Mannheim. Gegen die beiden Beamten die bei dem Polizeieinsatz mit Todesfolge am Mannheimer Marktplatz im Einsatz waren, liegt nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Anzeige vor. Sie stamme von einem unbeteiligten Dritten, antwortete ein Sprecher der Behörde am Freitag auf die Frage, ob Angehörige des gestorbenen 47-Jährigen die Anzeige gestellt hätten. Da die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg nach dem Vorfall vom Montag sowieso schon ermitteln, hat die Anzeige keine besonderen Konsequenzen.
Beim Polizeieinsatz in der Mannheimer Innenstadt war der 47 Jahre alte Patient des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim zusammengebrochen und zunächst wiederbelebt worden. Später starb er im Krankenhaus. Die Ermittlungen werden nach Angaben der Behörden noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Für Samstag ist laut Polizei in der Innenstadt eine Versammlung gegen Polizeigewalt geplant.
Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, hat diese noch eine Handvoll Eingaben bekommen, die sich mit dem Fall befassen. Insbesondere würden darin Unmut und Bestürzung über den Vorfall zum Ausdruck gebracht, teilte der Sprecher mit. Teils seien auch Links dabei zu Videos im Internet, die das Geschehen ausschnittsweise zeigen sollen. "Es handelt sich dabei um bekannte Aufnahmen."
Die Erkentnisse der Pressekonferenz
Die zahlreichen ungeklärten Fragen zum Tod eines Mannes bei einer Polizeikontrolle in Mannheim könnten nach Angaben des Landeskriminalamtes erst in sechs bis acht Wochen beantwortet werden. Zwar sind nach Angaben des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA) Spuren stumpfer Gewalt an der Leiche festgestellt worden. Diese seien aber "von geringer Intensität gewesen", sagte LKA-Präsident Andreas Stenger am Mittwoch. Es sei weiter unklar, ob der 47-Jährige eines gewaltsamen oder eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) gehabt.
Der Mann war am vergangenen Montag nach dem Zusammenbruch zunächst wiederbelebt worden, später aber im Krankenhaus gestorben. Zuvor soll er sich nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft gewehrt haben. Gegen die beiden beteiligten Polizisten wird inzwischen wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge ermittelt. Sie sind nach Angaben des Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar vom Dienst suspendiert.
Die Männer seien seit mehreren Jahren im Polizeidienst. "Das sind Kollegen, die haben schon das eine oder andere Dienstjahr auf dem Buckel", sagte Kollmar. Die Beamten haben sich aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht zum Ablauf geäußert. Sie seien seines Wissens bislang auch nicht auffällig geworden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mannheim, Romeo Schüssler.
Seit dem Tod des Mannes sieht sich die Polizei heftiger Kritik ausgesetzt. Im Internet kursieren Videos, auf denen Schläge eines Polizisten gegen den Kopf eines auf dem Boden liegenden Mannes zu sehen sind. Unklar bleibt, warum die Polizisten bei dem Einsatz ihre Bodycams am Körper nicht aktiviert hatten.
Nach Angaben von LKA und Staatsanwaltschaft hatte zunächst ein Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim die Polizei über den 47-jährigen - einen Patienten - informiert, der hilfsbedürftig sei. Die beiden Beamten und der Arzt hätten den Mann gesucht und in der Innenstadt entdeckt. "Er hat sicherlich den Anweisungen der Beamten, stehenzubleiben, nicht Folge geleistet", sagte LKA-Chef Stenger. Man sehe zudem auf den Videos, dass er sich widersetzt habe, "dass da Bewegungen sind, dass da ein Schlagen ist". Man dürfe sich aber nicht von einzelnen Videosequenzen täuschen lassen, sagte er weiter.
Bislang haben sich laut LKA rund 30 Zeugen gemeldet. Außerdem seien mehr als 70 Videos zur Verfügung gestellt worden - inwieweit es sich dabei zum Teil um identische Videos handelte, ist nach Worten des LKA-Präsidenten noch unklar. Wegen scharfer Kommentierungen in den sozialen Medien wurden nach Polizeiangaben aber auch 150 Verfahren eingeleitet. Der Fall wird die Polizei aus Sicht ihres Mannheimer Präsidenten Siegfried Kollmar viel Vertrauen in der Stadt kosten. "Wir werden einige Wochen und Monate brauchen, bis wir Vertrauen zurückgewonnen haben", sagte Kollmar am Mittwoch in Mannheim. "Unsere Bemühungen haben einen Knacks bekommen."
Nach Angaben der Behörden handelte es sich bei dem verstorbenen 47-Jährigen um einen deutschen Staatsbürger mit kroatischen Wurzeln. Der Mann sei im September 2017 eingebürgert worden.
Reaktionen zum Vorfall - Mannheimer OB Kurz äußert sich
In der Regel wird auch immer gegen die am Einsatz beteiligten Polizisten ermittelt. Vor allem im Internet wird der Einsatz heftig kritisiert. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke) aus Mannheim forderte eine lückenlose Aufklärung. Es sei wichtig, mit weiteren Protestveranstaltungen den Druck aufrechtzuerhalten.
Der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), Memet Kilic, sagte, die Polizei habe als ausführendes Organ der Exekutive in ihrem Handeln weitreichende Eingriffsmöglichkeiten in die Grundrechte der Bürger. Deshalb müsse sie einer wachsamen demokratischen Kontrolle unterliegen: "Das im Netz verbreitete Video über dem polizeilichen Einsatz, bei dem ein Mann mit Migrationshintergrund ums Leben kam, sorgt zurecht für Fragezeichen. Umso wichtiger ist es nun, dass die Polizei Mannheim, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft eine transparente und rassismuskritische Aufklärung dieses Todes vorantreiben."
Der Oberbürgermeister von Mannheim, Peter Kurz (SPD), sagte, alle seien sehr betroffen vom Tod eines Menschen während, nach oder in Folge eines Polizeieinsatzes. "Sie alle wissen, wie wichtig uns ein friedliches, ein respektvolles Zusammenleben in unserer Stadt ist." Deswegen werfe dieser Polizeieinsatz Fragen auf. Diese Fragen müssten beantwortet werden, dafür seien Institutionen berufen wie die Staatsanwaltschaft, wie das Landeskriminalamt. "Ich denke, eine Bewertung des Polizeieinsatzes vor den Ergebnissen dieser Untersuchungen verbietet sich und ich appelliere an alle, dies genauso auch zu halten."
Ein 47-Jähriger war am Montag während einer Kontrolle durch zwei Polizisten zusammengebrochen und starb später im Krankenhaus. Er hatte sich gegen die Kontrolle gewehrt und war von den Beamten überwältigt worden. Was zu seinem Tod führte, ist bisher unklar. Zuvor hatte ein Arzt des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit die Polizei informiert, weil ein Patient möglicherweise Hilfe brauche. Zwei Beamte und der Arzt machten sich auf die Suche nach dem Mann.
Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) verurteilte Hass- und Hetzbotschaften in den sozialen Medien im Zusammenhang mit dem Vorfall scharf. GdP-Landeschef Gundram Lottmann sagte, solche Reaktionen seien nicht nur völlig unangemessen, sondern auch menschenverachtend. "Wir alle sind betroffen von dem traurigen Vorfall, vor allem die eingesetzten Beamten selbst. Derzeit ist weder die Todesursache bekannt, noch liegen konkrete Ermittlungsergebnisse vor."
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