Kommentar Wir alle müssen das Handwerk mehr wertschätzen

Wenn immer mehr Bäcker und Metzger in der Region ihren Betrieb aufgeben, dann liegt das auch an der mangelnden Wertschätzung ihrer Arbeit, glaubt Hans-Jürgen Emmerich

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Hans-Jürgen Emmerich
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Gerade erst ein Metzger in Schriesheim, jetzt der letzte Bäcker in Neckarhausen: Es scheint, als würde das Handwerk in der Region nach und nach aussterben. Und dabei hat es doch angeblich goldenen Boden. Woran also liegt es, dass immer mehr klassische Betriebe aufgeben?

Personal, Rohstoffe und die Bürokratie - stirbt das Handwerk in der Region aus?

Da ist zuerst das fehlende Personal zu nennen. Es wird offenbar immer schwerer, Menschen zu finden, die bereit sind, mitten in der Nacht aufzustehen, um Brot und frische Brötchen zu backen oder sich auch an Samstagen oder sogar an Sonntagen hinter die Ladentheke zu stellen, um diese Backwaren zu verkaufen. Dabei hat der jetzt aufgebende Betrieb in Neckarhausen nicht nur nach Tarif bezahlt, sondern darüber hinaus.

Da sind zum Zweiten die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie. Wenn es immer teurer wird, frische Backwaren zu produzieren, dann lassen sich irgendwann kostendeckende Preise dafür nicht mehr am Markt realisieren. Bei den Bäckern ist das aber gar nicht das Problem. Wer die Frische und Qualität des Brots und der Brötchen seines Bäckers vor Ort zu schätzen weiß, der ist bereit, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Und der ist nicht selten sogar günstiger als bei den immer mehr auf den Markt drängenden Filialisten.

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Und da ist zum Dritten die immer weiter wachsende Bürokratie, die die Inhaber von Familienbetrieben hinter vorgehaltener Hand beklagen. Hier täte die Politik gut daran, auf die Stimmen derjenigen Menschen zu hören, die das Tag für Tag auszubaden haben.

Handwerk ist keine Strafarbeit - sondern wertvoll

Entscheidend kommt es aber darauf an, jungen Menschen zu vermitteln, dass Handwerk keine Strafarbeit ist, sondern zu einem erfüllten Leben beitragen kann. Wenn jemand am Backofen oder hinter der Theke steht, dann ist er für die Gesellschaft mindestens genauso wertvoll wie derjenige, der studiert hat. Wir brauchen nicht nur Architekten, die wissen, wie man baut, wir brauchen vor allem auch die Maurer, Verputzer und Zimmerleute, die anpacken und die Arbeit machen. Sie werden wir ebenso wie die Bäcker, Metzger und die Fachverkäufer nur dann bekommen, wenn wir alle ihre Arbeit wertschätzen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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