Meinung S-Bahn Rhein-Neckar: Es fährt kein Zug nach Irgendwo

Chaos bei der S-Bahn Rhein-Neckar. Das Deutschlandticket hat die Krise beim Regionalverkehr noch verschlimmert, kommentiert MM-Redakteur Stephan Alfter

Veröffentlicht
Kommentar von
Stephan Alfter
Lesedauer

Rhein-Neckar. Neben all dem, was uns sonst so gerade in der Seele weh tut, ist die x-te ausgefallene Zugverbindung innerhalb einer Woche wie der Eiterpickel auf der Nase. Und das am Abend des ersten Rendezvous. Noch nie hat man an Bahnsteigen in der Metropolregion Rhein-Neckar so viele fluchende und kopfschüttelnde Menschen auf einmal gesehen.

Es fährt kein Zug nach Irgendwo, könnte man in leichter Anlehnung an einen Schlager von Christian Anders sagen. Es herrscht mitunter blanke Wut, wenn auf dem Display zur letzten Zugverbindung des Tages zwischen Mannheim und Heidelberg nüchtern vermerkt ist: Entfällt heute! Und dann?

Interview

S-Bahn Rhein-Neckar: "Was ist da kaputt gegangen?"

Veröffentlicht
Von
Stephan Alfter
Mehr erfahren

Eine Brille ist nicht mehr notwendig, um zu erkennen, dass die Krise der S-Bahn Rhein-Neckar die Gesamtkrise der Deutschen Bahn ganz gut beschreibt. Ein halbes Jahr nach der Einführung des Deutschlandtickets leistet sich der Staatskonzern an vielen Stellen seines Schienennetzes einen Offenbarungseid. Stellwerke unbesetzt, Weichen irreparabel, Triebwagenführer in Rente. Der Bahnkunde sucht nach Lichtblicken - aber es gibt sie ebensowenig wie es den jungen Syrer gibt, der als ausgebildeter Stellwerker nach Deutschland einreist.

Mehr zum Thema

Verkehr

Wieder Personalmangel: Bahnverkehr in der Region wird reduziert

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren

Immer klarer wird vor allem, dass das sogenannte 49-Euro-Ticket, das im Frühjahr 2024 vermutlich mindestens zehn Prozent teurer wird, zum falschen Zeitpunkt eingeführt wurde. Über zehn Millionen Nutzern musste schnell klar werden, dass die vorhandene Infrastruktur mit den Ansprüchen eines zufriedenen Kunden völlig unvereinbar ist. Immer mehr Belastung für immer marodere Gleise. Die Bahnreform aus dem Jahr 1994 zeigt jetzt ihr hässliches Gesicht und entlarvt sämtliche Verkehrsminister der letzten 30 Jahre als planlose Stoiker.

Auch die Verantwortlichen beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) haben im Vorfeld der Einführung des vergünstigten Tickets gewarnt: Sie plädierten dafür, erst das Angebot auszubauen - und ein solches Ticket erst nach getaner Arbeit anzubieten. Der jetzige Effekt ist, dass die Bahn und mit ihr die Verkehrsverbünde einen enormen Imageverlust davontragen.

Das hat Verkehrsminister Volker Wissing, der sich einigermaßen müht, nicht bedacht. Ihm ging es um den eigenen Erfolg und eine beschleunigte Digitalisierung. Das mag für die Zukunft von Relevanz sein. Für den Augenblick ist die eilige Einführung des Deutschlandtickets aber lediglich ein Pyrrhussieg. Um im Bild zu bleiben. Von einem Date mit der Deutschen Bahn sieht man derzeit besser ab.

Jetzt für MM+ Abonnenten: Das E-Paper am Sonntag



Für MM+ Abonnenten: Lesen Sie kostenfrei unser E-Paper am Sonntag - mit allem Wichtigen aus Mannheim und der Region, dem aktuellen Sport vom Wochenende sowie interessanten Verbraucher-Tipps und Reportagen. Das Geschehen in Deutschland und der Welt ordnen unsere Korrespondenten für Sie ein.

Hier geht es zum E-Paper - ab dem frühen Sonntagmorgen für Sie verfügbar

Sie haben noch kein MM+ Abo? Dann sichern Sie sich den MM+ Kennenlernmonat  

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

VG WORT Zählmarke