Kommentar Wertvolle Studie aus Mannheim

MM-Redakteur Stephan Alfter findet, dass die Missbrauchsuntersuchung von Studienleiterin Sylvia Schraut eine sinnvolle Fortführung der

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Stephan Alfter
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Speyer. Welches Gewicht der erste Teil der Mannheimer Missbrauchsstudie über das Bistum Speyer hat, dürfte noch nicht jedem klar sein. Wäre Bischof Anton Schlembach nicht vor fünf Jahren gestorben und noch im Amt – dann wäre der Vorgänger Karl-Heinz Wiesemanns (bis 2007) wohl spätestens jetzt zum Verzicht gezwungen – und zwar wegen Vertuschung sexuellen Missbrauchs.

Mehr als 100 Geistliche im Bistum Speyer wurden seit 1946 solcher Taten bezichtigt. Jahrzehntelang geschah – nichts. Priester, die Kinder missbrauchten, wurden versetzt statt gestoppt. Akten wurden bereinigt, Gespräche nicht protokolliert, Hinweise ignoriert. Bis in die 2010er Jahre tat man auch im Bistum Speyer so, als gäbe es sexuellen Missbrauch nicht. Bei der Amtsübergabe zwischen Schlembach und Wiesemann wurde über das Thema nicht gesprochen, wie Wiesemann nun zugab. Unter dem Deckmantel des Seelsorgeauftrags und dem Schutz einer klerikalen Hierarchie konnten sich Täter sicher fühlen.

Dass die Universität Mannheim in ihrer Teilstudie schon jetzt sehr genau nachweisen kann, wie tief das Versagen der Kirchenverwaltungen reicht, ist ein Verdienst der gesprächsbereiten Opfer, aber auch der kritischen Recherchen von Journalisten, wie Studienleiterin Sylvia Schraut betont. Aber: Noch immer sitzen in der Bischofskonferenz Köpfe, die auf juristische Winkelzüge und nicht auf Transparenz setzen. Würdenträger wie der Kölner Bischof Rainer Maria Woelki meiden die Verantwortung wie der Teufel das Weihwasser. Ihr Leitprinzip ist allein der Schutz ihrer Institution. Der Speyerer Bischof Wiesemann hat länger gebraucht, ehe er sich auf den harten Weg der Aufarbeitung begeben hat. Inzwischen gehört er mit einem klaren Handlungsplan und seiner empathischen Art, den Opfern auch zuzuhören, zu den Vorbildern dieses Prozesses. Bis Menschen der Institution Kirche wieder vertrauen können, wird es aber Zeit brauchen. Es wurde über Jahrzehnte zerstört.

Unter dem Deckmantel des Seelsorgeauftrags und dem Schutz einer klerikalen Hierarchie konnten sich Täter sicher fühlen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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