Kommentar Verpatzte Deeskalation: Behörden haben zu lange geschwiegen

Florian Karlein findet, die Behörden haben zu lange geschwiegen

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Florian Karlein
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Endlich gehen die Sicherheitsbehörden in die Offensive. Die Geschehnisse vom Mannheimer Marktplatz, bei denen am Montag ein Mann nach einem Polizeieinsatz sein Leben verloren hat, bleiben zwar unübersichtlich. Aber Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft helfen mit den wenigen Informationen, das komplizierte Puzzle Stück für Stück zusammenzusetzen. Und noch viel wichtiger: Sie sprechen überhaupt. In der aufgeheizten Stimmung kann nur Transparenz die Wogen glätten – und das über jeden Ermittlungsschritt. Präsentieren die Behörden erst nach Abschluss der Ermittlungen ein Gesamtergebnis, geht das zulasten von dessen Glaubwürdigkeit und Legitimation.

Genau das kann sich die Mannheimer Polizei auf gar keinen Fall leisten. Denn mit einer Bestandsaufnahme hat Präsident Siegfried Kollmar Recht: „Wir haben Vertrauen verloren.“ Seit Jahren kämpft die Polizei darum – und mit einem Mal sind alle Bemühungen zunichtegemacht. Das Vertrauen in die Polizei ist plötzlich verloren. Das liegt nicht nur am Vorfall selbst. Ob die beiden Beamten falsch gehandelt haben, muss sich erst noch zeigen. Es liegt vor allem auch daran, wie Präsidium und LKA öffentlich kommunizieren.

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Fatalen Eindruck hinterlassen

Demonstrationen, auf denen der Polizei rassistische Gewalt vorgeworfen wird, zeigen, wie stark die Gemüter in der Stadt erhitzt sind. Längst hat die Rassismus-Debatte verdrängt, worum es eigentlich geht: Gingen die beiden Polizisten zu brutal gegen den Mann vor? Das müssen sich die beteiligten Behörden selbst zuschreiben. Polizeipräsident Kollmar brauchte mehr als zwei Tage, sich zu einer Stellungnahme durchzuringen. Sich darauf zu berufen, dass das Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen hat, vermittelt den Eindruck: Er duckt sich weg.

Zwei Dinge hätten die erhitzten Gemüter abkühlen können. Erstens: Eine Geste, die auf Versöhnung und Aufklärung ausgerichtet ist. Schon viel früher hätte dem Polizeipräsidenten ein Wort des Beileids in Richtung der Betroffenen gut zu Gesicht gestanden. Um den Tod eines Mannes bei einem Polizeieinsatz als tragisch einzuordnen, sollten keine tiefergehenden Ermittlungen nötig sein. Zweitens: Das Landeskriminalamt hätte seine Fehleinschätzung viel früher korrigieren müssen, Herkunft und Nationalität des Opfers spielten keine Rolle. Zu lange blieb offen, ob es einen Migrationshintergrund hatte. Genau das leistete den Rassismus-Vorwürfen Vorschub.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim