des NS-Regimes fungiert hatten. Das ergaben wissenschaftliche Untersuchungen durch anerkannte Historiker. Als klar war, dass man sich von den Namen trennen wollte, begehrten Bürger und Anwohner auf. Unter anderem führten sie Aufwand, Kostengründe, aber auch vermeintlich fehlerhaften Umgang mit der deutschen Geschichte als Gründe an. Immer wieder gehörtes Argument - auch außerhalb von Bad Dürkheim: Dann müsste man viele Straßen umbenennen. Dass mit solchen Argumenten Gräueltaten der Nationalsozialisten während des von ihnen ausgelösten Zweiten Weltkriegs relativiert werden, erkennen Gegner der Umbenennung kaum an.

Bürgermeister sieht auch Chance

Jedenfalls fielen am Sonntag 4256 Stimmen in die Urne, die dafür sind, an den Namensgebern, die in Bad Dürkheim bekannte Leute waren, festzuhalten. Lediglich 1522 Stimmen waren für eine Umbenennung mit entsprechender Aufklärung über die bisherigen Straßennamen.

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Bürgermeister Christoph Glogger äußerte sich am Sonntagabend nach Abschluss des Bürgerentscheids. Er sieht in dem Ergebnis auch Chancen: „Nun haben die Dürkheimerinnen und Dürkheimer entschieden. (...) Damit erinnern wir weiter an drei Persönlichkeiten, die in der NS-Zeit überzeugte Anhänger des Regimes waren. Diese Wunde in der Stadt ist auch eine Chance: Sie mahnt uns, die Erinnerung wach zu halten und aus der Geschichte zu lernen“, so Glogger. In den Gremien werde nun diskutiert, wie dieses Ziel durch eine entsprechende zusätzliche Beschilderung oder eine Gedenktafel erreicht werden könne.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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