Es wirkt einfach zynisch: Bilfinger-Chef Tom Blades erklärt fast die Hälfte der Mitarbeiter in der Mannheimer Zentrale für überflüssig – weil sie ihren Job so gut gemacht haben. Sie haben in den vergangenen Jahren der Unsicherheit einige Herkulesaufgaben gelöst: zum Beispiel einen umfassenden Konzernumbau gestemmt, der mit dem Wandel vom Baukonzern zum Industriedienstleister einherging. Und sie haben dazu beigetragen, dass ein unübersichtliches Gewirr von Gesellschaften zu einer Einheit zusammenwächst. Zur Belohnung werden ihre Stellen nun abgebaut.
Immerhin geht der Vorstand mit gutem Beispiel voran und reduziert die Zahl seiner Mitglieder. Für die betroffenen Mitarbeiter ist das kein Trost. Der scheidende Personalchef hat allein 2018 zwei Millionen Euro verdient. Mit dieser finanziellen Basis lässt sich ein früher Abschied deutlich leichter verkraften als für „normale“ Angestellte, auch wenn diese voraussichtlich mit einer Abfindung rechnen können.
Hoffnung zerschlagen
Klar, Bilfinger muss schlagkräftiger und profitabler werden, um endgültig die roten Zahlen hinter sich zu lassen. Dazu gehören auch schlankere Strukturen in der Verwaltung, nachdem viele Aufgaben weggefallen sind. Dass der Kahlschlag aber so massiv ausfallen soll, ist schwer nachvollziehbar. Schließlich hat Blades auch neues Wachstum für den Konzern angekündigt, selbst Zukäufe hält er für möglich. Um das zu managen, braucht es auch ausreichend Personal in der Hauptverwaltung. Die Hoffnung, dass Bilfinger nach seiner rasanten Talfahrt wieder zur Ruhe kommt, hat sich erst einmal zerschlagen.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Konzernspitze die erneuten drastischen Sparmaßnahmen eingeleitet hat, weil sie enorm unter Druck steht. Blades hatte zum Amtsantritt vor allem Verlässlichkeit zugesichert. Jetzt muss er aber einräumen, dass er das Margenziel nicht so schnell erreicht wie versprochen. Deshalb ist wohl auch der Aktienkurs am Mittwoch so stark engebrochen. Nun sollen die Sparmaßnahmen helfen, die bessere Marge doch noch zu erreichen.
Für den Industriestandort Mannheim war der Mittwoch kein guter Tag. Dass der einst stolze Traditionskonzern Bilfinger seine Zentrale ausdünnt und entmachtet, ist allein schon erschreckend. Doch auch die Zukunft von GE in Mannheim ist besorgniserregend. Die Angst kommt wieder hoch, dass der Standort mittelfristig doch aufgegeben wird.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Opfer des Sparzwangs