Biblis. Die Blechkisten sind 1,2 Meter mal 80 Zentimeter groß, so groß wie eine Europalette. In solche Kisten muss am Ende alles hineinpassen. „Unsere Aufgabe ist es, das Kernkraftwerk in die Größe von solchen Container-Boxen zu zerlegen“, macht der Bibliser Kraftwerkssprecher Alexander Scholl deutlich, was bis zum Jahr 2032 auf dem Gelände stattfindet. Dann soll das Kraftwerk zurückgebaut sein. Nur die Außenhüllen werden noch stehen. Ob auch diese weithin sichtbare Landmarke fallen wird, ist noch nicht entschieden, aber dann auch keine Sache mehr, die unters Atomgesetz fällt.

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Die Größe der zusammen gesägten Einzelteile ist entscheidend dafür, was mit ihnen passiert. Denn der Inhalt dieser Kisten wird in der Freimessanlage auf seine Strahlungsintensität überprüft. Liegt die Strahlung bei weniger als zehn Mikrosievert, gilt der Abfall nicht mehr als Atommüll. Zum Vergleich: jeder Mensch in Deutschland ist einer Strahlenbelastung von 2100 Mikrosievert ausgesetzt. Flüge, Skiurlaube und medizinische Untersuchungen kommen noch dazu. 24 Strahlungsdetektoren messen den Inhalt der Containerboxen.

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Dort soll der radioaktive Abfall hin?
Im Fokus steht indessen seit Monaten eine ganz besondere Abfallart, die beim Abriss anfällt: Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die im Kontrollbereich verbaut war und noch ist, also dort, wo radioaktive Strahlung hingelangt ist. Das Atomgesetz verbietet eine Wiederverwertung des Betons beispielsweise im Straßenbau, auch wenn die Strahlenbelastung noch so gering oder gar nicht mehr messbar ist.
Der „Problemmüll“ muss auf einer Deponie entsorgt werden, die für solche Abfälle zugelassen ist. Es geht nicht um die Brennstäbe, die in Castorbehältern nebenan in einer Halle, dem Standort-Zwischenlager verpackt sind, und auch nicht um den schwach- und mittelradioaktiven Abfall, der voraussichtlich ab 2027 in Schacht Konrad bei Salzgitter versenkt werden soll.
Der Kreis Bergstraße hat seit 2005 keine eigene Deponie mehr, entsorgt seinen Abfall überwiegend in auswärtigen Verbrennungsanlagen, auch in Mannheim. Nun muss der Kreis allerdings Deponiefläche für den eigentlich ungefährlichen Bauschutt aus Biblis finden. Bislang hat er sich Absagen von 260 Deponien eingefangen. Nun sind ihm das hessische Umweltministerium und das Regierungspräsidium Darmstadt zu Hilfe geeilt. Sie haben verfügt: Der Bauschutt kommt in die geografisch nächstgelegene Büttelborn. Doch dort will ihn niemand haben. Landrat Thomas Will (SPD) und eine Bürgerinitiative haben bereits angekündigt, gegen die Entscheidung bis zur höchsten Instanz zu klagen.
Zu viel Schutt auf dem Gelände des Kernkraftwerks
Eine schnelle Lösung ist also nicht zu erwarten. Indes drängt in dem seit 2011 stillgelegten Kraftwerk die Zeit. Es gibt die klare Ansage des Gesetzgebers, dass das Atomkraftwerk am Ende seiner Nutzung abgebaut werden muss. Damit hat RWE auch schon begonnen. Nur wird langsam der Platz auf dem Kraftwerksgelände knapp. 200 der insgesamt 3200 Tonnen dieses Bauschutts sind bereits freigemessen, könnten also irgendwo deponiert werden, wenn RWE das dürfte. Sie lagern an verschiedenen Stellen, unter anderem in orangenen Containern rund um die Kraftwerksblöcke. „Wir brauchen diesen Entsorgungsweg, sonst wird der Rückbau nicht funktionieren“, mahnt Kraftwerkssprecher Alexander Scholl. Rein rechtlich darf RWE den Bauschutt nicht auf seinem Gelände lagern. Außerdem hätte das Unternehmen mit den fortschreitenden Abrissarbeiten gar keinen Platz dafür. Scholl betont deshalb gebetsmühlenartig: „Es geht von dieser Anlage kein Atommüll auf eine Deponie raus.“
In der Kuppel von Block A, im immer noch hoch gesicherten Kontrollbereich, hat RWE mittlerweile im eine Rückbaufabrik aufgebaut. Hier werden die Anlagenteile zersägt, sortiert und durch verschiedene Reinigungstechniken gründlich gesäubert. Eine Hängebahn-Strahlanlage beschießt die Bauteile mit 2500 bar, andere kommen in Ultraschallbäder. Zwischenmessungen sorgen dafür, dass erst gar kein strahlendes Teil die Anlage verlässt.
Die mächtigsten Bauteile von Block A sind mittlerweile demontiert und zerlegt. Im Dezember wird der Dampferzeuger, die größte Komponente, vollständig abgebaut sein.
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