Kommentar Traurig, aber wahr

Peter W. Ragge zur Schließung von Kirchen

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Peter W. Ragge
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Das ist heftig: Von 32 evangelischen Kirchen haben in Mannheim nur zwölf eine langfristige Bestandsgarantie. Das tut weh – und ist doch erst der Anfang. Auch den Katholiken steht solch ein gewaltiger Schrumpfungsprozess bevor, und nach den Kirchen folgen weitere Abstriche bei Gemeindehäusern sowie bei den Pfarrstellen.

Für die Gläubigen ist das bitter. Kirchen sind Identifikationsorte. Sie stellen oft architektonisch sehr bedeutende, herausragende Bestandteile eines Vororts dar, manchmal über Jahrhunderte hinweg als deren prägender Mittelpunkt. Aber nicht allein ihre Steine, ihre Gestalt als ein Ausrufezeichen Gottes im Alltag haben einen hohen Wert. Viele Menschen bleiben emotional eng mit Kirchenräumen verbunden, nachdem sie dort getauft, konfirmiert, getraut worden sind und weil sie dort unzählige Stunden mit ehrenamtlichem Engagement, von der Jungschar bis zum Seniorenkreis, verbracht haben.

Das alles soll nun geschlossen, verkauft, profan genutzt oder gar abgerissen werden? Dass dies zu Protesten vor Ort, zu Verletzungen und Frustration führt, ist absehbar und sehr verständlich.

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Aber genauso verständlich ist, dass das Dekanat handeln muss. Wenn die Zahl der Kirchenmitglieder so stark sinkt wie zuletzt, kann eben nicht mehr die gleiche Infrastruktur aufrechterhalten werden wie vor 30 Jahren. Das ist traurig, aber logisch.

Das Dekanat hat sich diese Entscheidung keineswegs leicht gemacht. Der Prozess erstreckt sich jetzt über zwei Jahre, ist stets transparent und demokratisch sowie unter Einbeziehung der Basis gelaufen – bei den Katholiken wird da viel, viel mehr von oben verordnet als bei der Evangelischen Kirche.

Entscheidend wird sein, welche neuen Lösungen nun für die Gebäude gefunden werden. Gut wäre, da ja auch die Katholiken sparen müssen, wenn künftig pro Stadtteil wenigstens ein christliches Gotteshaus erhalten bleibt – für gut funktionierende ökumenische Nutzungen gibt es ja bereits wenige, aber gute Beispiele. Auch die Kommunalpolitik sollte nicht nur zuschauen, wie die Kirchen ihre Gebäude reduzieren, sondern gemeinsam mit ihnen die Wege dazu klären. Schließlich sind Kirchen über Gottesdienste hinaus stadtbildprägende Kristallisationspunkte gesellschaftlichen und kulturellen Lebens in vielen Vororten, und die braucht man in jedem Fall weiterhin. Wandeln wird sich das Bild vieler Kirche wie der Stadtteile in jedem Fall. Sehr bedauerlich ist das – aber einfach eine Folge davon, dass sich die Gesellschaft verändert hat.

Redaktion Chefreporter