Bürgerentscheid

Initiative aus Bad Dürkheim will weiter Nazis auf Straßenschildern ehren

Werden drei Straßen in Bad Dürkheim umbenannt? Am Sonntag, 24. September, wird eine im Ort lange diskutierte Frage entschieden. Für den Stadtrat ist die Antwort klar. Doch eine Initiative wehrt sich

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Stephan Alfter
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Geht es nach dem Stadtrat in Bad Dürkheim, steht hier künftig Lindenallee. © Peter Kretzschmar

Bad Dürkheim. Rund 1500 Unterschriften hat eine Bürgerinitiative in der Kurstadt gesammelt und im Juni an die Stadt übergeben. Ihre Forderung ist sehr einfach: Die Umbenennung dreier Straßen, die den Namen von früher bekannten Dürkheimern tragen, soll unterbleiben.

Dabei hatte der Stadtrat fast einstimmig beschlossen, die Straßen nach ehrenwerteren Söhnen und Töchtern der Stadt zu benennen. Bisher waren sie nach Philipp Fauth, Karl Räder und Gustav Ernst (Maler Ernst) benannt. So war man sich unter den Lokalpolitikern einig, dass aus der Philipp-Fauth-Straße die Johannes-Fitz-Straße, aus der Karl-Räder-Allee die Lindenallee und aus der Maler-Ernst-Straße die Rudolph-Christmann-Straße werden sollen.

Diese Straßen sollen umbenannt werden

  • Philipp-Fauth-Straße in Johannes-Fitz-Straße
  • Karl-Räder-Allee in Lindenallee
  • Maler-Ernst-Straße in Rudolph-Christmann-Straße

Mit Johannes Fitz als Mitorganisator des Hambacher Festes von 1832 und Rudolph Christmann als Abgeordneter im Paulskirchenparlament von 1948 sollten zwei Söhne der Stadt mit einem Straßennamen geehrt, die sich in ihrer Zeit aktiv für Freiheit und Demokratie einsetzten.

Straßen in Bad Dürkheim nach Anhängern der Nazi-Ideologie benannt

So einig sich der Stadtrat nach einem zweijährigen Prozess des Lernens und Abwägens war, so uneinig ist sich die Bevölkerung in der Kleinstadt, die Luftlinie nur 25 Kilometer von Mannheim entfernt am Rande des Pfälzerwaldes liegt. Vor allem Anwohner in den genannten Straßen wehren sich. Der Streit hat das Zeug zur Spaltung der Stadtgesellschaft.

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Alle drei bisherigen Namensgeber lebten während der Zeit des Nazi-Regimes und standen diesem - in unterschiedlicher Ausprägung - so nah, dass die Stadtverwaltung zu dem Schluss kam, dass die Benennung der drei Straßen „unangemessen“ ist. Karl Räder, Gustav Ernst und Philipp Fauth seien überzeugte Anhänger der menschenverachtenden nationalsozialistischen Ideologie und glühende Verfechter von Adolf Hitler gewesen, so die Stadt.

Philipp Fauth: Professor beim SS-Ahnenerbe

Historiker - darunter der kürzlich unerwartet verstorbene Volkskundler Roland Paul - haben diese Bezüge der Namensgeber zur NS-Zeit nachgewiesen. So sei beispielsweise Mundartdichter Karl Räder ein Propagandist des Nazi-Regimes gewesen.

Bei allen dreien finde sich demokratiefeindliches, nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut. Die Diskussion um die Umbenennung kam zustande, weil in Bad Dürkheim der 150. Geburtstag Karl Räders begangen werden sollte und man sich unsicher war, wie man ihn ehren könne.

Bereits im Jahr 2017 hatte es erste kleinere Diskussionen gegeben. Damals stand der 150. Geburtstag von Philipp Fauth an. Der als „Mondforscher“ nicht gänzlich unbekannt gebliebene Mann hat seinen Professorentitel dem SS-Ahnenerbe zu verdanken - einer nationalsozialistischen Forschungseinrichtung, die unter dem Diktat Heinrich Himmlers stand. Hitler unterschrieb die Ernennungsurkunde persönlich.

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Weil eine Umbenennung der Straßen mit einem Aufwand für die Anwohner verbunden wäre, wollte die Stadtverwaltung die anfallenden Gebühren weitgehend erlassen. Sie sollten zusätzlich mit einem Dürkheim-Gutschein in Höhe von 25 Euro entschädigt werden, einem Gutschein für den Einzelhandel.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass die Karl-Räder-Allee in Anna-Bergner-Allee umbenannt werden soll. Das ist so nicht korrekt. Sie soll künftig Lindenallee heißen. Wir haben den Fehler korrigiert.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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