Kommentar Nur mit einem gemeinsamen Kraftakt kann Mannheim zur Fahrradstadt werden

Julius Paul Prior findet, dass in Mannheim noch einiges passieren muss, damit die Verkehrswende hin zum Fahrrad klappt. Die Verantwortung dafür liegt nicht nur bei der Politik

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Julius Paul Prior
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Mannheim. Am Ende gewinnt in Mannheim viel zu oft das Auto. Da hilft auch jedes Vorhaben der Politik, die Stadt in eine Fahrradstadt verwandeln zu wollen, nicht.

Denn Taten sagen mehr als Worte, und die Taten sagen: Autostadt. Da gibt es beispielsweise den nun beendeten Verkehrsversuch. Dieses heiß diskutierte Projekt brachte in Mannheim die einzige richtige Fahrradstraße hervor. Auf lächerlichen 70 Metern durften wirklich keine Autos fahren. Doch damit ist jetzt natürlich Schluss und E 1/E 2 reiht sich bei den anderen Fahrradstraßen mit Autoverkehr ein.

Auch bei der Sanierung des Speckwegs auf dem Waldhof gehen die Autos als Sieger hervor. Zwar ist der Radweg ebenso beschädigt, nun soll aber nur die Auto-Fahrbahn grundlegend saniert werden. Nebensache bei dieser „Kompromisslösung“: Die Parkplätze, die bei der Sanierung des Radweges weggefallen wären, bleiben erhalten.

Der Wille zu Veränderungen ist da

Anhand dieser Beispiele sieht man, wieso es kein Wunder ist, dass Mannheim seit Jahren stets mit den Schulnoten 4,0 oder 3,9 beim Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) abschneidet. Hier werden unter anderem Breite und Oberfläche der Radwege, aber auch die Ampelschaltung bemängelt. Alles Dinge, die nicht von jetzt auf gleich geändert werden können.

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An dieser Stelle muss aber anerkannt werden, dass die Stadt sich bemüht, diese Dinge zu verbessern. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Fahrradstraßen eingerichtet, viele Einbahnstraßen für Fahrräder auch in Gegenrichtung geöffnet. Zuletzt ein Schutzstreifen auf dem Luisenring gebaut. Zugegeben: Manchmal wurden diese gut gemeint und schlecht umgesetzt, wie beim Radschnellweg im Neckarplatt, der mit einem „brutal rechtwinkligen Knick“ bekannt geworden ist. Hier und für die bereits geplanten Fahrradstraßen darf aber mal gesagt werden: Der Wille zählt. Und aus den Fehlern wird hoffentlich gelernt.

Es gibt jedoch auch Dinge, die laut Fahrradklima-Test schon seit Jahren vernachlässigt wurden und leicht zu beheben wären. Dazu zählen die Führung an Baustellen sowie die bislang oft fehlende Kontrolle von Falschparkern. Zwei Punkte, die den Schnitt Mannheims im Test deutlich nach unten ziehen und den Spaß am Fahren vermiesen. Und ohne den Spaß bekommt man Menschen nicht dazu, auf das Rad umzusteigen. Werbung für das Radfahren zu machen, worin die Stadt laut ADFC-Test recht gut ist, reicht nicht.

Verantwortung liegt auch bei der Gesellschaft

Dass die Zahlen der gezählten Radfahrten in den vergangenen Jahren dennoch steigen, dürfte kaum auf die Werbung oder die langsam besser werdende Radinfrastruktur zurückgehen. Umweltbewusstsein und hohe Spritpreise sind derzeit eher Gründe dafür, dass Menschen auf das Fahrrad zurückzugreifen. Das ist auch gut so, denn ohne die Bürgerinnen und Bürger wird die Entwicklung zur Fahrradstadt scheitern. Die Verantwortung liegt nicht alleine bei der Stadt.

Sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft muss klar werden, dass eine Fahrradstadt nicht gleichzeitig Autostadt sein kann. Erst dann fallen Entscheidungen wie die über den Speckweg nicht mehr zugunsten der Autos. Erst dann gewinnt in Mannheim das Fahrrad.

Ehemalige Mitarbeit