Natürlich kann man es sich jetzt einfach machen und wieder einmal auf die Städte Ludwigshafen und Mannheim einprügeln. Neben der hässlichsten Stadt Deutschlands ist Ludwigshafen jetzt nämlich auch noch die am meisten versiegelte. Auch Mannheim, das im Hitze-Check nicht viel besser abschneidet, hat von der Deutschen Umwelthilfe eine „Rote Karte“ erhalten. Für Naturschützer ist das eine dankbare Steilvorlage, um ihre Forderungen zu platzieren. In diesem Fall ist das aber ziemlich plump.
Allein ein Blick auf das Satellitenbild bei Google Earth zeigt, dass gerade Ludwigshafen ganz andere Voraussetzungen hat als viele Städte: dieser riesige graue Fleck, das weltweit größte zusammenhängende Chemieareal, das BASF-Stammwerk. Zehn Quadratkilometer umfasst es, eine Fläche nahezu so groß wie die Gemarkung von Edingen-Neckarhausen. Mehr als ein Achtel des Ludwigshafener Stadtgebietes macht die BASF aus – und da sind andere Industrieflächen noch nicht eingerechnet.
Grünflächen gibt es dort aus guten Gründen nicht. Der Boden muss versiegelt sein, damit keine Schadstoffe in das Grundwasser gelangen. Absolut einleuchtend. Fairerweise müssten Industrieflächen also aus Erhebungen wie dem Hitze-Check herausgerechnet werden. Auf diese Problematik verweist die Stadt Ludwigshafen zurecht.
Das soll nun für Industriestädte wie Ludwigshafen und Mannheim aber keinesfalls ein Freifahrtschein sein. Die zunehmende Hitze in dicht bebauten Ballungszentren ist ein Riesenthema, das erheblichen Einfluss nicht nur auf die Lebensqualität, sondern letztlich auf die Gesundheit der Menschen hat. An einigen Stellen gibt es sicher noch Nachholbedarf. Insgesamt scheinen die Städte die klimatischen Probleme inzwischen jedoch erkannt zu haben – wenn auch reichlich spät.
Die noch größere Herausforderung ist es aber, das zeigt auch diese Debatte, Zielkonflikte zu lösen. Denn fordern Naturschützer wie in Ludwigshafen jetzt den Stopp für Neubaugebiete, ist das ungerecht den Menschen gegenüber, die dringend auf neuen Wohnraum angewiesen sind. Einen Abbau des Industriestandorts Mannheim/Ludwigshafen kann auch niemand ernsthaft wollen, schon gar nicht die Tausenden Beschäftigten in der Sparte. Sicher wäre es schöner, wenn eines Tages Grünzüge dort verlaufen, wo heute Chemieanlagen stehen, doch dann hätten die Städte ganz andere Probleme. Kompromisse sind gefragt. Und da würde ein Miteinander mehr helfen als ein Gegeneinander.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Versiegelung in Industriestädten wie Ludwigshafen: Kompromisse sind gefragt
Nach dem "Spitzenplatz" beim Hitze-Check für Ludwigshafen machen es sich Naturschützer mit der Kritik zu einfach, sagt Julian Eistetter. Industriestädte haben andere Voraussetzungen, das zeigt ein Blick auf Google Earth