Kommentar Packt es Evelyn Palla als Bahn-Chefin?

Erstmals steht eine Frau an der Spitze des Staatskonzerns. Leider ist das in der Wirtschaft noch immer die Ausnahme, kritisiert Walter Serif.

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Walter Serif
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Mannheim. Kennen Sie Patrick Schnieder? Inzwischen vielleicht schon. Der Verkehrsminister gehörte zwar anfangs in der schwarz-roten Regierungskoalition eher zu den Randfiguren. Seinen Bekanntheitsgrad hat der Rheinland-Pfälzer aber schnell mit dem schlagzeilenträchtigen Rausschmiss des Bahn-Chefs Richard Lutz erhöht. Und dann setzte der CDU-Politiker noch einen drauf, als er mit der Südtirolerin Evelyn Palla erstmals eine Frau als Bahn-Chefin durchdrückte.

Interview

Mannheimer Wissenschaftler: „Frauen dürfen sich viel weniger erlauben“

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Während Schnieder jetzt als Macher gilt, kann man nur hoffen, dass Palla bei der Bahn mehr auf die Reihe bekommt als ihre Vorgänger, die allesamt Männer waren. Denn Frauen in Führungspositionen werden ja nicht nur in der Wirtschaft kritisch beäugt. Ein Paradebeispiel ist Angela Merkel. Die von ihren männlichen Konkurrenten als „Kohls Mädchen“ verspottete Politikerin griff 2000 nach dem CDU-Vorsitz, als die Partei in der Krise war und räumte in den Jahren danach alle ihre männlichen Konkurrenten aus dem Weg.

Ein gewisser Friedrich Merz musste eine Ewigkeit warten, bis er doch noch zum Zug kam. Oder Ursula von der Leyen. Auch sie wurde von den Männern am Anfang ihrer Karriere nicht ernst genommen, übte aber mehrere Ministerämter aus und sitzt als EU-Kommissionschefin in Brüssel.

Während in der Politik Frauen in Führungspositionen keine Ausnahme mehr sind, gehen sie in der Wirtschaft noch immer sehr oft leer aus. Es kursieren da viele Erklärungen. Dass Frauen sich einfach nicht trauen, nicht hart genug sind. Oder dass die Männer Seilschaften bilden und alles unternehmen, damit nur keine Frau den Klüngel stört.

Auch in der Krise setzen die meisten Unternehmen noch immer auf Männer.

Die Unternehmensberaterin Marilyn Loden hat 1978 für dieses Phänomen den Begriff der „gläsernen Decke“ geprägt. Dabei handelt es sich um eine unsichtbare Barriere, die Frauen am Aufstieg in Spitzenämter hindert. Dass aber gegenwärtig neben der Bahn auch Daimler Truck und die Commerzbank Frauen als CEOs haben, ist für den Mannheimer Wissenschaftler Max Reinwald dennoch kein Zufall. Er sieht da ein Muster. Unternehmen würden in der Krise eher auf weibliche Führungskräfte setzen. Mit diesem leider noch immer außergewöhnlichen Schritt würden sie dann öffentlichkeitswirksam ihre Handlungsfähigkeit beweisen wollen.

Das klingt einleuchtend, aber unterm Strich setzen auch in der Krise die meisten Unternehmen noch immer auf Männer. Wie die BASF. Sie hat sich für Markus Kamieth entschieden, Melanie Maas-Brunner konnte sich nicht durchsetzen. Die Chancen, dass Evelyn Palla bei der Bahn scheitert, sind nach Reinwalds Erkenntnissen jedenfalls beträchtlich. Sie steht sozusagen auf der „gläsernen Klippe“. Dort ist die Absturzgefahr besonders hoch. Bleibt zu hoffen, dass dies Palla nicht passiert.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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