Kommentar Xavier Naidoos Kehrtwende sendet ein wertvolles Signal in die Gesellschaft

Jörg-Peter Klotz sieht Naidoos Stellungnahme positiv

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Jörg-Peter Klotz
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Dass Xavier Naidoo aus seinem persönlichen „Matrix“-Film aufgewacht ist, sich von Verschwörungserzählungen und vor allem Extremisten distanziert, ist eine gute Nachricht. Ein Prominenter weniger, der in Pandemie- und Kriegszeiten seine Reichweite nutzt, um immer wirrerem Unsinn eine Plattform zu geben. Der Mannheimer hat nun zumindest die Möglichkeit zur Bewährung verdient – eigentlich eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft ohne Ansehen der Person. Dafür muss er den Worten im dreiminütigen Video aber Taten und detailliertere Erklärungen folgen lassen.

Denn in den Reaktionen auf diese unerwartete Kehrtwende überwiegen Misstrauen und Häme. Und es stimmt: In 3:14 letztlich sehr unkonkreten Minuten kann man keine acht Jahre wieder gut machen, in denen Naidoo aktiv an der Radikalisierung von Teilen der Gesellschaft mitgewirkt hat. Und zur Ikone von teilweise gefährlichen Querdenkern geworden ist. Zumal seine Stellungnahme abgelesen wirkt und Vokabeln wie Verschwörungserzählungen nicht seinem Sprachgebrauch entsprechen.

Andererseits: Der 50-Jährige hat sich schon mehrfach von Reichsbürgertum, Antisemitismus, Homophobie oder Rassismus distanziert – und ist trotzdem immer weiter abgedriftet. Was damit bisher nie einherging: ein Wort wie Entschuldigung oder das Eingestehen von Fehlern. Für jemand, dessen langjähriges Credo „Ich glaube nicht, ich weiß“ gelautet hat und der allen Verschwörungsfantasien lange mehrere Schritte voraus war, ist dieses Video also durchaus ein massiver Schritt. Und es ist nicht unplausibel, dass die Familie seiner ukrainischen Ehefrau Naidoo den Kopf zurecht gerückt hat. Private Bezugspersonen können laut Experten wie Josef Holnburger „ein gefestigtes verschwörungsideologisches Weltbild noch am ehesten ins Wanken bringen“. Dass finanzielle Erwägungen nach abgesagten Tourneen und eingebrochenen Plattenverkäufen eine Rolle spielen, wäre untypisch. Zumal der Sänger ausreichend Vermögen angehäuft haben müsste.

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Seine persönliche Befindlichkeit ist ohnehin zweitrangig: So gefährlich und folgenreich sein Aktivismus zeitweilig gewesen ist, so wertvoll ist jetzt das Signal, das von seiner Distanzierung ausgeht. Nicht nur, dass der Verschwörungsglaube vieler Gefolgsleute dadurch erschüttert wird. Auch die rechten Rattenfänger, Krisenprofiteure, Demokratiefeinde und Verrückten, denen Naidoo viel zu lange sein Rampenlicht geliehen hat, sind jetzt ein Stück weit unglaubwürdiger.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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